Hamburg. Nach langem Zögern geben die Konzerne den Preisverfall beim Rohöl endlich an die Autofahrer weiter. Auch Heizöl günstig.
Die immer weiter sinkenden Rohölpreise kommen inzwischen auch bei den Autofahrern an. Nachdem der ADAC über mehrere Wochen bemängelt hatte, dass Benzin vor allem im Vergleich zu Diesel noch immer deutlich zu teuer sei, sank der Preis für den Liter Super E10 im bundesweiten Schnitt im August im Vergleich zu Juli um 6,6 Cent auf 1,402 Euro. Pro Liter Diesel bezahlten Autofahrer im vergangenen Monat durchschnittlich 1,143 Euro (Juli: 1,200 Euro). Ende August war der Preis für Super E 10 zeitweise auf 1,363 Euro pro Liter gefallen, ein Liter Diesel kostete 1,122 Euro. Der Unterschied zwischen Benzin und Diesel lag damit bei rund 24 Cent und damit deutlich näher an der steuerlichen Differenz von 22 Cent pro Liter. Es bestehe zwar noch weiterer Senkungsbedarf, aber „nur noch im Bereich weniger Cent“, sagt Jürgen Albrecht vom ADAC.
Hamburger zahlen zurzeit bereits deutlich weniger für Sprit als Autofahrer in anderen Teilen Deutschlands. Ein Liter Diesel kostete beispielsweise am Mittwoch an der Aral-Tankstelle am Winterhuder Weg 1,089 Euro, ein Liter Super E 10 exakt 1,289 Euro. Nach Angaben des ADAC erklärt sich dieser im Vergleich zum Bundesdurchschnitt niedrige Preis mit der härteren Konkurrenzsituation im Stadtstaat. Auf dem flachen Land sei die Dichte der Tankstellen geringer und daher auch der Wettbewerb weniger intensiv. Neben niedrigen Rohölpreisen soll laut ADAC auch das Ende der „driving season“ für die sinkenden Benzinpreise verantwortlich sein. Endet die Hauptreisezeit in den USA, geht auch die Benzinnachfrage weltweit zurück.
Über Wochen hatte bundesweit mit bis zu 28 Cent (Anfang August) eine ungewöhnlich hohe Differenz zwischen den Preisen für Benzin und denen für Diesel bestanden. „Dieser Unterschied entstand, weil das Benzin eindeutig zu teuer war“, sagt Albrecht. Dabei weist er die teils geäußerte Vermutung, die Spritpreise seien nicht an die sinkenden Rohölpreise angepasst worden, zurück. Wegen geringer Nachfrage und der Wirtschaftsprobleme in China lag die US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) Ende August erstmals seit sechs Jahren bei knapp unter 40 Dollar pro Barrel. „Natürlich werden die Ersparnisse der Rohölkonzerne auch an die Verbraucher weitergegeben. Aber sollte der Preis für Rohöl sich verdoppeln, würde sich das auch nicht exakt so auf die Benzinpreise niederschlagen“, sagt Albrecht. Vielmehr müssten andere Faktoren für die Preisbestimmung berücksichtigt werden. „Entscheidend sind auch die Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer, Raffineriepreis und Dinge wie Verwaltung und Personalkosten.“ Wie sich die Preise im Laufe eines Tages an den Tankstellen entwickelten, habe jedoch einen „festen Ablauf“. „Bis 20 Uhr wird der Sprit immer billiger, dann gehen die Preise nach oben. Zwischen 23 und 5 Uhr sind die Preise kontinuierlich auf dem Höchststand.“
Für die Berufsfahrer der Speditionen machen sich die ebenfalls niedrigen Dieselpreise wenig bemerkbar. „Auf die Einnahmen der Spediteure wirkt sich der Preisrückgang leider nicht positiv aus“, sagt Frank Wylezol, Geschäftsführer des Landesverbands Straßenverkehrsgewerbe Hamburg. Dass die niedrigen Dieselpreise zu höheren Erträgen in der Transportbranche führten, sei eher nicht der Fall. Grund dafür ist die Dieselpreisgleitklausel, die Transporteure mit ihren Auftraggebern vereinbart haben. Steigen die Dieselpreise, wird auch der Preis für die Transportkosten höher – und umgekehrt. „Dadurch wird eine gewisse Preissicherheit gewährleistet.“
Ob eine Dieselpreisgleitklausel vereinbart wird, macht jedes Unternehmen mit seinen Auftraggebern aus. Gibt es diese nicht, spürten die Transporteure die niedrigen Dieselpreise teils sogar eher negativ, sagt Wylezol. „Die Auftraggeber merken, dass die Preise runtergehen, und fordern dann entsprechende Preise. Teils sogar rückwirkend.“ Für die meisten Unternehmen bleibt der Nutzen durch die niedrigen Preise derzeit noch aus. „Richtige Profiteure lassen sich nach so kurzer Zeit noch nicht erkennen“, sagt Martin Schnitker, Sprecher Aga Unternehmensverband. „Die meisten Transporteure arbeiten mit bereits laufenden Verträgen, in denen sie einen Mittelwert berechnet haben.“
Wer zu Hause mit Öl heizt, bemerkt den Preisrückgang bereits deutlich. Bei einer Abnahmemenge von 3000 Litern lag der Preis pro 100 Liter für Verbraucher im August durchschnittlich bei 54,84 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Das sind nahezu 25 Euro weniger als ein Jahr zuvor. Im Schnitt war Heizöl im ersten Halbjahr 2015 rund 19 Prozent günstiger als im Vorjahr. Mit Öl zu heizen ist damit derzeit deutlich günstiger als mit Erdgas.