Hamburg. Autofahrer in Hamburg erleben derzeit große Preisschwankungen an den Tankstellen. Konzerne begründen dies mit hartem Wettbewerb.

Die Mineralölmärkte spielen derzeit verrückt. Obwohl das Barrel (159 Liter) Rohöl auf den Weltmärkten nur noch um die 66 statt früher mehr als 100 Euro kostet, verändern sich die Preise viel stärker als früher in kürzester Zeit. Während noch vor Jahren die Konzerne ihre Tarife am Tag nur um maximal einige Cent veränderten, sind nun Preissprünge im zweistelligen Cent-Bereich innerhalb weniger Stunden möglich. So auch an der Shell-Zapfsäule an der Kollaustraße. An einem Abend kostete dort jüngst der Liter Super 1,59 Euro. Am folgenden Tag wurden nachmittags nur noch 1,389 Euro verlangt. Doch am selben Abend waren es wieder 1,57 Euro, obwohl sich der Preis für Rohöl sogar deutlich reduziert hatte.

„Vor allem in wettbewerbsintensiven Regionen reagieren die Preise sofort“, sagt Shell-Sprecherin Cornelia Wolber. „Sprünge von zwölf bis 15 Cent halte ich beim Benzinpreis derzeit für durchaus möglich“, sagt auch Rainer Wiek, Chefredakteur des Branchen­magazins Energie-Informationsdienst (eid). Denn die Mineralölkonzerne haben es seit der Gründung der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe vor mehr als einem Jahr viel einfacher, die Konkurrenz auszuspionieren. Gedacht ist die Preisinformationsstelle für Autofahrer, die über eine App sehen können, wie hoch die Tankstellenpreise in ihrer Region sind. Das klappt auch.

Was aber die wenigsten wissen: Auch die großen Mineralölkonzerne nutzen diese App und erfahren so Einzelheiten über die Preispolitik der Wettbewerber. Früher mussten die Tankstellenpächter noch selbst mit dem Auto die Konkurrenz abfahren.

Das Bundeskartellamt, bei dem auch die Markttransparenzstelle ansässig ist, beobachtet die Schwankungen genau. Bei einer sogenannten Sektoruntersuchung interessiert die Behörde derzeit der Zusammenhang zwischen Endverbraucher- und Großhandelspreisen der Branche. Da hat sich einiges zu ungunsten der Verbraucher verschoben. Offenbar haben die Raffinerien ihre Preise erhöht, anders ist die große Preisspanne zwischen Rohöl und Benzin laut Experten kaum zu erklären. Manche Experten verweisen auch auf die angeblich hohe Nachfrage nach Benzin im Frühjahr.

Die Branche erinnert zudem an den schwachen Euro-Kurs. Denn Mineralöl wird in Dollar gehandelt. Laut Shell kostete eine Tonne Diesel am 30. März 533 Dollar, am 24. April wurden 595 Dollar verlangt. Superbenzin kostete Ende März 598 Dollar und am 24. April 664,5 Dollar. Schon im März wurden für ein Liter Super E10 durchschnittlich 1,372 Euro verlangt – und damit rund sechs Cent mehr als im Februar. So musste man für vier Tankfüllungen zu je 60 Liter Super E10 14 Euro mehr bezahlen als im Februar.

Derzeit müssen laut dem Mineralölwirtschaftsverband Autofahrer für E10-Benzin im Bundesdurchschnitt mit 1,44 Euro je Liter rechnen – so viel wie zuletzt im Herbst 2014. „Entscheidend für den Tankstellenpreis ist nicht der Ölpreis, sondern der Einkaufspreis für Benzin. Und der ist für E10 seit dem bisherigen Jahrestief im Januar um 18 Cent je Liter gestiegen – auf das Niveau vom Herbst 2014. Der Ölpreis stieg seit Januar nur um 13 Cent“, sagt Verbandssprecher Alexander von Gersdorff. „Der vergleichbare Benzinpreis netto, also vor Steuern, ist seit Januar um 15 Cent nach oben gegangen. Damit ist der Einkaufspreis für Benzin stärker gestiegen als der Verkaufspreis“, so der Sprecher.

Der Anbieter clever-tanken.de und die HEM-Tankstellen bieten Autofahrern derzeit eine Tiefpreisgarantie für Superbenzin und Diesel an. Dabei wird bei HEM der Preis der günstigsten Tankstelle im Umkreis angeglichen, sollte HEM nicht der günstigste Anbieter sein. Der Kunde bekommt den Preis durch das Vorzeigen eines Barcodes aus der App. Steffen Bock, Geschäftsführer von clever-tanken.de, rät zum regelmäßigen Preisvergleich über Internetportale oder Apps.