Hamburg. Airline-Chef Michael O’Leary kündigt neue Flüge nach Mallorca an und spricht launig über Hamburg und den HSV.
Nicht jede Ankündigung von Michael O’Leary sollte man für bare Münze nehmen. Der 54 Jahre alte Chef der irischen Billigfluglinie Ryanair hat schon verkündet, dass die Passagiere seines Unternehmens eine Benutzungsgebühr für die Bordtoiletten zahlen sollen. An anderer Stelle forderte der mittlerweile 54-Jährige, Stewardessen sollten abnehmen, um der Airline dabei zu helfen, Sprit zu sparen. Auch Stehplätze im Billigflieger hat das Enfant terrible der Luftfahrtbranche schon angeregt – alles PR-Gags, um Ryanair im Gespräch zu halten und so die Buchungszahlen seiner Fluggesellschaft zu erhöhen.
Die Pläne, die O’Leary am Mittwoch in Hamburg präsentierte, dürften allerdings durchaus ernst zu nehmen sein. Bis zu 25 Ziele will der Ryanair-Chef in den kommenden Jahren von der Hansestadt aus anbieten. „Hamburg ist ein wichtiger Bestandteil unserer Expansionsstrategie in Deutschland“, sagte ein sichtlich gut gelaunter O’Leary, der direkt nach Gesprächen mit der Spitze des Flughafens Fuhlsbüttel in ein Hotel in der Nähe des Michel geeilt war. Mittelfristig dürfte aus seiner Sicht die Elbmetropole für Ryanair wichtiger als das norddeutsche Drehkreuz Bremen werden.
Zunächst einmal soll das Angebot der Billiglinie von derzeit zwei auf sieben Routen von Hamburg aus steigen. Zum Winterflugplan werden zu den bestehenden Zielen Lissabon und Porto – wie bereits berichtet – die Destinationen Alicante, Malaga, Barcelona und Madrid hinzukommen. Zum Sommerflugplan 2016 folgt dann noch eine weitere Verbindung nach Palma de Mallorca. Fünfmal wöchentlich will die Billigairline die liebste Urlaubsinsel der Deutschen von der Hansestadt aus ansteuern. Die Preise beginnen bei 19,99 Euro für einen einfachen Flug, dürften im Schnitt aber eher zwischen 30 und 40 Euro ohne Extras liegen. Insgesamt soll es vom Sommer 2016 an 35 wöchentliche Ryanair-Flüge von Hamburg aus geben. 500.000 Kunden will Ryanair dann jährlich über Fuhlsbüttel befördern und indirekt 500 Arbeitsplätze am Flughafen sichern.
Mittelfristig kann sich O’Leary vorstellen, auch Ziele wie die Kanaren, Griechenland sowie Großbritannien und Irland von der Hansestadt aus anzusteuern. „Es sollte definitiv eine reguläre Verbindung von Dublin nach Hamburg geben“, sagte O’Leary, der am Mittwoch für den Trip von der irischen Konzernzentrale an die Elbe noch auf eine Sondermaschine der eigenen Airline zurückgreifen musste. Innerdeutsche Verbindungen etwa nach Berlin könnten aus Sicht des Ryanair-Chefs ebenfalls hinzukommen, wobei der Schwerpunkt allerdings eindeutig auf den europäischen Destinationen liegt.
Im Gespräch ist Hamburg auch als Basis für mehrere Ryanair-Maschinen, hier konkurriert die Hansestadt aber mit anderen deutschen Städten. Fest steht bereits, dass die Airline im Herbst eine neue Basis in Berlin einrichten und dann auch erstmals wieder innerdeutsche Flüge etwa nach Köln anbieten wird.
Ryanair hat in Deutschland noch erheblichen Nachholbedarf. Europaweit ist das Unternehmen zwar die Nummer 1 unter den Billigfluglinien, in der Bundesrepublik rangieren die Iren aber hinter der Lufthansa-Tochter Germanwings und Air Berlin nur mit deutlichem Abstand auf Rang 3. Insgesamt liegt der Marktanteil bei fünf Prozent. Durch die Deutschland-Offensive soll er laut O’Leary auf 20 Prozent steigen.
Einfach wird das nicht, denn auch die Konkurrenz baut ihre Flotten in der Bundesrepublik mächtig aus. Insgesamt ist der Kampf im Niedrigpreissegment in den vergangenen Jahren immer härter geworden. Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) boten Billigflieger im Frühjahr so viele Verbindungen wie noch nie an. 518 Strecken waren es – ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wegen des härteren Wettbewerbs sind gleichzeitig die Tickets billiger geworden. So lagen die Durchschnittspreise für alle Strecken und Buchungszeiten zwischen 50 und 130 Euro (einfache Strecke). Im Vorjahr waren es noch 70 bis 160 Euro. Mit einem Durchschnittspreis von 47 Euro sieht sich Ryanair selbst als Preisführer in Europa.
Chef O’Leary wurde auch am Mittwoch seinem Ruf als durchaus aggressiver Marketingstratege gerecht und leistete sich den einen oder anderen Seitenhieb gegen die Konkurrenz („Wir sind wirklich günstig – Easyjet tut nur so. Bei der Lufthansa wissen sie gar nicht, was das bedeutet.“) Ganz zu schweigen von ein paar Faxen und Grimassen für die Fotografen, die bei dem Ryanair-Chef mittlerweile zum Standardrepertoire gehören (O-Ton O’Leary: „Ich sehe auf bescheuerten Bildern einfach super aus.“)
Die Zeiten der ganz großen Attacken und Verrücktheiten scheinen allerdings für den 54-Jährigen, der privat Rinder züchtet und mit seiner Familie auf dem Land bei Dublin lebt, vorbei zu sein. So antwortete er mit einem Unschuldslächeln auf die Frage, welches Image er sich für Ryanair wünsche: „Wir wollen hübsch und attraktiv sein.“
Am Ende des Kurzauftritts blitzte dann aber doch noch einmal der beißende, irische Humor des Ryanair-Chefs auf. Er werde künftig sicher häufiger nach Hamburg kommen, sagte O’Leary, bisher sei er vor allem privat hier gewesen. Zum Konzert der Band Coldplay etwa oder zu dem einen oder anderen Fußballspiel.
Welches Spiel das denn gewesen sei? „Es war sicher keins des HSV, die sind einfach zu schlecht“, sagte O’Leary. „Seit dem Weggang von Kevin Keegan ist der Verein einfach nicht mehr zu gebrauchen.“ Der englische Stürmerstar hat den HSV 1980 verlassen