Ticket kostet im Schnitt zwischen 70 und 140 Euro. Mehr Angebote - auch ab Hamburg. Laut Experten unterschätzen viele Kunden die Höhe der versteckten Kosten bei vermeintlichen Billiganbietern.
Hamburg. Der Boom der sogenannten Billigflieger ist ungebrochen. Gerade der Hamburger Flughafen hat in den vergangenen Monaten massiv von diesem Segment profitiert. Nicht nur, dass der britische Anbieter EasyJet sein Angebot ab Fuhlsbüttel immer stärker ausweitet. Auch der irische Konkurrent Ryanair fliegt mittlerweile ab Hamburg und bietet zwei Destinationen in Portugal (Porto und Lissabon) an. Allerdings ist offensichtlich nicht überall billig drin, wo billig draufsteht. So haben nach einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Preise von Ryanair und Co. im vergangenen Jahr deutlich angezogen. Je nach Fluglinie lagen die Durchschnittspreise für einen einfachen Flug im Herbst 2014 zwischen 70 und 140 Euro brutto, wie das Forschungsinstitut am Mittwoch berichtete. Im Herbst 2013 hätten sie noch zwischen 50 und 130 Euro betragen.
Nach Meinung von Experten unterschätzen viele Kunden die Höhe der versteckten Kosten bei vermeintlichen Billiganbietern. So werden fast immer Gebühren für die Aufgabe von Gepäck, feste Sitzplätze und auch die Zahlung mit der Kreditkarte verlangt. Zudem sind die Preise – auch bei den Low Cost Carriern – in den Ferienzeiten besonders hoch. Ein Trick: Wer längere Anfahrten zum Flughafen nicht scheut, sollte sich für den Abflug einen Airport suchen, der in einem Bundesland liegt, in dem gerade kein Schulferien sind.
Insgesamt nutzten im ersten Halbjahr der Studie zufolge knapp 31 Millionen Passagiere Angebote sogenannter Low Cost Carrier. Im Sommerflugplan 2014 bedienten sie insgesamt 722 Strecken in und ab Deutschland – ein Plus von rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch verlief die Entwicklung regional sehr unterschiedlich. Die meisten Günstigfliegerpassagiere verzeichneten die Berliner Flughäfen. Auch die Airports Hamburg und Köln/Bonn konnten ihr Passagieraufkommen steigern. Starke Rückgänge gab es dagegen auf Regionalflughäfen wie Weeze bei Düsseldorf oder Hahn nahe Frankfurt am Main, wo sich die gesunkene Präsenz von Ryanair bemerkbar machte.
Insgesamt vereinigten die sieben größten von der DLR aufgelisteten Anbieter von Flügen im Low-Cost-Segment – Air Berlin, Germanwings, Ryanair, EasyJet, Vueling, Wizz und Norwegian – in diesem Sommer 93 Prozent des deutschen Billigfliegermarktes auf sich. Der Marktanteil der Low Cost Carrier im Vergleich zum traditionellen Flugbetrieb sei mit 32 Prozent weitgehend stabil geblieben.
Spitzenreiter unter den Flugzielen blieb Italien mit 119 Verbindungen, dicht gefolgt von Spanien. Das Land mit dem größten Billigflugangebot in Europa ist der Studie zufolge weiterhin Großbritannien mit mehr als 10.000 Starts pro Woche – gefolgt von Spanien, Italien und Deutschland. Größter Anbieter von Low-Cost-Flügen in Europa blieb im Untersuchungszeitraum Ryanair vor dem Konkurrenten EasyJet. Die Verfasser der Studie räumen allerdings ein, dass sich die Geschäftsmodelle der Low-Cost-Anbieter und der traditionellen Airlines bei einigen Anbietern zunehmend vermischen. Dies erschwere die Abgrenzung. Musterbeispiel dafür seien etwa Air Berlin oder die Lufthansa-Tochter Germanwings, die allerdings langsam vom Markt verschwinden und ersetzt werden dürfte. Denn der Konzern setzt beim Ausbau seines Billigangebots auf die Marke Eurowings, die bereits bestehende Tochtergesellschaft erhält größere Flugzeuge und soll künftig kostengünstige Direktflüge sowohl innerhalb Europas als auch auf der Langstrecke anbieten. Der Kostenvorteil: Das Personal von Eurowings unterliegt nicht dem Konzerntarifvertrag.
Insgesamt befinden sich die preisgünstigen Fluggesellschaften weiter auf Wachstumskurs. Hierzu trägt nicht zuletzt der zunehmende Konkurrenzdruck durch Anbieter wie Vueling und Norwegian bei, die etablierten Gesellschaften wie Ryanair und EasyJet zusetzen. „Die Ergebnisse unserer Analyse zeigen, dass Vueling und Norwegian seit 2009 auch außerhalb der Grenzen ihrer Heimatmärkte stark gewachsen sind“, sagte Gerd Pontius, Geschäftsführer der Beratungsagentur Prologis. „Inzwischen operiert Norwegian in 39 und Vueling in 37 verschiedenen Ländern. Damit sind sie in mehr Märkten vertreten als EasyJet und Ryanair.“
Auf die starke Expansion reagieren die Low-Cost-Anbieter aus Irland und Großbritannien unter anderem mit dem Ausbau ihrer Flotten. Zwischen 2009 und 2014 habe Ryanair durch die Anschaffung von 103 neuen Maschinen seine Flotte um 52 Prozent erweitert, hat Prologis errechnet. EasyJet wuchs immerhin um 26 Prozent.