Bald sollen drei konventionelle Stationen in Hamburg auch Elektroautos mit Energie versorgen. Schnellladung in 20 bis 30 Minuten möglich. Betrieb soll offenbar noch in diesem Jahr aufgenommen werden.
Hamburg. Wenn Autofahrer den leeren Tank fürchten, sollten sie eine Tankstelle ansteuern. Wenn Batterien von Elektroautos der Saft ausgeht, macht das für die Fahrer meist keinen Sinn. Zwar gibt es derzeit 138 Ladeplätze in Hamburg, aber die traditionellen Auftankstätten sind nicht darunter. Das soll sich bald ändern. „Wir gehen erstmals auf Tankstellenflächen“, sagt Peter Lindlahr dem Abendblatt. Er kümmert sich als Geschäftsführer der städtischen Gesellschaft hySolutions um die Förderung innovativer Antriebe. „Noch dieses Jahr sollen drei Stationen in Betrieb genommen werden.“
Dabei handelt es sich um Tankstellen des französischen Mineralölkonzerns Total, der momentan bundesweit zwölf Elektroladesäulen unterhält. Acht Säulen stehen in Berlin, drei in Baden-Württemberg und eine in Hessen. Demnächst folgen nun die ersten Hamburger Stationen an der Hammer Landstraße, am Mundsburger Damm am Krohnstieg in der Nähe des Flughafens. Diese Station ist besonders für Taxifahrer wichtig, denn bis nächsten Sommer soll die Zahl der E-Taxis an der Elbe von derzeit zehn auf 50 Stück steigen.
Total nimmt in der Branche die Rolle eines Vorreiters ein. Erst Ende September weihte das Unternehmen in Berlin am Messegelände eine neue Multi-Energie-Tankstelle ein, die neben den herkömmlichen Treibstoffen Super und Diesel auch Säulen für Wasserstoff und Schnellladestationen für Strom auf dem Gelände vereint. Mit dieser neuen Technik kann das Aufladen bei E-Autos von mehreren Stunden auf 20 bis 30 Minuten verkürzt werden. Eine Zeitspanne, die die Fahrer gern im Bistro der Tankstelle bei einem Kaffee verbringen können. Daraus ergäben sich für die Pächter auch eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle. Schließlich bleibt nach Branchenangaben beim Verkauf von einem Liter Sprit nur rund ein Cent Gewinn übrig.
Die Konkurrenz ist hingegen von solchen Plänen noch nicht elektrisiert. Aral, Esso, Shell und Jet unterhalten derzeit noch keine Stromladestationen an ihren Tankstellen, teilten sie auf Anfrage des Abendblatts mit. Generell werde man sich die Entwicklung auf dem Markt anschauen und dann reagieren, heißt es unisono. Die in der Neustadt sitzende Esso-Kette verweist darauf, dass traditionelle Tankstellen wegen der engen Fläche eher nicht dafür geeignet seien, weil der Tankvorgang bei E-Fahrzeugen deutlich länger dauere als bei Autos mit herkömmlichem Antrieb. Der deutsche Branchenprimus Aral hält eher Parkplätze nahe des Arbeitsortes, an Einkaufszentren und die heimische Garage für ideale Orte zum Aufladen der Batterie. Die in Ohlsdorf beheimatete Shell Deutschland stellt zudem infrage, ob sich der Umbau lohnt. Schließlich ist die Elektroflotte noch sehr klein.
Derzeit rollen auf Hamburgs Straßen knapp 1000 Elektrofahrzeuge. In zwei Jahren soll sich der Anteil etwa verfünffachen schätzt hySolutions. Bundesweit waren Ende 2013 knapp 15.000 elektrisch angetriebene Autos unterwegs. Im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 80 Prozent. Wenn die Wachstumsraten der vergangenen drei Jahre sich fortsetzen, werden bis 2020 laut einer Studie der Unternehmensberatung Horváth und Partners 885.000 Elektrofahrzeuge in der Bundesrepublik fahren – und damit weniger als das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von einer Million.
Vor allem drei Gründe sprechen für einen starken Anstieg der Elektroautos, ermittelte Horváth und Partners. Erstens gibt es immer mehr Modelle. In den vergangenen drei Jahren stieg die Auswahl von fünf Typen auf rund 25. Zweitens sinken die Preise für Elektroautos deutlich. Waren sie im Jahr 2010 noch fast doppelt so teuer wie vergleichbare Autos mit Verbrennungsmotor, betrug der Preisaufschlag bei neuen Modellen 2012 nur noch 54 Prozent. Im vergangenen Jahr sank er weiter auf knapp 45 Prozent. Setzt sich der Trend fort, könnte 2020 der Aufpreis für Elektroautos bei weniger als zehn Prozent liegen, sagt die Unternehmensberatung voraus. Das liege an stark fallenden Preisen für Batterien und an der veränderten Einstellung von Autokonzernen. So werde auf Gewinnmarge verzichtet, um im Gegenzug Stückzahl und Marktanteil zu steigern. Drittens zahlen Fahrer von Elektroautos für 100 Kilometer rund dreimal weniger Energiekosten als beim Diesel-, Super- und E10-Antrieb. Allerdings haben zuletzt Preissteigerungen bei Strom, günstigeres Benzin und effizientere Verbrennungsmotoren den Vorsprung von dem Faktor 3,4 auf 2,8 sinken lassen.
Damit der wachsenden Anzahl von E-Autos künftig genug Ladestationen zur Verfügung stehen, werden in Deutschland und Hamburg die Zahl der Ladesäulen deutlich erhöht. Bis Mitte 2016 soll es in der Hansestadt 227 zusätzliche Standorte geben, an denen in der Regel zwei Ladeplätze hinter- oder nebeneinander Platz haben. Innerhalb von drei Monaten stieg die Zahl der abgegebenen Leistung um 40 Prozent an. An viel genutzten Orten gibt es mehr als fünf Ladevorgänge pro Tag. Für den Juli meldet hySolutions einen neuen Rekord: 2250-mal griffen die Fahrer von E-Autos in der Hansestadt zum Stecker.