Hamburg. Die Branche leidet seit Langem unter digitalem Wandel. Die Standorte sollen aber gehalten werden.
Das Hamburger Traditionsunternehmen Schacht & Westerich hat Insolvenz angemeldet. Geschäftsführer Thomas Rasedorn hatte die Schreibwarenkette 2003 übernommen. Insgesamt ist das Papierhaus Schacht & Westerich derzeit an vier Standorten in Hamburg aktiv, unter anderem im Hanse Viertel. Zwei weitere Läden sind in Bremen.
„Die mittelfristige Zielsetzung ist, dass wir alle sechs Standorte sowie die 79 Mitarbeiter halten können“, sagte Insolvenzverwalter Tjark Thies dem Abendblatt. Die Beschäftigten erhalten nun für drei Monate Insolvenzgeld, danach kann Thies den Laden weiterführen, wenn er in der Lage bleibt, die Mitarbeiter weiterhin zu bezahlen. Thieß ist zuversichtlich. Je mehr Kunden dem Unternehmen weiterhin die Treue halten, desto eher könnte eine Rettung möglich sein. Der Insolvenzverwalter profitiert zudem davon, dass spätestens im November oder Dezember die Hamburger und auch Touristen ihre Weihnachtseinkäufe tätigen werden.
Der derzeitige Inhaber von Schacht & Westrich, Thomas Rasehorn, hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Umwälzungen miterlebt. Durch die Digitalisierung des Alltags konnte er zum Beispiel nur wenige der früher sehr begehrten Timer verkaufen, weil inzwischen jedes Smartphone über Terminkalender verfügt. Kalender wie etwa der Klassiker Filofax wurden ebenfalls von Programmen für das Handy abgelöst. Taschenrechner braucht man aus dem gleichen Grund auch nicht mehr. Und selbst notwendige Anschaffungen wie Stifte und Schreibhefte für Schüler werden nicht mehr unbedingt bei Fachgeschäften wie Schacht & Westrich erworben. Auch Ikea, Edeka, Discounter oder Baumärkte überschwemmen zum Schulbeginn den Markt, obgleich sie ansonsten ein völlig branchenfremdes Sortiment anbieten. Gerade zum Schulbeginn orderten sie Hefte, Füller und Co. „Auf einmal hatten wir in einigen Feldern keine exklusiven Lieferanten mehr“, sagt Rasehorn.
Zudem habe sich das Einkaufsverhalten drastisch verändert. Wegen des hohen Verkehrsaufkommens ersparten sich zahlreiche Kunden den Weg in die Stadt. Rasehorn fehlten deshalb auch Einnahmen, die er nicht hatte, um schon jetzt Artikel für das kommenden Weihnachtsgeschäft zu ordern. „Es wird weitergehen“, sagte eine Mitarbeiterin in der Filiale im Hansevierten hoffnungsvoll. „Wir werden auch die nächsten 189 Jahre überstehen“, sagt Rasehorn.
Insgesamt stagniert der Umsatz im Markt für Papier, Bürobedarf und Schreibwaren (PBS). Setzte die Branche 2008 gut 14,6 Milliarden Euro um, pendelt sich dieser Wert seit 2011 um die 14,9 Milliarden Euro ein.