Hamburg. Am Morgen kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen Beamten und Aktivisten. Die Demonstration am Nachmittag verlief friedlich.

Die Polizei ist am Montagmorgen mit einem Großaufgebot auf das Gelände des besetzten linksautonomen Zentrums „KoZe“ im Münzviertel vorgerückt. Die Beamten brachen gegen 6.45 Uhr das mit Fahrradschlössern verriegelte Tor zum Hof des Geländes auf und ebneten damit Bauarbeitern den Weg zu einem der leerstehenden Gebäude. Danach kam es auch zu Handgreiflichkeiten zwischen zwei Hundertschaften und den Besetzern.

Nach ersten Angaben wurden vier Linksautonome in Gewahrsam genommen und zahlreiche Platzverweise ausgesprochen. Ein Großteil der Besetzer wurde vorübergehend aus dem „Kollektiven Zentrum“ ausgesperrt. Gegen Mittag sollte der Polizeieinsatz nach Angaben eines Sprechers beendet sein und die Besetzer zurückkehren.

Aktivisten waren über Schadstoffsanierung informiert worden

Anlass für die Aktion waren geplante Sanierungsarbeiten am Gebäude einer ehemaligen Gehörlosenschule, die direkt an die besetzte Kindertagesstätte des „KoZe“ grenzt. „Es wurde am Freitag schriftlich darüber informiert, dass in Kürze ein Bauzaun zur Sicherung der Schadstofffsanierung errichtet wird“, sagte Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Jedoch wurde den Besetzern kein konkreter Zeitpunkt genannt.

Am Montag um etwa 5.45 Uhr fuhren dann etwa ein Dutzend Bauarbeiter im Auftrag der Behörde mit Gerät zum Zaunaufbau vor. Als sie das Gelände nicht betreten konnten, wurde die Polizei hinzugerufen. Später halfen die Beamten auch dabei, ein Baumhaus im Vorgarten des KoZe zu zersägen. Laut Finanzbehörde befand es sich „außerhalb der gemieteten Fläche“ und musste „aus Sicherheitgründen“ entfernt werden. Die Errichtung des Bauzauns aus Sperrholz wurde bis zum Mittag unter Polizeischutz abgeschlossen.

Ein Sprecher des „KoZe“ bezeichnete die Polizeiaktion gegenüber dem Abendblatt „als völlig überzogenen und provokanten Schritt“. Die Polizei hätte am Morgen jedes Gespräch über die Maßnahme verweigert, sei äußerst brutal gegen die Besetzer im Bereich des Hofs vorgegangen. Auch Pfefferspray sei eingesetzt worden, diesen Vorwurf wies die Polizei jedoch zurück.

Für den Nachmittag wurde eine spontane Demonstration über soziale Netzwerke in der City geplant, die um 17 Uhr am Gerhart-Hauptmann-Platz startete und an der sich gut 100 Aktivisten beteiligt hatten. Nach etwas mehr als einer Stunde war die Aktion vorbei. „Es war alles friedlich“, sagte ein Polizeisprecher.

Flüchtlinge sollen auf das Gelände ziehen

Wie der Behördensprecher Daniel Stricker sagt, soll bereits in unmittelbar nächster Zeit das Asbest aus der Bausubstanz der ehemaligen Gehörlosenschule entfernt und das Gebäude danach abgerissen werden. Bereits im Herbst stünde dann auf dem Gelände eine Freifläche zur Verfügung. „Wir prüfen gemeinsam mit der Sozialbehörde, dort Flüchtlinge in Containern unterzubringen“, sagte Stricker.

Die Aktivisten des Kollektiven Zentrums (koZe) haben seit mehr als einem halben Jahr einen Teil der angrenzenden ehemaligen Kita besetzt und hofften nach einem Gespräch mit Vertretern der Stadt und Politik seit Anfang Juni auf einen regulären Mietvertrag für die Gesamtfläche. Perspektivisch sollen jedoch alle bisherigen Gebäude in dem Areal für Wohnungsbau genutzt werden. Der Investor HBK befindet sich in abschließenden Verhandlungen mit der Stadt über einen Kauf der 8000 Quadratmeter großen Fläche.