Hamburg. Das Hamburger Unternehmen will den Onlinehandel stärken und effektiver werden. Zwei Frauen steigen in Vorstand auf.

Es füllt gerade mal eine gute halbe DIN-A4-Seite, auf der die Hamburger Tchibo-Mitinhaber Michael und Wolfgang Herz am Mittwoch die Bilanz des Kaffeerösters Tchibo vorlegen. Dies ist absolut unüblich bei Unternehmen, die ihre Jahreszahlen präsentieren wollen. Die meisten Firmen erläutern bei solchen Anlässen ein bis zwei Stunden lang bei einer Pressekonferenz ihre Strategien. Doch die Tchibo-Eigner treten nicht vor Journalisten. Sie wollen nur das Nötigste von dem milliardenschweren Hamburger Unternehmen berichten.

So richtig erfreulich dürfte das Ergebnis für die beiden Brüder auch nicht sein. Der Umsatz fiel 2014 um 2,7 Prozent von 3,469 Milliarden auf 3,377 Milliarden Euro. Schon im Vorjahr waren die Erlöse des Kaffeerösters rückläufig. Das Umsatzminus in 2014 war laut Tchibo den niedrigeren Kaffeepreisen geschuldet und den negativen Wechselkurseffekten in Osteuropa.

Zulegen konnte allerdings der sogenannte Non-Food-Bereich, also das Geschäft mit wöchentlich wechselnden Artikeln, die in den Läden des Unternehmens angeboten werden. Seit August bietet Tchibo zudem online im Lieblingsstücke-Shop 300 Produkte an, die nicht ständig ausgetauscht werden wie etwa in den Läden, in denen die Angebote nur rund eine Woche lang zu kaufen sind.

Michael Herz und sein Bruder dürften sich auch über das betriebliche Ergebnis von 922 Millionen Euro nicht gefreut haben. Schließlich waren es im Vorjahr noch 1,080 Milliarden Euro. Doch es gab auch Erfolge im Online­geschäft. Deutschlands viertgrößter Anbieter konnte im Einkauf mit mobilen Geräten im zweistelligen Prozentbereich wachsen.

„Die Menschen sehen etwa beim Schlendern durch die Stadt bei Tchibo einen Artikel, der ihnen gefällt, und bestellen ihn sofort über das Handy oder das i-Pad“, so ein Kenner des Unternehmens. Auch andere Online-Anbieter verbuchen steigende Bestellungen über Smartphones und Tablets. Tchibo hat den Trend längst erkannt und erwägt nach Informationen des Abendblatts, seine Vertriebskanäle (Einkauf im eigenen Laden, beim Lebensmittelhandel und online) genau zu prüfen.

Jeder Prozess im Unternehmen soll auf seine Effektivität untersucht werden. Das wirkt sich bis in die eigenen Filialen aus. Inwieweit Mitarbeiter von dieser Strukturveränderung betroffen sind, ist nicht bekannt. Während früher zum Beispiel die T-Shirts, die der Konzern orderte, zuvor in Asien als Anschauungsmaterial gezeichnet und dann nach Deutschland verschickt wurden, werden die Teile heute mit Datensätzen und 3-D-Druckern bei Tchibo in wenigen Minuten ausgedruckt und gefertigt. Die Kommunikation zwischen Lieferant und Tchibo ist durch die neuen Techniken schneller geworden.

Der 71 Jahre alte Unternehmer Michael Herz hat sich ein Megaprojekt vorgenommen und dafür sogar seinen Vorstand vergrößert. Erst kürzlich hatte er der IT-Fachfrau Ines von Jagemann, 40, die Verantwortung für den Bereich E-Commerce übertragen. Sie war bereits seit vier Jahren bei Tchibo in anderen Funktionen tätig. Die Verantwortung für die Neuausrichtung des Non-Food-Geschäfts übergab der Tchibo-Aufsichtsrat Senay Tansu. Die 45-Jährige hat in den vergangenen zehn Jahren Tchibo erfolgreich in der Türkei auf- und ausgebaut. Zuvor war die gebürtige Türkin bei der Inditex-Gruppe erfolgreich, zu der auch der Modefilialist Zara gehört.

Erstmals hat der Hamburger Kaffeeröster damit gleich zwei Frauen in die oberste Führungsriege befördert. Der international erfahrene Marken- und Handelsexperte Carsten Wehrmann, 46, wird für das Ressort International zuständig sein. Sven Groos und Patrick Raming verließen das Unternehmen.

Tchibo-Muttergesellschaft Maxingvest erzielt 9,6 Milliarden Euro Umsatz

Zudem will sich Tchibo künftig offenbar mehr auf das Kerngeschäft, also den Verkauf von Kaffeebohnen, Kapseln und den ständig wechselnden Produkten im Verkaufsregal konzentrieren. Der Strombereich soll an den Hamburger Ökostromversorger Lichtblick verkauft werden. Für die Kunden ändere sich dabei nichts, so das Unternehmen.

Für dieses Jahr erwartet Tchibo ein leichtes Umsatzwachstum. Das betriebliche Ergebnis werde aber aufgrund höherer Einkaufspreise für Rohkaffee und Non-Food-Artikel, insbesondere währungskursbedingt, sowie wegen erhöhter Aufwendungen für Innovationen und Neueinführungen deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen.

Der Umsatzanteil des Hamburger Kaffeerösters an den Gesamterlösen der Muttergesellschaft Maxingvest betrug im vergangenen Jahr 35 Prozent, 65 Prozent steuerte der Hamburger Niveahersteller Beiersdorf zu, der zu mehr als 50 Prozent ebenfalls dem Familienclan Herz gehört. Beiersdorf konnte im vergangenen Jahr seine Erlöse um zwei Prozent auf 6,285 Milliarden Euro Umsatz steigern.