Hamburg. Tchibo setzt die Reihe seiner ungewöhnlichen Angebote fort. Auch ein Flugzeug kann man bei den Hamburgern kaufen.

Wer in einer Tchibo-Filiale einkaufen geht, erwartet längst nicht mehr nur ein Angebot verschiedener Kaffeesorten. Das Hamburger Unternehmen macht schon lange einen beträchtlichen Teil seines Geschäfts mit Artikeln, die nichts mit dem braunen Heißgetränk zu tun haben. Unterwäsche, T-Shirts und Kochtöpfe gehören zum Standardprogramm in den Regalen. Aber auch mit exklusiveren Artikeln wie Golfschlägern, Smartphones oder Pauschalreisen in entfernte Länder lockt das Unternehmen die Kundschaft an und sorgt bei der Konkurrenz für Erstaunen. Nun geht Tchibo den nächsten außergewöhnlichen Schritt und bietet ab kommenden Dienstag bundesweit umfangreiche Solaranlagen in den Filialen an.

Zusammenarbeiten werden die Hamburger bei diesem Projekt mit der Trina Solar Germany GmbH, hinter welcher ein chinesischer Photovoltaikkonzern steckt. „Wir wollen unseren Kunden immer wieder etwas Überraschendes bieten, mit dem sie nicht rechnen“, begründet ein Tchibo-Sprecher die Aktion im Gespräch mit dem Abendblatt. Interessierte haben die Wahl zwischen insgesamt drei Paketvarianten. Eine Photovoltaik-Anlage mit 5,3 Kilowatt Leistung gibt es für 9990 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Zudem kann man sich für eine größere Anlage mit 9,54 Kilowatt Leistung für 17.990 Euro und eine kleinere Variante ab 3,7 Kilowatt entscheiden, deren Preis variiert. Die Pakete umfassen die Lieferung der Module mit 265 Watt Leistung, Wechselrichter sowie Montagevorrichtungen, Kabel und Leitungen. Was Tchibo an jedem einzelnen Kundenabschluss verdient, will der Firmensprecher nicht verraten. Geschäftsgeheimnis! Allerdings macht er klar, dass in dem Preis nicht nur die Anlage, sondern auch eine umfangreiche Vorabberatung in der Filiale sowie die Installation auf dem Hausdach inklusive ist. Bei der Anbieterauswahl sei Tchibo sehr akribisch vorgegangen: „Uns ist wichtig, dass die Qualität stimmt. Deshalb haben wir unseren Partner sehr gezielt ausgesucht.“

Und tatsächlich gelten die Chinesen als seriöses und erfolgreiches Unternehmen in der Branche. So sind sie im vergangenen Jahr zum weltgrößten Hersteller von Solarmodulen aufgestiegen. Der Branchenverband rät dennoch zu Vergleichsangeboten. Bei Experten zählen die Chinesen längst nicht mehr nur beim Preis, sondern auch bei der Qualität zur internationalen Spitze. Ein Fakt, den die deutsche Konkurrenz in den vergangenen Jahren zu spüren bekam. Unzählige Betriebe gingen unter dem Druck der asiatischen Billig-Konkurrenz pleite, die Zahl der Arbeitsplätze halbierte sich innerhalb kurzer Zeit auf rund 60.000. Zwar schöpfen die heimischen Betriebe mit Blick auf das jüngste Klima-Bekenntnis der sieben wichtigsten Industrieländer beim G7-Gipfel wieder etwas Hoffnung. Aber für deutsche Anbieter, die gerade auf der weltgrößten Solarmesse Intersolar in München ihre Wunden lecken, dürfte am Ende nur ein sehr spezialisierter Nischenmarkt übrig bleiben.

Produkte wie Solaranlagen, Socken, Unterwäsche oder Kochtöpfe führen dagegen bei Tchibo längst kein Nischendasein mehr. Nach Schätzungen von Brancheninsidern erwirtschaftet das Unternehmen bereits rund 60 Prozent seines Gesamtumsatzes in Höhe von 3,5 Milliarden Euro (Zahlen aus dem Jahr 2013) mit den sogenannten Non-Food-Produkten.

Die Hamburger versuchen sich mit ihren zum Teil etwas skurril anmutenden Offerten abseits der braunen Bohnen unabhängiger von Preisschwankungen auf dem Kaffeemarkt zu machen. So lief das erste Halbjahr 2014 unter anderem wegen gesunkener Verkaufspreise bei Röstkaffee nicht gerade rund. Der Umsatz rutschte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,3 Prozent auf 1,52 Milliarden Euro. Das Ergebnis nach Abschreibungen, vor Zinsen und Steuern verringerte sich von 93 auf 88 Millionen Euro.

Doch das Unternehmen spürt gleichzeitig auch die zunehmende Konkurrenz im Non-Food-Bereich. Schließlich finden die Kunden heutzutage auch bei Discountern wie Aldi oder Lidl ein breites Sortiment an Produkten, die mit Essen und Trinken nichts zu tun haben. Vor allem wegen dieses immer härteren Wettbewerbs versucht Tchibo mit überraschenden Produkten wie den nun angebotenen Solaranlagen auf sich aufmerksam zu machen.

Der Unternehmenssprecher verweist denn auch von sich aus auf frühere Spezial-Offerten wie ein Energiesparhaus für 170.000 Euro, das man im Jahr 2011 bei Tchibo kaufen konnte. Oder auf Hausboote namens „Nautino“ mit einem zwölf Quadratmeter großen Wohnzimmer, einem voll ausgestatteten Bad und einer vier Quadratmeter große Dachkoje, die der Kaffeeröster im vergangenen Jahr für 88.000 Euro anbot. Und wer sich seine neue Solaranlage aus der Luft anschauen möchte, der kann aktuell noch ein Ultraleichtflugzeug im Tchibo-Katalog bestellen. Für 95.000 Euro geht man in die Luft – Piloten-Ausbildung inklusive.