Hamburg. Der häufigste Vorwurf lautet Körperverletzung im Amt. Acht Beamte wurden verurteilt. Die Linke fordert eine Beschwerdestelle.
Die internen Ermittler der Hamburger Polizei sehen sich einer großen Zahl von Vorwürfen gegen Beamte und Angestellte gegenüber. Im Jahr 2014 wurden 481 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten wegen des Verdachts einer Straftat aufgenommen – im ersten Halbjahr dieses Jahres kamen weitere 238 Fälle hinzu. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider an den Senat hervor.
Mit 277 Verfahren in den 18 Monaten der Statistik lautete der häufigste Vorwurf auf Körperverletzung im Amt. Oft zeigten Teilnehmer von Demonstrationen die behelmten Polizisten wegen eines überharten Vorgehens an. Gegenüber der letzten Auswertung sank die Zahl der mutmaßlichen Polizeigewalt deutlich, allein im Jahr 2012 wurden zuvor 315 Verfahren wegen dieses Vorwurfs eingeleitet.
Zu den häufigsten Anschuldigungen seit Anfang 2014 zählen auch Beleidigung (53 Verfahren), Diebstahl (52 Verfahren), Nötigung (47 Verfahren) und Freiheitsberaubung (38 Verfahren). In elf Fällen wurden Polizisten des Betrugs verdächtigt. Vorwürfe wegen Sexualdelikten, Bestechlichkeit, Erpressung und dem Verwenden von rechtsextremen Symbolen führten jeweils in einem Einzelfall zu einem Ermittlungsverfahren.
Die Linken-Abgeordnete Schneider sieht in den neuen Zahlen einen Beleg dafür, dass auch Polizisten mitunter den Boden des Gesetzes verließen. Ihre Partei fordert die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle, um Polizisten zur Anzeige gegen andere Beamte zu ermutigen: „Alles Negative im Zwischenmenschlichen gibt es auch innerhalb der Polizei, etwa Mobbing“, sagte Schneider. Darüber hinaus müssten erkannte Straftaten konsequent geahndet werden.
Weiterhin landen die Vorwürfe gegen Polizisten nur sehr selten vor Gericht. Von den insgesamt 719 Ermittlungsverfahren der Statistik wurden bislang nur 21 Verfahren gegen Polizisten (2,9 Prozent) zur Anklage gebracht, die Quote in der allgemeinen Kriminalität liegt mit etwa 20 Prozent mehr als sechsmal so hoch. Fast die Hälfte der Ermittlungsverfahren ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Alle acht Gerichtsprozesse, die im Jahr 2014 verhandelt wurden, endeten mit einer Verurteilung der Polizisten.
Zuletzt waren Polizeivergehen durch die mutmaßliche Misshandlung von Flüchtlingen in der Bundespolizeidirektion Hannover in den öffentlichen Fokus geraten. Der rot-grüne Senat hat im Koalitionsvertrag vereinbart, die Einführung einer Kennzeichnungspflicht zu prüfen. Mit Identifikationsschildern soll die Aufklärung von Straftaten erleichtert werden. Die Polizeigewerkschaften lehnen dies ab.