Hamburg. Um für die Olympia-Bewerbung international bekannter zu werden, will sich Hamburg um mindestens fünf Weltmeisterschaften bewerben.
Hunderttausende sind an diesem Wochenende wieder in der City auf den Beinen, um zwischen Binnenalster, Gänsemarkt, Rathaus und Hauptbahnhof die weltbesten Triathleten und 10.000 Jedermänner beim Schwimmen, Radfahren und Laufen anzufeuern. Fernsehsender aus mehr als 50 Ländern werden die Bilder des weltweit größten Triathlons verbreiten – und Hamburg, den Kandidaten der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024, wieder ein Stück bekannter machen.
„Das Bewerbungskonzept ist einmalig“, sagt Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), „doch Hamburg selbst müssen wir den internationalen Sportverbänden und den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) noch ein bisschen näherbringen.“ Weil die Stadt in der Bewerbungsphase keine IOC-Funktionäre einladen darf, – das verstößt gegen den Ethikcode des IOC –, sollen in den nächsten Jahren verstärkt internationale Sportveranstaltungen die Vorzüge Hamburgs kommunizieren.
Nach Abendblatt-Informationen wurden der Stadt von den nationalen Spitzenverbänden bisher schon mehr als zehn internationale Events angeboten, die bis zur IOC-Entscheidung im September 2017 in Lima (Peru) und in den Monaten danach in die Stadt geholt werden könnten. Wegen Olympia würde Hamburg damit auch ein Stück weit von seiner bisherigen Strategie abweichen, sich vorrangig in den hiesigen Schwerpunktsportarten Schwimmen, Rudern, Hockey und (Beach-)Volleyball um Welt- und Europameisterschaften bewerben zu wollen.
„Wir werden jedoch kein Wettbieten veranstalten und kein Harakiri betreiben, alles was wir machen, muss sportpolitisch und finanziell vertretbar und möglichst nachhaltig sein“, sagt Jürgen Mantell, der Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB). Die folgenden Veranstaltungen würden diese Anforderungen erfüllen: Die Bewerbung für die Ruder-WM 2019 läuft bereits. Sie soll im Regattazentrum Allermöhe auf der Dove Elbe ausgetragen werden. Konkurrent ist Linz (Österreich). Die Entscheidung fällt im September dieses Jahres.
Die Handball-WM der Frauen findet Ende 2017 in Deutschland statt. 15 Städte wollen Turnierspiele ausrichten, Hamburg ist einer der Interessenten. Angedacht ist, hier Halbfinale und Finale zu spielen. Der Deutsche Handballbund (DHB) will im August erste Beschlüsse fassen. An Spielen der Handball-WM der Männer, die Deutschland im Januar 2019 zusammen mit Dänemark ausrichtet, hat Hamburg ebenfalls Interesse. Bisher gab es dazu noch keine konkreten Gespräche mit dem DHB.
Neu sind die Bewerbungen für die Amateur-Box-Weltmeisterschaften im Herbst 2017 und die Rollstuhlbasketball-WM im Sommer 2018. Mögliche Standorte sind die Wilhelmsburger Inselparkhalle, die Messehallen am Fernsehturm oder fürs Boxen auch die Barclaycard-Arena im Volkspark. Für die Box-WM sind Sotschi (Russland) und Taschkent (Usbekistan) die Konkurrenten, die Entscheidung fällt Anfang Oktober. Bei zwei Finalrunden der Profiserie des Weltverbandes Aiba am 30. Juli (mit der Olympia-Qualifikation des Hamburger Halbschwergewichtlers Artem Harutyunyan) und am 24. September – jeweils in Wilhelmsburg – kann die Stadt ihre Visitenkarte abgeben, ebenso wie beim Basketball-Supercup vom 21. bis 23. August mit NBA-Superstar Dirk Nowitzki ebenfalls in Wilhelmsburg.
Neben diesen fünf Weltmeisterschaften will sich Hamburg in mindestens zwei weiteren Sportarten bis 2017 bei Weltcups oder Masters-Serien präsentieren. Der Tischtennis-Weltcup könnte 2016 in den Messehallen oder der Sporthalle Hamburg an der Krochmannstraße in Winterhude durchgeführt werden. Für die Beachvolleyball Major Series FIVB World Tour im Juni 2016, die letzte Olympia-Qualifikation für Rio, wird noch eine citynahe Fläche gesucht. Das Heiligengeistfeld neben dem Millerntorstadion des FC St. Pauli hätte zumindest die erforderliche Größe. Auch die besten Ringer und Judoka wollen demnächst in die Stadt zurückkehren. Für beide olympischen Sportarten werden derzeit Veranstaltungsformate geprüft.
Die Halbmarathon-Weltmeisterschaft der Leichtathleten Ende März 2020 steht ebenfalls auf der Wunschliste. Eine Bewerbung hierfür muss in zwei Jahren abgeben werden. Für die von Hamburg zu stellende Förderung und die nötigen Garantien stehen in diesem und im nächsten Jahr im Haushalt der Stadt jeweils bis zu 18,25 Millionen Euro aus Verpflichtungsermächtigungen bereit.
Weiter gilt aber: Die Events müssen zu Hamburg passen, glaubwürdig und durchführbar sein, der Olympiabewerbung dienen und jene Veranstaltungen sinnvoll ergänzen, die seit Langem ihr Publikum haben. Das sind beispielsweise Tennis am Rothenbaum, das Spring- und Dressurderby in Klein Flottbek, das Galoppderby in Horn, der Marathon, das Radrennen Cyclassics und der jetzt anstehende Triathlon.
Hamburgs Zuschlag für die deutsche Olympiakampagne hat in den vergangenen Monaten allerdings bei Vereinen und Verbänden eine Fülle an Begehrlichkeiten geweckt, die von der Stadt einen sensiblen Umgang mit diesen Erwartungen erfordern. Nicht alles, was machbar wäre, hilft der Bewerbung, nicht alles, was der Bewerbung hilft, ist bei vernünftigem Kostenmanagement auch machbar. Klar ist aber auch: Wenn Hamburg Olympia 2024 oder 2028 wirklich will, muss es lernen, Welt- und Europameisterschaften durchzuführen. Da gibt es Nachholbedarf. Die bisher letzte Einzel-WM fand 2007 im Triathlon statt, die vorletzte WM 1978 im Fechten.