Hamburg. Verfassungsschutz registriert wachsende Szene trotz Prävention. 86 radikale Muslime sind unter 21 Jahren. CDU fordert große Kampagne.

Trotz intensiver Bemühungen des Senates wächst die Szene der radikalen Muslime in Hamburg weiter. Anfang Juli registrierte der Verfassungsschutz 460 Salafisten in Hamburg – 60 Personen mehr als noch zu Jahresbeginn. 270 Personen aus dieser Gruppe werden als Unterstützer des gewaltsamen Dschihad eingestuft. Das geht aus der Antwort auf eine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Karin Prien an den Senat hervor.

Die Anwerber haben es weiterhin gezielt auf Jugendliche abgesehen. Diese sollen zunächst indoktriniert und zum aktiven Kampf im Irak und Syrien motiviert werden. Nach Senatsangaben werden inzwischen 86 Jugendliche und junge Erwachsene der dschihadistischen Szene zugerechnet, der überwiegende Teil davon ist im Alter von 18 bis 21 Jahren. Seit Jahresbeginn wurden dem Senat vier Fälle bekannt, in denen junge Dschihadisten das Land erfolgreich verließen. Drei Jugendliche konnten an der Ausreise gehindert werden. Im Jahr 2014 waren insgesamt elf radikale Muslime unter 21 Jahren aus Hamburg in den Dschihad gezogen.

Für die Fragestellerin Prien sind die neuen Zahlen ein Beleg dafür, „dass der Zuwachs in der salafistischen Szene ungebrochen ist und die bisherigen Maßnahmen zur Eindämmung dieses gefährlichen, religiösen Extremismus nicht greifen“. Nach alarmierenden Meldungen aus Schulen, insbesondere im Hamburger Osten, hatte der Senat die Präventionsarbeit im vergangenen Jahr deutlich verstärkt. So beraten Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und der Schulbehörde die Lehrer bei der Erkennung von radikalen Tendenzen von Muslimen in den Klassen. Bereits an fast allen Hamburger Berufsschulen haben inzwischen Fortbildungen mit bis zu 250 Teilnehmern stattgefunden, schreibt der Senat nun. Darüber hinaus fanden im abgelaufenen Schuljahr drei Sonderveranstaltungen zum Thema Salafismus statt.

Vor zwei Wochen nahm eine neue Beratungsstelle der Stadt in Altona ihren Betrieb auf, die in Zukunft als Anlaufstelle für junge Muslime und deren Angehörige dienen soll. Der CDU-Abgeordneten Prien schwebt ein noch deutlich breiter angelegtes Vorgehen an Schulen vor: „Wir wünschen uns eine Kampagne in der Stadt, mit der gegen jede Form religiös motivierter Gewalt und für Freiheit, Menschenwürde, religiöse Toleranz und die Gleichberechtigung von Mann und Frau geworben wird“, sagte Prien.

Außerhalb der Schulen bleiben Koranverteilungen ein beliebtes Mittel der Salafisten, um weitere Anhänger zu gewinnen. Insgesamt fanden nach Senatsangaben seit 2012 bereits 143 solcher Aktionen mit eindeutig radikalem Hintergrund in Hamburg statt. Die Veranstalter, meist radikalmuslimische Kulturvereine, benötigen für die Koranverteilungen keine Sondererlaubnis. Insbesondere der Bezirk Mitte suchte bisher vergeblich nach Wegen, die Verteilungen zu verbieten.