Hamburg. Schon 2368 Neuankömmlinge in diesem Monat. In Hamburg erhalten junge Asylsuchende bereits in Erstaufnahmestellen Deutschunterricht.

Zur Bewältigung der Masse von eintreffenden Flüchtlingen wird Hamburg die Bundeswehr um Amtshilfe bitten. „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit dem Landeskommando Hamburg über die Errichtung einer Zeltstadt für 500 Personen“, sagte Björn Domroese von der Innenbehörde. Wo die Zeltstadt errichtet wird, ist noch nicht bekannt. Dem Vernehmen nach soll es sich nicht um ein Bundeswehrgelände handeln, weil das Bundesverteidigungsministerium dagegen Sicherheitsbedenken hegt.

Zuletzt hatte bereits das Deutsche Rote Kreuz bei der Errichtung eines Zeltlagers am Jenfelder Moorpark geholfen. Nun ist zusätzliche Unterstützung nötig. Nach aktuellen Zahlen der Ausländerbehörde haben sich seit Monatsbeginn bereits 2368 Flüchtlinge in Hamburg registrieren lassen. Zum Vergleich: Im gesamten Juni mussten 1400 Flüchtlinge in Hamburg untergebracht werden. Der größte Zustrom kam aus Syrien (408 Menschen), gefolgt von Albanien (250 Menschen), Afghanistan (159 Menschen), Eritrea (149 Menschen) und Irak (109 Menschen).

Noch immer ist ein Großteil der Erstaufnahmestellen im Hamburger Umland wegen Masernbefall und anderer Krankheiten geschlossen. Die Behörden können deshalb nicht wie gewohnt zwei Drittel der Flüchtlinge weiter verteilen. „Wir rechnen damit, dass sich die Lage erst im August entspannt“, sagte Norbert Smekal, Sprecher der Ausländerbehörde. Weil Folgeunterkünfte fehlen, harren bereits 2300 Menschen länger als drei Monate in den Erstaufnahme aus.

Deutschunterricht in Erstaufnahmen

Um die Integration zu fördern, werden junge Flüchtlinge, die schulpflichtig sind, in Hamburg bereits in den Erstaufnahmen unterrichtet. Dozenten des Fachs Deutsch als Zweitsprache ermitteln den Bildungshintergrund der Kinder und Jugendlichen und beginnen mit dem ersten Deutschkursus. „Andere Länder warten mit dem Sprachunterricht, bis die Flüchtlinge aus der Erstaufnahme in eine Folgeunterkunft gewechselt sind. Uns ist wichtig, dass wir keine Zeit verlieren“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD).

„Alle Flüchtlinge sollen und müssen zur Schule gehen. Das ist nicht nur für das allgemeinbildende, sondern auch das berufsbildende Schulsystem eine der größeren Aufgaben“, betonte Rabe bei der Vorstellung des Jahresberichts 2014 des Hamburger Instituts für berufliche Bildung (HIBB).

„Wir haben zurzeit 1750 Migranten in unseren Maßnahmen, viele von ihnen sind unbegleitete Flüchtlinge, die also allein nach Hamburg gekommen sind“, sagte HIBB-Geschäftsführer Rainer Schulz. Zum Vergleich: Im Dezember waren es erst 900 Asylsuchende. Schon im nächsten Jahr dürfte ihre Zahl auf mehr als 2000 steigen. „Wir richten jede Woche eine neue Klasse für junge Migranten an einer Berufsschule ein“, sagte Schulz.

Bildungsvoraussetzungen sind extrem unterschiedlich

Die Vorbereitungsklassen der allgemeinbildenden Schulen besuchen derzeit 2800 Jungen und Mädchen. Nach einer überschlägigen Rechnung sind zwischen 400 und 500 Lehrkräfte für den Unterricht der jungen Flüchtlinge in beiden Systemen tätig.

Die Bildungsvoraussetzungen der Flüchtlinge sind extrem unterschiedlich. „25 bis 30 Prozent der Schüler sind nicht alphabetisiert“, sagte Schulz. Andere hätten einen Schulabschluss, einige sogar schon ein wenig Berufserfahrung. Als besonderen Erfolg sieht der HIBB-Geschäftsführer das im vergangenen Jahr gestartete Pilotmodell „Ausbildungsvorbereitung für Migrantinnen und Migranten“ (Av-M) an. Rund 180 Jungen und Mädchen lernen an drei Tagen in der Berufsschule und an zwei Tagen in einem Betrieb.

„Diese individuelle Förderung in der dualisierten Ausbildungsvorbereitung wollen wir vom nächsten Schuljahr an um noch einmal 180 Plätze aufstocken“, sagte Schulz. Die große Chance für die Migranten liege darin, dass sie über ihre Praktika in Kontakt zu den Betrieben kommen und sich so eventuell eine Perspektive für eine reguläre Lehrstelle in der dualen Ausbildung ergibt. „Die Hamburger Betriebe zeigen große Bereitschaft, unbegleitete Flüchtlinge im Rahmen des Pilotmodells aufzunehmen“, sagte Schulz.

„Wir dürfen uns allerdings nichts vormachen: Es geht dabei um eine Vorqualifikation“, sagte Schulsenator Rabe. Die Zahl der Flüchtlinge, die am Ende eine reguläre Ausbildung machten, sei „verschwindend gering“.