Hamburg. Volksinitiative reicht Unterlagen im Rathaus ein und muss 10.000 Unterschriften sammeln. Olympia-Gegner befürchten Mietsteigerungen.
Die Volksinitiative „Stop Olympia Hamburg“ ist an den Start gegangen. Die drei Vertrauensleute und einige Unterstützer haben die Unterschriftenliste und die Begründung für die Initiative gegen die Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Sommerspiele 2024 am Freitag offiziell im Rathaus eingereicht.
„Wir stehen für die Leute, die sich Olympia nicht leisten können oder leisten wollen“, sagte Horst Domnick, einer der drei Vertrauensleute. „Wir, die Steuerzahler, werden Olympia am Ende mitbezahlen müssen“, sagte der pensionierte Kapitän. Die Initiatoren verfolgen eine Doppelstrategie. Das erste Ziel ist, dass ihre Kritik an der Ausrichtung der Spiele als Gegenposition in das Informationsheft zum Olympia-Referendum am 29. November aufgenommen wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Olympia-Gegner mindestens 10.000 Unterschriften innerhalb von nur drei Wochen unmittelbar nach den Sommerferien zusammenbekommen. Alternativ kann die Bürgerschaft auch mit Zweidrittelmehrheit beschließen, die Gegenposition der Volksinitiative in das Info-Heft aufzunehmen. Allerdings: Eigentlich muss der Text, der ins Info-Heft soll, jetzt schon vorliegen, damit die Hamburger wissen, was sie unterschreiben.
Wie auch immer: Im Erfolgsfall stehen die Argumente der „Stop Olympia“-Initiatoren neben den Texten der sechs Bürgerschaftsfraktionen. „Uns ist es wichtig, dass wir als Gegenöffentlichkeit wahrgenommen werden“, sagte Heike Hohmeier von den NaturFreunde Hamburg, die die Volksinitiative wie auch das Bündnis „NOlympia“ als Träger unterstützen.
Daneben gibt es eine langfristige Strategie, die letztlich in einen Volksentscheid über die Olympia-Frage münden soll. Falls sich die Hamburger am 29. November für die Bewerbung um die Spiele 2024 entscheiden, läge die Anti-Olympia-Initiative aber erst einmal bis zum Ende der Legislaturperiode auf Eis.
Unklar ist auch eine Formulierung der Forderung der Initiative: Bürgerschaft und Senat werden aufgefordert, die Bewerbung zu stoppen. Wenn die Hamburger im Referendum Ja zu Olympia sagen und die Stadt ihre Unterlagen Anfang 2016 beim IOC abgibt, wäre die Bewerbung eigentlich abgeschlossen. Sie könnte dann höchstens zurückgezogen werden.
Die Olympia-Gegner kritisieren vor allem die erwartbar hohen, aber bis zum Referendum im November vermutlich nicht exakt kalkulierten Kosten. Sie befürchten außerdem hohe Mietsteigerungen und eine Verschärfung der sozialen Spaltung. Das sportliche Großereignis würde zudem für den Breiten- und Leistungssport in der Stadt wenig bringen.
„Basisarbeit ist wichtiger als ein Prestigeprojekt“, sagte Jens Gauger, Marathonläufer, Physiotherapeut und ebenfalls Vertrauensperson der Initiative. „Wenn im Zuge von Olympia ein neues Stadion gebaut wird, das dauerhaft auch für die Leichtathletik genutzt werden kann, dann ist das eine interessante Geschichte“, sagte Gauger. Besser wäre es jedoch, wenn schnell ein Leichtathletikstadion gebaut würde, denn die Jahnkampfbahn mit der einzigen nutzbaren Rundbahn ist total überlastet“, sagte der Leistungssportler.
„Ich bin erstaunt über die Naivität, mit der Olympia diskutiert wird“, setzte Gauger hinzu. „Ich glaube nicht, dass die Spiele den Sport in Hamburg voranbringen werden.“ Die Stadt werde fünf Jahre lang eine Baustelle sein, und die Luft würde noch schlechter, als sie ohnehin schon ist.
Ein besonderes Augenmerk legen die Olympiagegner auf die angeblichen „Knebelverträge“, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit den Austragungsstädten abschließt. „In München gab es vor der Volksabstimmung über die Bewerbung um die Winterspiele 2022 einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung, als bekannt wurde, dass das IOC Knebelverträge abschließt“, sagte Joachim Lau vom Unterstützerkreis. Das könne in Hamburg auch passieren. „Die Stimmung kann kippen, wenn sie jetzt überhaupt so positiv ist.“
Die Initiative kritisiert, dass das Referendum zu früh abgehalten werde, weil bis November zu wenig konkrete Kostenrechnungen bekannt sein würden. „Boston als mögliche Bewerberstadt will die Bürger erst Ende 2016 über Olympia abstimmen lassen. Das reicht zeitlich auch noch, weil das IOC die Spiele 2024 erst im Sommer 2017 vergibt“, sagte Lau. Vertrauensfrau Sabine Lafrentz, Erzieherin und Betriebsrätin, wies darauf hin, dass ihrer Ansicht nach alle Austragungsstädte mit Olympia Verluste gemacht hätten. „Im Londoner Eastend hat es Mietsteigerungen um 30 Prozent gegeben. Das wäre für Wilhelmsburg als arme Gegend in der Nähe des geplanten Geländes eine Katastrophe“, sagte Lau.
Bis auf die Linke sind alle anderen fünf Fraktionen der Bürgerschaft für eine Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Sommerspiele 2024. Damit die Vorlage des Senats und der Bürgerschaft – Ja zu Olympia – Erfolg hat, müssen 20 Prozent der Wahlberechtigten zustimmen, und es muss die Mehrheit der Abstimmenden sein.