Hamburg. Hamburger Wohnungswirtschaft erwartet von der Politik Entgegenkommen. In welchen Stadtteilen kommt die Mietpreisbremse?
Der Streit um eine flächendeckende Einführung der Mietpreisbremse in Hamburg bringt jetzt das Wohnungsbauprogramm des rot-grünen Senats in Gefahr. Ein für Mittwoch kommender Woche geplantes Treffen von Stadtentwicklungsbehörde, Bezirken und Wohnungswirtschaft, auf dem die Neuauflage des Bündnisses für das Wohnen besprochen werden sollte, wurde am Freitag kurzfristig abgesagt. Das Bündnis gilt als wichtige Voraussetzung für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Errichtung von jährlich 6000 Wohnungen.
„Die Teilnehmer der AG Recht, die gestern zum Thema ,Mietpreisbremse’ getagt hat, halten den für die Plenumssitzung des Bündnisses am 3. Juni 2015 anberaumten Termin für verfrüht“, heißt es in einem Schreiben der Stadtentwicklungsbehörde, das an die Mitglieder des Bündnisses verschickt wurde. Zur Begründung wurde angegeben: „Zunächst ist beabsichtigt, den derzeit noch laufenden Diskussionsprozess zur Mietpreisbremse zu einem Abschluss zu bringen.“ Ein neuer Termin wurde in dem Schreiben nicht festgelegt.
In Hmaburg könnte die Mietpreisbremse flächendeckend gelten
Hintergrund ist der Widerstand der Hamburger Wohnungswirtschaft gegen eine flächendeckende Einführung der vom kommenden Montag an geltenden Mietpreisbremse in der Hansestadt. Die Mietpreisbremse war vom Bundestag beschlossen worden. Sie soll sprunghafte Mieterhöhungen in nachgefragten Wohnvierteln vermeiden. Derzeit müssen neue Mieter oft viel mehr für die Wohnung zahlen als ihre Vorgänger. Um das zu verhindern, dürfen Neumieten künftig nur noch maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Allerdings können die Bundesländer festlegen, wo die Mietpreisbremse gelten soll, indem sie Gebiete mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ ausweisen. Die Wohnungswirtschaft verweist darauf, dass es in Hamburg reichlich Viertel mit gutem Wohnungsangebot gebe.
Das Bündnis für das Wohnen war zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode geschlossen worden und gilt bislang als Erfolgsmodell. Um den Bau von jährlich 6000 Wohnungen – davon 2000 öffentlich gefördert – zu sichern, tagten regelmäßig Beamte aus der Behörde und den Bezirken mit Vertretern von Wohnungsgenossenschaften, Baufirmen, Maklern und Grundeigentümern. Probleme konnten so frühzeitig aus dem Weg geräumt werden.
Inzwischen beklagt nach Informationen des Abendblatts vor allem die Wohnungswirtschaft eine mangelnde Berücksichtigung ihrer Interessen. Politiker würden ein wohnungspolitisches Versprechen nach dem anderen abgeben, ohne die wirtschaftlichen Folgen für die Unternehmen zu beachten. „Wir fühlen uns mehr und mehr von der Politik über den Tisch gezogen“, sagte ein Vertreter der Wohnungswirtschaft. „So kann es nicht weitergehen.“
Die Situation ist auch deshalb so verfahren, weil die politisch Handelnden offenbar unter enormem Druck ihrer Parteibasis stehen. In den vergangenen Tagen habe die Stadtentwicklungsbehörde „Einzelgespräche“ mit Vertretern der Wohnungswirtschaft geführt, hieß es. Ein Ausweg aus der verfahrenen Situation sei allerdings nicht erkennbar geworden.
Offenbar hat auch der Vorschlag, in dieser Legislaturperiode auf eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 4,5 auf 6,5 Prozent zu verzichten, bislang nichts gebracht. Ein derartiger Schritt würde im Jahr 130 Millionen Euro zusätzlich in die öffentliche Kasse spülen, sollte auf dem aktuellen Niveau weitergebaut werden. Bürgermeister Olaf Scholz verwies am Freitag vor dem in Hamburg tagenden 66. Mietertag darauf, dass Hamburg derzeit die drittniedrigste Grunderwerbssteuer habe. Eine Erhöhung dieser Steuer würde den Wohnungsbau verteuern.
Scholz warb auf dem Mietertag zudem für einen umfassenden Schutz von Mietern als Voraussetzung für einen gut funktionierenden Wohnungsmarkt. „Mieterschutz ist nicht nur gut für die Mieter, sondern auch für Investoren und Vermieter“, sagte der Senatschef. Er fügte hinzu, dass es in Hamburg zum Ende dieses Jahrzehnts mehr als eine Million Wohnungen geben werde. Derzeit beträgt in der Hansestadt die Zahl der Wohnung rund 900.000.
Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) kündigte auf der Veranstaltung nach Darstellung des Mieterbundes eine Erhöhung des Wohngelds zum 1. Januar 2016 an und erklärte, es sei notwendig, steigenden Wohnkosten entgegenzusteuern.