Finkenwerder. Der von seinem Vater misshandelte Säugling wird wieder ganz gesund. Der Familienausschuss der Bürgerschaft beriet über Konsequenzen.
Der schwer misshandelte Säugling Jamie ist auf dem Weg der Besserung: Nach den Schlägen an den Kopf des Kindes deutet derzeit nichts auf bleibende körperliche Schäden hin, heißt es aus dem Umfeld des UKE. Der drei Monate alte Jamie wird von Spezialisten betreut und wurde ein zweites Mal operiert. Bereits vor zwei Wochen war er aus dem künstlichen Koma erwacht.
Nach seiner Genesung wird das Kind nicht in die elterliche Wohnung in Finkenwerder zurückkehren, sondern in einer Pflegefamilie untergebracht werden. Ein Familienrichter hat dem Jugendamt das Sorgerecht zugesprochen, wie ein Sprecher des Bezirksamtes Mitte sagte. Das zuständige Jugendamt hatte zuvor die vorläufige Inobhutnahme des Säuglings angeordnet. Die 30 Jahre alte Mutter des Kindes, die offenbar nicht an der Misshandlung beteiligt war, kann gegen die Entscheidung juristisch vorgehen. „Bislang ist kein Einspruch eingegangen“, sagte der Sprecher des Bezirks Mitte.
Bürgerschaft berät über Konsequenzen
Am Mittwoch kam der Familienausschuss der Bürgerschaft vorzeitig zur ersten Sitzung zusammen, um über politische Konsequenzen aus dem Fall Jamie zu beraten. „Alle Protokolle zeigen, dass die Familie seit der Geburt von Jamie sehr engmaschig betreut wurde“, sagt ein Mitglied des Ausschusses. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) sagte laut Teilnehmern in der Sitzung, dass trotz mehrerer Polizeieinsätze in der elterlichen Wohnung kein ausreichender Hinweis auf eine Gefährdung vorlag, um Jamie aus der Obhut der Eltern zu nehmen.
Nach Abendblatt-Information hatte die Mutter von Jamie dem Jugendamt bereits Ende März mitgeteilt, dass sie keine weitere Hilfe bei der Versorgung von Jamie benötige. Kurz darauf fand der letzte Hausbesuch einer Kinderkrankenschwester in Finkenwerder statt. Wenige Tage vor der Misshandlung des Säuglings im April erschien die Mutter mit Jamie zu einem Termin beim Jugendamt und hätte einen tadellosen Eindruck gemacht. Polizeibeamte sollen dagegen von „Zeichen der Verwahrlosung“ in der elterlichen Wohnung gesprochen haben. Dem 26-jährigen Vater von Jamie drohen nach der Misshandlung bis zu 15 Jahre Haft.