Hamburg. Dänischer Konzern führend bei Offshore-Windkraft-Fundamenten. Hamburg sei in Deutschland ein für das Unternehmen bedeutender Standort.

Es sind die großen, grundlegenden Projekte, die den dänischen Konzern Rambøll beschäftigen: neue Verkehrswege wie der geplante Fehmarnbelttunnel, die Entwicklung von Stadtquartieren, die Energiewende in Dänemark oder in Deutschland. Das Ingenieurunternehmen ist mit insgesamt 12.800 Mitarbeitern weltweit aktiv. Von den 280 Rambøll-Mitarbeitern in Deutschland sitzen rund 200 in Hamburg. In den kommenden Jahren könnten es noch mehr werden. „Speziell Hamburg ist in Deutschland für uns ein strategisch bedeutender Standort – als ein Zentrum der Energiewende, aber auch mit seinen eigenen weitreichenden Projekten zur Stadtentwicklung, etwa in der HafenCity“, sagte Jens-Peter Saul, der aus Hamburg stammende Vorstandsvorsitzende von Rambøll, dem Abendblatt.

Im Jahr 2012 übernahm Rambøll in Hamburg das Unternehmen IMS Ingenieurgesellschaft, einen Spezialisten für die Entwicklung von Offshore-Windkraft-Fundamenten. Im vergangenen Jahr akquirierten die Dänen das ebenfalls in Hamburg ansässige Beratungsunternehmen Putz&Partner. Ein Querschnittsthema durch den gesamten Rambøll-Konzern hindurch ist der Umbau der Energieversorgung, der mittlerweile weltweit vorangetrieben wird, allerdings mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten und technologischen Schwerpunkten. „Die Energiewende ist in Dänemark viel weiter fortgeschritten als in Deutschland, vor allem auch deshalb, weil man sie dort längst als ein Gesamtsystem von Energieerzeugung, Übertragung und Verbrauch begreift“, sagte Saul. „Die Akzeptanz für die Energiewende in Dänemark ist sehr hoch. Das liegt unter anderem daran, dass die Minderheit sich im Land generell eher hinter Entscheidungen der Mehrheit stellt, wenn die Argumente ausgetauscht sind. Die Dänen denken und handeln in dieser Hinsicht sehr pragmatisch.“

Unter anderem arbeitet Rambøll in Dänemark am Ausbau der Fernwärmeversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien wie der Windkraft, der Fotovoltaik und der Biomasse. Zugleich werden auch konventionelle Kraftwerke für einen besseren Umwelt- und Klimaschutz umgerüstet. Fast zwei Drittel aller Wohnungen in Dänemark sind an Fernwärmenetze angeschlossen. „Wir haben am Bau von unterirdischen Wasser-Wärmespeichern mitgearbeitet, die ihre Wärme vom Sommer bis in den Winter hinein mit nur geringen Verlusten halten können“, sagte Saul.

Die Akquisitionen von Rambøll in Hamburg stehen stellvertretend für die wachsenden Verbindungen zwischen Dänemark und Deutschland in den vergangenen Jahren. Die Energiewende, aber auch die Verkehrsinfrastruktur werfen Schlaglichter darauf, dass etliche Unternehmen aus beiden Ländern beiderseits der Grenzen an der Fortentwicklung der Wirtschaft arbeiten.

Der Ausbau der Offshore-Windkraft im deutschen Teil der Nordsee ist längst ein multinationaler Markt. Die drei Anrainerstaaten Niederlande, Dänemark und Deutschland stehen dabei allerdings im Vordergrund. „Rund 65 Prozent aller Offshore-Windkraft-Fundamente hat Rambøll konstruiert“, sagte Saul. „Man wird in Deutschland kein Bauingenieurunternehmen mit der Bandbreite von Rambøll finden. Wir tragen die Infrastruktur in die Gesellschaft hinein. Das hat wiederum viel damit zu tun, wie die skandinavischen Länder mit Infrastruktur umgehen – in einer weiten Perspektive von Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft.“

Dänemark baut seine Verkehrswege zügig aus, Deutschland sträubt sich

Genau das markiert wohl auch den wichtigsten Unterschied zwischen Dänemark und Deutschland in grundlegenden Fragen von Wirtschaft und In­frastruktur. Der Fehmarnbelttunnel, den Rambøll im Auftrag des dänischen Staates plant, soll Skandinavien und Kontinentaleuropa enger verbinden. Die dänische Seite treibt das Jahrhundertprojekt politisch und ökonomisch zügig und transparent voran. Der deutsche Teil hingegen – vor allem die notwendige Güterbahnanbindung in Ostholstein – steckt tief in kommunalen und föderalen Querelen. Weil die Bahnanbindung zwischen der Insel Fehmarn und der Metropolregion Hamburg frühestens 2024 fertig ist, wird wohl auch Dänemark den Bau des Tunnels verschieben und zeitlich strecken. Eigentlich sollten 2021 die ersten Autos und Züge zwischen beiden Ländern unter der Ostsee hindurch rollen.

„Wenn man den Widerstand in Deutschland gegen viele große Infrastrukturprojekte sieht, hat man den Eindruck, die Menschen bekämen etwas aufgezwungen“, sagte Saul. „Dabei ist doch modernste Infrastruktur gerade für ein hoch leistungsfähiges Land wie Deutschland unverzichtbar.“