Hamburg. Gewerkschaft GdP fordert die Hamburger Bürgerschaft zum Handeln auf. Rund um Reeperbahn und St. Pauli sei die Sicherheit beeinträchtigt.
Nach dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts gegen die sogenannten Gefahrengebiete hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Bürgerschaft zum Handeln aufgefordert. „Der Gesetzgeber muss zusehen, dass er die Inhalte, die das Urteil des Oberverwaltungsgerichts thematisiert hat, entsprechend verfassungskonform ins Gesetz einarbeitet“, sagte der Landesvorsitzende der GdP, Gerhard Kirsch, der Deutschen Presse-Agentur. Seine Kollegen bräuchten Handlungs- und Rechtssicherheit. „Das geht nicht, wenn wir jetzt so einen Schwebezustand haben.“
Das Gericht hatte die Rechtsgrundlage für die Gefahrengebiete in Hamburg am vergangenen Mittwoch für verfassungswidrig erklärt. „Wenn das Oberverwaltungsgericht ein solches Urteil fällt, haben wir es zu respektieren“, betonte Kirsch. „Ohne eine klare Regelung können wir nicht rechtssicher agieren.“
Die Frage, ob Hamburg ohne die Gefahrengebiete unsicherer wäre, beantwortete Kirsch mit einem klaren „Ja“. Er erläuterte das am Beispiel des permanenten Gefahrengebiets im Vergnügungsviertel St. Pauli: Wenn dort eine betrunkene Jugendgang gröle und sich aggressiv verhalte, könne die Polizei einschreiten. Die Beamten könnten die Identität der Personen feststellen und nachsehen, ob sie in Beuteln oder Rucksäcken gefährliche Gegenstände haben. Das frühe Einschreiten signalisiere: „Dich haben wir schon erkannt als potenziellen Täter.“ Das habe bei vielen eine präventive Wirkung. Ohne die Sonderbefugnisse könne die Polizei nicht „im Vorfeld“ aktiv werden. „Rumgrölen ist nicht verboten, das ist eine abstrakte Gefährdung.“
Eine Abschaffung der Gefahrengebiete hätte nach Ansicht des GdP-Landesvorsitzenden „fatale Folgen“, zumindest was das Vergnügungsviertel St. Pauli angeht. Die Beamten müssten dann abwarten, bis eine konkrete Gefahr durch einen „Störer“ begründet werde. „Und die Schwelle von einer konkreten Gefahr zu einer tatsächlichen Straftat - Körperverletzungsdelikte beispielsweise - ist sehr, sehr schmal.“
Am vergangenen 1. Mai sei die Hamburger Polizei auch ohne die Sonderbefugnisse „weitgehend klargekommen“, sagte Kirsch. Bei der Auflösung von zwei „revolutionären“ Mai-Demonstrationen waren 34 Beamte und mehrere Demonstranten verletzt worden. Ob aus politischen Gründen auf die Ausweisung eines Gefahrengebietes verzichtet wurde, ist unklar. Eine mündliche Verhandlung zwei Wochen vor dem 1. Mai hatte Hinweise darauf gegeben, dass das Oberverwaltungsgericht diese Polizeimaßnahme für verfassungswidrig hält. Anfang vergangenen Jahres hatten Gefahrengebiete im Schanzenviertel, auf St. Pauli und Teilen Altonas zu zahlreichen Protesten und bundesweiter Kritik geführt.
SPD und Grüne haben bereits angekündigt, das Urteil genau zu prüfen und das Gesetz anzupassen. „Wir haben immer gesagt, dass wir keine Befürworter von Gefahrengebieten sind“, sagte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks. „Jetzt kommt es darauf an, dass wir dieses Urteil vernünftig berücksichtigen und dass wir dann ein sauberes Gesetzgebungsverfahren hinbekommen.“ (lno)