Hamburg. Ein Gericht hatte die umstrittene Regelung für verfassungswidrig erklärt, doch die Hamburger Polizei will an den Maßnahmen festhalten.
Ein Urteil des Hamburger Oberverwaltungsgerichts sorgt für Streit in der Hansestadt. Die Richter erklärten am Mittwoch die Einrichtung sogenannter Gefahrengebiete für verfassungswidrig. Dort dürfen Bürger bisher verdachtsunabhängig kontrolliert werden. Dies verstoße gegen das Grundgesetz, so das OVG. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Die Hamburger Polizeiführung aber will an den drei bestehenden Gefahrengebieten festhalten. Die Beamten gingen dort weiter wie bisher vor, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer dem Abendblatt. „Das Urteil ändert die Gesetzeslage nicht. Wir haben keinen Grund, die Gefahrengebiete aufzulösen.“
Die Verwaltungsrichter hatten einer Klägerin recht gegeben, die 2011 in einem Gefahrengebiet von Polizisten für mehrere Stunden in Gewahrsam genommen wurde. Es stehe der Polizei nicht zu, Gefahrengebiete nach „relativ diffusen Anhaltspunkten“ einzurichten und Anwohner „ins Blaue hinein“ zu durchsuchen, sagte der Vorsitzende Richter Joachim Pradl. Etwa die „linke Szene“ als Zielgruppe für Kontrollen zu benennen verletze das Gleichheitsprinzip der Verfassung.
Die Polizei erkennt die Entscheidung nicht als endgültig an. Nach ihrer Ansicht müssten erst Verfassungsrichter das Polizeigesetz für verfassungswidrig erklären. Zudem ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Die Polizei könne auf die Möglichkeit einer Revision klagen oder vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen. „Unsere Juristen prüfen, ob wir gegen das Urteil vorgehen“, sagte der Polizeichef Meyer. Parallel werde eine Änderung oder Abschaffung der Gefahrengebiete „schnell und sorgfältig“ geprüft.
Dasselbe hatte bereits der rot-grüne Senat im Koalitionsvertrag vereinbart. „Nun gibt es einen konkreten Arbeitsauftrag, das begrüßen wir“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Möller. Der SPD-Innenexperte Arno Münster hofft auf eine tragfähige Regelung: „Das Gefahrengebiet ist ein Einsatzmittel, das funktionieren kann.“
Seit mehr als zehn Jahren sind drei dauerhafte Gefahrengebiete rund um den Hansaplatz in St. Georg und die Reeperbahn auf St. Pauli eingerichtet. Nach Abendblatt-Informationen hat die Polizei ihre Beamten bereits vor dem Urteil in einer Dienstvorschrift angehalten, vor Ort „moderater“ aufzutreten. Für Antje Möller ist eindeutig, dass es keine weiteren Gefahrengebiete geben wird. Meyer sieht es anders. „Wir haben vor Gericht kein Denk- oder Prüfverbot erhalten.“ Alle Entscheidungen müssten aber im Lichte des Richterspruchs getroffen werden.