Hamburg. Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hält Instrument für untauglich – doch in Hamburg setzen alle Beteiligten weiter darauf.

In diesen Tagen haben Tausende Mieter und Vermieter in Hamburg Post von dem Institut F+B bekommen. Die Hamburger Immobilienexperten fragen im Auftrag der Stadt nach Ausstattung, Baujahr oder auch Miethöhe. Die statistische Stichprobenerhebung soll Basis des neuen Hamburger Mietenspiegels werden, der voraussichtlich im Herbst veröffentlicht wird und diesmal eine neue zusätzliche Funktion erhalten könnte. Mit dem Mietenspiegel sollen künftig auch Obergrenzen für Mieterhöhungen nach einem Mieterwechsel festgestellt werden. Eine vom Bund beschlossene Mietpreisbremse dazu will auch Hamburg umsetzen, noch ist die genaue Ausgestaltung aber umstritten.

Zudem führte am Dienstag ein Urteil des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg zu Irritationen. Die Richter hatten den Berliner Mietenspiegel, der ebenfalls von F+B erstellt wird, als unwissenschaftlich bezeichnet. Er tauge nicht dafür, eine Mieterhöhung abzulehnen, sagte das Gericht auf Grundlage eines Gutachtens und gab einer Vermieterin Recht. Ein Urteil, das aber für Hamburg kaum Auswirkungen haben dürfte, wie Experten vom Mieterverein und Grundeigentümerverband in Hamburg gegenüber dem Abendblatt betonten.

Anders als der Berliner Mietenspiegel gelte der Hamburger Mietenspiegel nach Rechtssprechung der Landgerichte als „aussagkräftigste“ Grundlage für die Erfassung ortsüblicher Mieten, sagt Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins. „Wir haben in Hamburg einen sogenannten qualifizierten Mietenspiegel, das ist so in Berlin nicht der Fall“, sagt Chychla. Hinzu komme, dass das Berliner Urteil als Einzelfall zu bewerten sei. Ähnlich die Einschätzung beim Hamburger Grundeigentümerverband: „Der Mietenspiegel hat seine Schwächen, aber es gibt nichts Besseres“, sagt Verbandschef Heinrich Stüven. Diese übereinstimmende Einschätzung dürfte auch darin begründet sein, dass beide Interessenvertretungen einem Arbeitskreis der Behörde angehören, in dem die Grundlagen des Hamburger Mietenspiegels festgelegt werden. Das umfangreiche Verzeichnis soll eine Vergleichbarkeit der Hamburger Mietwohnungen ermöglichen. Ausgenommen sind allerdings subventionierte Sozialwohnungen.

Der Mietenspiegel basiert zum einen auf einem Wohnlagenverzeichnis aller Straßen der Stadt und unterscheidet „ gute“ von „normalen“ Wohnlagen. Für beide Wohnlagen werden dann ein Mittelwert und Spannen der Mieten dargestellt. Unterschieden wird zudem nach Ausstattungsmerkmalen und Baualter. Zuletzt wurde der Mietenspiegel 2013 erhoben. In normaler Wohnlage betrug die Nettokaltmiete ohne Heizung und Betriebskosten in großen Neubauwohnungen demnach zwischen 8,33 und 11,07 Euro pro Quadratmeter. (Im Internet: www.mietenspiegel.hamburg.de ) Die Höhe der so erfassten Mieten basiert eben auf einer Stichprobe von Wohnungen, bei denen es in den vergangenen vier Jahren einen Mietwechsel oder eine neue Miethöhe gegeben hat.

Extreme Ausreißer nach oben oder unten werden aber nicht erfasst, wie Mieterverein-Geschäftsführer Chychla erläutert. Vielfach wird der Mietenspiegel kritisiert, weil in ihm nicht auch alte und eher günstige Bestandsmietverhältnisse aufgenommen werden, sondern nur solche, wo es eine Veränderung gegeben hat. Folglich fließen in diesen Vergleich eher teurere Wohnungen ein, sagen die Kritiker. Allerdings gab es bis 2001 auch Zeiten in Hamburg mit sinkenden, neuen Mieten – was sich bei einer anderen Erhebungsart nicht so deutlich im Mietenspiegel abgezeichnet hätte.

Der Mietenspiegel ist bisher ein Mittel, um bei Mieterhöhungen einen Vergleichswert zu bekommen. Eine Erhöhung ist unter einigen Voraussetzungen nur möglich, wenn sie nicht über der ortsüblichen Miete liegt. Was ortsüblich ist, lässt sich aber für einen betroffenen Mieter nur schwer darstellen, wenn es keinen Mietenspiegel gibt. Etwa durch ein teures Gutachten. Künftig kann der Mietspiegel aber auch für die neue Mietpreisbremse gelten, die der Bund als Gesetz beschlossen hat. Bundesländer und Kommunen können danach von Juni an Gebiete mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ festlegen.

Dort darf dann auch bei einer Wiedervermietung einer Wohnung die neue Miete nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Während der Mieterverein dieses Mittel für geeignet hält, um die besonders drastischen Erhöhungen nach Mieterwechseln einzudämmen, warnt der Grundeigentümerverband davor, dass Investoren abgeschreckt würden und am Ende weniger Wohnungen gebaut würden – was den Markt verteuern würde.