Hamburg. Der abgelöste Hawesko-Chef Alexander Margaritoff bekommt seinen Vertrag ausbezahlt. Das Unternehmen rutscht in die Verlustzone .

Es ist eine Zäsur. Und Finanzvorstand Ulrich Zimmermann ist sich des historischen Tages bewusst. Zum ersten Mal seit dem Börsengang der Hawesko Holding 1998 fehlte das Gesicht des Unternehmens bei der Bilanzvorstellung. Zum 30. April war der langjährige Vorstandschef Alexander Margaritoff nach dem spektakulärsten Übernahmekampf des vergangenen Jahres in Hamburg aus dem Hanseatischen Wein und Sekt Kontor ausgeschieden. „Weil der Konzern über stabile Strukturen verfügt, können wir den Abgang auch einer prägenden Persönlichkeit wie Alexander Margaritoff gut auffangen“, sagte Zimmermann.

Und während die Suche nach einem Nachfolger bisher ohne konkretes Resultat verläuft, sorgt der Abschied des Sohnes von Firmengründer Peter Margaritoff im Auftaktquartal 2015 für ein Rutschen in die Verlustzone.

Margaritoff räumte seinen Chefsessel im Zuge eines Machtkampfes mit dem Großaktionär Detlev Meyer. Der hatte im Herbst vergangenen Jahres über seine Beteiligungsgesellschaft Tocos 40 Euro pro Aktie geboten. Der Hawesko-Vorstand hielt das für zu wenig und lehnte die Offerte geschlossen ab.

Zum 30. April schied der langjährige Vorstandsvorsitzende Alexander Margaritoff aus dem Unternehmen aus
Zum 30. April schied der langjährige Vorstandsvorsitzende Alexander Margaritoff aus dem Unternehmen aus © picture-alliance/ dpa | Jens Ressing

Wenig später verkaufte allerdings Hawesko-Vorstandsmitglied Bernd Siebdrat für 2,7 Millionen Euro Aktien an Meyer. „Das war eine persönliche Entscheidung, ich habe mich nicht auf das Lager von Herrn Meyer geschlagen“, sagte Siebdrat gestern. Nach außen wirkte das allerdings anders. Margaritoff gestand später seine Niederlage ein und veräußerte seine 30 Prozent an Tocos. Heute hält die Beteiligungsgesellschaft 79 Prozent der Aktien.

Weil der Vertrag mit Margaritoff aber kurz zuvor um fünf Jahre bis Februar 2019 verlängert worden war, wird dessen Gehalt ausgezahlt. „Die Rückstellung dafür haben wir im ersten Quartal gebildet. Sie beträgt etwas mehr als sechs Millionen Euro“, sagte Zimmermann.

„Wir sind schneller gewachsen als der deutsche Weinmarkt“

Wegen dieser Einmalaufwendungen und nachlaufenden Kosten des Übernahmeprozesses meldete Hawesko für Januar bis März ein Perioden­ergebnis von minus zwei Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum war noch ein Überschuss von 2,5 Millionen Euro angefallen. Auch im Geschäftsjahr 2014 schlug der Übernahmekampf auf das Ergebnis durch. Das Konzern-Ebit lag bei 20,1 Millionen Euro – elf Prozent weniger als 2013. Ein wesentlicher Faktor dabei waren die Beraterkosten. Insgesamt 4,8 Millionen Euro wurden für Rechtsanwälte, Investmentbanken und Gutachten aufgewandt.

Dabei sei das Geschäft generell gut gelaufen. Der Konzernumsatz stieg um 1,6 Prozent auf 473 Millionen Euro. Rund 70 Millionen Flaschen Wein verkauft das Unternehmen pro Jahr. „Die wichtigste Botschaft: Wir sind schneller gewachsen als der deutsche Weinmarkt“, sagte Zimmermann. In Deutschland stiegen die Erlöse um 2,9 Prozent, während der Markt ein Minus von einem Prozent verbuchte.

Der Ausbau des Segments bei den Discountern, die in ihren Prospekten in jüngster Zeit häufig auch höherwertige Tropfen anpreisen, käme Hawesko im Übrigen zugute. „Wein braucht Werbung. Wenn Aldi und Lidl sich damit beschäftigen, ist das ein Gewinn für uns. Unsere Kunden wandern nicht zu den Discountern ab“, sagte Siebdrat. Im Gegenteil: Mehr Kunden würden auf den edlen Geschmack gebracht.

Dividende soll gekürzt werden

Die Tochter Jacques’ Weindepot sei mit 285 Geschäften bundesweit mit weitem Abstand größter Filialist. „Der höherwertige Lebensmitteleinzelhandel ist für uns die Konkurrenz – wir sehen ihn aber nicht als Bedrohung an“, sagte Alexander Borwitzky, der im Vorstand für den stationären Weinfacheinzelhandel zuständig ist.

Hawesko sieht sich mit 25 bis 30 Prozent Anteil als Marktführer in der Bundesrepublik bei gehobenen Weinen, die mehr als vier Euro kosten. Auch im Onlinehandel sei man mit 72 Millionen Euro Umsatz Branchenprimus trotz der Konkurrenz durch 1000 andere Anbieter.

In den nächsten zwei Jahren will Zimmermann den „Konzern stärker und profitabler machen“. Die Gewinnmarge soll von derzeit 5,6 auf knapp sieben Prozent steigen. Zukäufe im Ausland könnten im Anschluss auf dem Programm stehen. Derzeit werden neun von zehn Euro im Inland eingenommen. „Unser langfristiges Ziel ist es, in Richtung 50 Prozent zu kommen“, sagte Zimmermann.

Dafür soll die Kasse gefüllt werden, indem weniger Geld an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Für 2014 schlägt der Vorstand die Kürzung der Dividende von 1,65 Euro pro Aktie auf 1,30 Euro vor. Die Ausschüttungsquote sinke dadurch von 92 auf 79 Prozent. Mittelfristig würden zwischen 40 und 60 Prozent angepeilt. Trotz der unangenehmen Nachrichten für Aktionäre notierten die Titel an der Börse gestern Nachmittag unverändert bei 40 Euro. In diesem Jahr soll der Umsatz um ein Prozent zulegen, das Ebit auf 26 bis 27 Millionen Euro steigen. Zimmermann gibt sich optimistisch: „Da wir im Jahresverlauf mit keinen weiteren Sonderbelastungen rechnen, sehen wir uns auf einem guten Weg, die Ziele zu erreichen.“