Der Übernahmekampf ist vorüber. Der Investor Detlev Meyer hat mit seiner Hamburger Beteiligungsgesellschaft Tocos die Mehrheit am Weinhändler Hawesko übernommen. Fotografieren lässt sich der scheue Investor nicht.

Hamburg. Blaue Jeans, blauer Blazer, blaues Hemd, keine Krawatte. Der Mann scheut Fotografen. Dabei hat Detlev Meyer, der neue Mehrheitseigner des Tornescher Weinhändlers Hawesko eigentlich nichts zu verbergen. Es gehe bei den Fotos nicht um ihn, sagt er. Er wolle vor allem seine Familie schützen. Nachdem der bisherige Hawesko-Aktionär Alexander Margaritoff in einem Übernahmekampf um das Unternehmen jetzt dem Aufsichtsrat Meyer rund 30 Prozent seiner Aktien zum Preis von rund 108 Millionen Euro überschreiben wird, hält Meyer künftig 65 Prozent an Hawesko. Es könnten sogar noch mehr werden, wenn andere Aktionäre auch verkaufen.

Eigentlich waren der bisherige Eigner und Meyer über Jahre hinweg einig über den Kurs von Hawesko. Doch dann kam der große Krach, weil Meyer es für falsch hielt, dass der Weinhändler 95 Prozent seiner Gewinne an die Aktionäre ausschüttet. Die Folgen dieser Politik liegen für Meyer auf der Hand, es gebe keine Rücklagen für Zukäufe oder für unvorhergesehene Probleme. Meyer machte daraufhin ein Übernahmeangebot für Hawesko in dessen Aufsichtsrat er seit dem Jahr 2005 sitzt. Margaritoff war dagegen, verlor aber am Ende den Kampf gegen Meyer.

„Ich bin bei meinen Engagements nachhaltig orientiert“, sagt er 61-Jährige, der 1985 mit einem Partner die Bekleidungsketten Street One und Cecil gegründet hat. Er baute das Modeunternehmen mit zwölf Kollektionen im Jahr und Just-in-Time-Belieferung zum europäischen Franchise-Netzwerk aus. Seine Geschäftsführern übergab er schon früh Verantwortung. Meyer sieht sich nicht als operativer Chef, sondern als jemand, der Dinge anstößt und darauf achtet, dass sie auch gelingen.

Im Jahr 2004 war es soweit. Meyer wusste, dass Street One und Cecil gut positioniert sind, und verkaufte sie an die Geschäftsführung. Im Bereich Bekleidung kannte sich der Investor inzwischen bestens aus. „Ich habe mit vielen Menschen aus der Branche gesprochen, auch mit Verkäufern und anderen Mitarbeitern, die nah am Kunden dran sind“, sagt er. Nach dem Verkauf suchte er sich ein neues Betätigungsfeld. Er spezialisierte sich nun auf das Weingeschäft, nicht nur als Einzelhändler, sondern auch als Produzent.

„Mich interessierte das Wachstum der Reben aus der Erde, ich lernte dabei viel über die Natur und Pflanzen“, sagt er. Stundenlang konnte Meyer, der eigentlich kaum stillsitzen kann, zusehen, wie sich die Reben auf seinem Weingut St. Antony am Niederrhein entwickeln. „Ich war ein Quereinsteiger, das war mein Vorteil“, sagt er. Während die anderen Winzer so weitermachten wie bisher, stellte er auf Bioweine um. Tatsächlich waren seine Reben danach resistenter gegen Feuchtigkeit. Auch an den Premium-Händlern WeinArt und Grand Cru Select hält der Unternehmer mit seiner Hamburger Firma Tocos Beteiligung Anteile. Zudem ist er einer der drei Eigentümer der Pius Weinwirtschaft auf Sylt, in Hamburg-Eppendorf und Neustadt am Rübenberge nahe Hannover.

„Ich schaue nie zurück, sondern auf das Heute und die Zukunft“, begründet Meyer seinen Erfolg. Einmal jedoch erlitt er mit seinen Modefirmen einen kleinen Rückschlag. Die Rendite sank auf unter zehn Prozent. „Ein befreundeter Einzelhändler tröstete mich mit seinen eigenen niedrigen Margen.“ Meyer machte sich daran, die Lage zu verbessern. „Wenn ein Schiff bei einer Krise in einen Sturm gerät, muss man es wieder aus dem Sturm steuern.“ Das ist dem Mann, der noch nie einen eigenen Bürostuhl besessen hat gelungen. An seinem Hamburger Standort, den er mit Partnern gemietet hat, sitzt er meist im Büro seiner Assistentin. Er verabredet und besucht seine Kunden lieber.

Der Investor will sich auch bei Hawesko für ein nachhaltiges Management einsetzen. „Ich rechne in Dekaden und bin kein Investor, der kurzfristig wieder abspringt.“ Auch bei Hawesko will er dem Management viel Spielraum lassen. „Ich verstehe mich als Sparringspartner und versuche andere Menschen erfolgreich zu machen.“

Die 925 Mitarbeiter von Hawesko und Jacques’ Weindepot müssten sich nach dem Wechsel des Eigentümers nicht um ihre Zukunft sorgen. „Ich habe bei meinen Firmen noch niemals einen Stellenabbau gestartet“, sagt er. Bei Hawesko will Meyer als Aufsichtsrat darauf achten, dass die Verschuldung niedrig beleibt. Auch deshalb will er die Ausschüttung der Dividende von 95 Prozent des Gewinns auf 40 bis 50 Prozent drücken. Das ist branchenüblich. Meyer ist nicht nur Geschäftsmann. 2000 gründete er die Lumia Stiftung, die Familien mit Kindern im Wachkoma hilft. Zudem ist er Gesellschafter des Fußballvereins Hannover 96. „Zum Glück sind die Fans von Hannover und dem HSV nicht verfeindet“, sagt er.