Hamburg. Leitindex erstmals oberhalb von 12.000 Punkten. Geeignet seien in der aktuellen Lage laut Experten Fonds mit Wertsicherungskonzepten.

Gerade vier Wochen ist es her, dass der Deutsche Aktienindex (DAX) erstmals die Marke von 11.000 Punkten überschritt. Seitdem ging es mit dem Börsenbarometer fast wie mit dem Lineal gezogen weiter aufwärts – und am Montag kletterte der Index scheinbar völlig mühelos über die 12.000-Punkte-Linie. Seit Jahresbeginn hat der DAX um knapp 23 Prozent zugelegt. Auf der anderen Seite sind die Zinsen auf festverzinsliche Geldanlagen weiter gesunken. Angesichts dieser Entwicklung fragen sich viele Anleger und Sparer, ob sie auf diesem Kursniveau noch Aktien kaufen sollten. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu der steilen Aufwärtsbewegung an der Börse:

Was steht hinter der Hausse am deutschen Aktienmarkt?

Der wesentliche Akteur ist nach Auffassung aller Beobachter die Europäische Zentralbank (EZB): Gegen Ende November hatte deren Präsident Mario Draghi eine weitere Lockerung der Geldpolitik mittels eines Anleihekaufprogramms in Aussicht gestellt. In der zurückliegenden Woche hat es begonnen: Bis September 2016 kauft die Notenbank vor allem Staatsanleihen im Gesamtvolumen von gut 1,1 Billionen Euro. „Dadurch gelangt sehr viel Liquidität in den Markt“, sagt Haspa-Analyst Christian Hamann. „Zudem sind die Renditen von Bundesanleihen dramatisch gesunken.“ So rutschte die Rendite zehnjähriger Papiere, die im November noch bei 0,7 Prozent lag, erstmals auf weniger als 0,2 Prozent.

Darüber hinaus profitieren ganz besonders die deutschen Unternehmen von der starken Abwertung des Euro, wie Matthias Thiel, Volkswirt bei M.M. Warburg&CO, erklärt. „Hinzu kommt, dass der extrem niedrige Ölpreis die Verbraucher entlastet“, so Thiel. Insgesamt seien europäische Konjunkturdaten in der jüngsten Zeit deutlich besser ausgefallen als zuvor.

Sollten Privatanleger jetzt noch in den Aktienmarkt einsteigen?

„Für Anleger, die bisher noch nicht am Aktienmarkt investiert sind, ist es auch jetzt nicht zu spät“, glaubt Hamann. Wichtig sei aber, dabei auf eine breite Streuung zu achten. Geeignet seien in der aktuellen Lage Fonds mit Wertsicherungskonzepten. Der Aufschwung kann sich nach Einschätzung des Has­pa-Experten durchaus fortsetzen – auf Basis der Erfahrungen aus früheren „Übertreibungsphasen“ seien 13.000 DAX-Punkte möglich. Nach Auffassung von Thiel gibt es gute Gründe, die für weitere Kurssteigerungen sprechen: „Die Unternehmensgewinne dürften sich verbessern, und auch bei der Bewertung hat der DAX noch Luft nach oben, wenn man die Situation etwa mit dem US-Markt vergleicht.“ Besonders aussichtsreich seien Aktien exportstarker Firmen. Von Versorger- und Bankentiteln rät Hamann hingegen ab.

Wie groß ist jetzt die Gefahr von Kursrückschlägen?

„Der DAX liegt jetzt um gut 20 Prozent oberhalb der 200-Tage-Linie und ist damit schon etwas heißgelaufen“, sagt Hamann. Dies müsse aber nicht bedeuten, dass ein Abrutschen bevorsteht: „Der Markt kann auch durch eine Seitwärtsbewegung abkühlen.“ Thiel ist überzeugt, dass Investoren einen Rücksetzer um fünf oder sechs Prozent, der „jederzeit drin“ sei, zum Einstieg nutzen würden.

Wer profitiert von den starkenGewinnen am Aktienmarkt?

Dies sind nach der Beobachtung von Hamann in erster Linie ausländische Großanleger, etwa Pensionsfonds aus den USA. An Privatpersonen in Deutschland gehe der Kursaufschwung dagegen weitgehend vorbei. Im vergangenen Jahr ist der Anteil der Bundesbürger, die über Fonds oder direkt Aktien halten, nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts von 13,8 Prozent auf 13,1 Prozent gesunken, wobei die Region Hamburg/Schleswig-Holstein mit 13,8 Prozent etwas oberhalb des bundesweiten Durchschnitts rangiert. Nach Einschätzung von Thiel wird das Interesse am Aktienmarkt aber zunehmen, weil die Niedrigzinsphase in den nächsten Jahren noch anhalten werde. Privatpersonen würden dann quasi in den Aktienmarkt gedrängt.

Welche Hamburger Titel haben sich auffällig entwickelt?

Mit einem Plus von knapp 18 Prozent seit Jahresbeginn ist der HASPAX etwas hinter dem DAX zurückgeblieben. Unter den Hamburger Aktien haben zwei Fondshaustitel besonders kräftig zugelegt: Die Papiere von Lloyd Fonds sind um gut 120 Prozent geklettert, die des Wettbewerbers MPC Capital um 105 Prozent. Beide profitierten von aufgehellten Perspektiven in der Schifffahrt. Anteilsscheine des Karrierenetzwerks Xing verteuerten sich angesichts eines starken Wachstums der Mitgliederzahl um rund 70 Prozent. Dagegen gaben Papiere des Weinhändlers Hawesko trotz eines Übernahmekampfs um 13 Prozent nach.