Gesetz über Abstimmung „von oben“ durch Politik sei „undemokratisch“ und „intransparent“. Opposition schlägt „Lex Olympia“ vor.
Hamburg. Die Olympia-Gegner kritisieren das vom rot-grünen Senat geplante Referendum zur Ausrichtung der Spiele in Hamburg. Die Pläne des Senats seien „zutiefst undemokratisch und intransparent“. Mit dem Referendum sollen nach Ansicht der Kritiker die Bürger „mundtot“ gemacht werden. Für November plant die Regierung eine Abstimmung darüber, ob die Stadt sich für Olympia 2024 bewerben soll.
Bisher gibt es in der Verfassung der Stadt keine Regelung über eine von Senat oder Bürgerschaft initiierte Volksabstimmung. Rot-Grün will ein generelles Referendum in die Verfassung schreiben. Der erste Fall wäre dann die Befragung der Bürger „von oben“ – sie stimmen für oder gegen die Spiele 2024 in Hamburg. Das Votum soll dann verbindlich sein, und damit auch per Gesetz ausschließen, dass sich nach einem Referendum durch den Senat noch eine Volksinitiative gegen die Spiele in Hamburg formiert.
Olympia-Gegner wie Florian Kasiske kritisieren das: „Wir dürfen einmal als Stimmvieh über Olympia abstimmen und sollen danach brav alle bitteren Pillen schlucken, die uns das Internationale Olympische Komitee und die Olympia-Sponsoren verabreichen“, heißt es in einer Erklärung der Gegner. Am vergangenen Freitag trafen sich die Kritiker zu ihrem zweiten großen Treffen in Altona. Journalisten waren nicht zugelassen.
410 Stimmen für Hamburgs Olympia-Bewerbung
CDU und FDP schlagen einen anderen Weg ein: Sie fordern eine Lex Olympia, ein einmaliges Referendum nur über die Frage, ob sich Hamburg für die Spiele bewerben soll. Bürgerbewegungen wie der Verein Mehr Demokratie wollen dagegen ebenfalls ein Referendum einführen, allerdings nicht als Befragung der Wähler durch den Senat, sondern als Volksinitiative „von unten“. Der Verein geht in einem Gesetzesentwurf sogar noch weiter: Die Bürger sollen generell per Referendum abstimmen, wenn die Bürgerschaft eine Änderung der Verfassung plant – also auch im Fall einer Abstimmung über Olympia.
Der Senat von SPD und Grünen sieht angesichts der weitreichenden Forderungen über eine Mitbestimmung der Bürger die Handlungsfähigkeit der Regierung bedroht. Zudem fürchtet die Koalition, dass eine einmalige Abstimmung über Olympia die Chancen für eine parallele Volksinitiative über die Spiele erhöhen würde. Rot-Grün will deshalb das Referendum in der Verfassung für bindend erklären – und weitere Volksabstimmungen per Gesetz ausschließen.
Im Januar 2016 muss Deutschland beim IOC die Bewerbung für die Spiele 2024 einreichen. Bis dahin muss Hamburg über die Ausrichtung von Olympia entschieden haben. Die Zeit für die Regierung von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) drängt, eine Verfassungsänderung im „Hauruck-Verfahren“ ist nun die Folge. Entscheidend für eine Abstimmung ist, dass die Bürger über die Höhe der Kosten informiert sind und erfahren, wie sich Olympia auf die Entwicklung der Stadt auswirkt. Bisher gibt es keine Angaben über die Kosten für die Spiele.
Alster: Grandioses Olympia-Spektakel
Sicher ist, dass die Ausrichtung von Olympia mehrere Milliarden Euro kosten wird, allein die Bewerbung wird auf 50 Millionen Euro geschätzt. Gleichzeitig setzt die Stadt auf Einnahmen durch Eintrittsgelder, Sponsoren und einen Schub für Wirtschaft, Tourismus und Infrastruktur in der Stadt. Die Finanzierung der Ausrichtung teilen sich Stadt, der Bund und das IOC. Wer welchen Anteil trägt, ist ebenfalls noch nicht klar. Hamburgs Regierung will bis zum Herbst und noch vor einem möglichen Referendum trotz des frühen Planungsstands einen groben Korridor über die Kosten angeben.
Olympia-Kritiker weisen auf stark gestiegene Kosten für die Ausrichterstädte der vergangenen Sommerspiele hin – in allen Fällen überstiegen die Budgets laut einer Studie der Oxford Universität die ursprünglichen Pläne deutlich. Zudem warnen Kritiker vor steigenden Mieten und weitere Privatisierungen von öffentlichen Grundstücken. (HA)