Mitte. Experten fordern von der Politik mehr Durchsetzungskraft bei modernen Mobilitätskonzepten. In den Stadtteilen fehlen oft die Räume.

Stadtentwicklungsexperten haben von der Politik mehr Konsequenz bei der Umsetzung moderner Mobilitätskonzepte gefordert. „Wir brauchen staatliche Rahmenbedingungen“, sagte Prof. Stephan Rammler vom Institut for Transportation Design Braunschweig am Donnerstag auf einer Fachkonferenz. „Wenn ich beispielsweise den Radverkehr fördern will, muss ich dem Automobil Verkehrsraum wegnehmen.“ Den Verkehr allein dem Markt zu überlassen, werde auf Dauer nicht funktionieren. Viele Menschen ärgerten sich zwar über zugeparkte Straßen und seien über zunehmende Staus genervt, sagte Rammler weiter. „Ich bin aber skeptisch, dass die Menschen unter marktwirtschaftlichen Bedingungen ihr Verhalten wirklich ändern.“ Der Politik machte er Hoffnung. „Auf kommunaler Ebene lassen sich damit Wahlen gewinnen, und auf Ebene des Bundes wird man sie nicht verlieren.“

Die steg Hamburg und die Argus Stadt- und Verkehrsplanung hatten zu der Konferenz eingeladen, um mit Stadtentwicklern, Unternehmern und Wissenschaftlern über das Thema „Mobilität im Quartier“ zu diskutieren.

Argus-Geschäftsführer Konrad Rothfuchs verwies darauf, dass es mit Stadtrad, Carsharing und Paketstationen bereits eine Reihe „weiterführender Mobilitätsangebote“ gebe. „Dieser Blumenstrauß muss jetzt zusammengebunden werden.“ Paketdienste könnten vermehrt vorhandene Geschäfte, Cafés oder Kioske für die Lieferung nutzen. Mietstationen für Fahrräder oder Sackkarren könnten bei Lebensmittelgeschäften angedockt werden.

Untersuchungen hätten ergeben, dass 50 Prozent der Wege, die Menschen in einer Großstadt unternähmen, kürzer als drei Kilometer seien, sagte Rothfuchs. 70 Prozent der Wege fingen daheim an oder endeten da. Deshalb müssten die Quartiere in den Fokus genommen werden, wenn man über Mobilität nachdenke.

Carola Adel von der Wirtschaftsbehörde verwies darauf, dass in verdichteten Stadtteilen der öffentliche Raum begrenzt und es beispielsweise schwierig sei, ausreichend Flächen für Carsharing-Fahrzeuge zu reservieren. Zudem gebe es bereits eine Vielzahl von Anbietern, die vom Staat gleich behandelt werden müssten. Allerdings solle es Ende kommenden Jahres hamburgweit 600 Ladestationen für Elektrofahrzeuge geben, hieß es.

Torsten Sevecke, Bezirksamtsleiter von Eimsbüttel, verwies auf die Hürden, „kluge Gedanken“ umzusetzen. So habe es eine große gesellschaftliche Akzeptanz gegeben, unweit der U-Bahn- und Busstation Schlump einen sogenannten Switchpoint mit Leihfahrrädern und Carsharing einzurichten. Am Ende „war dieser Switchpoint jedoch in einem langen politischen Prozess nicht umsetzbar“, sagte Sevecke. Das sei eine „zutiefst frustrierende Erfahrung“ gewesen.