Hamburg. Erste Schiffe mit Ladekapazitäten von mehr als 20.000 Containern sind bestellt. Für Häfen wird es noch enger. Besonders für Hamburg.

Ein Größenrekord nach dem anderen wird in der Containerschifffahrt gebrochen, nun auch dieser: Anfang März bestellte die japanische Reederei MOL bei Werften in Südkorea und Japan insgesamt sechs Schiffe mit 20.000 TEU (Standardcontainer) Kapazität. Es war die erste Bestellung überhaupt in dieser Dimension. Die französische Reederei CMA CGM legte in der Osterwoche nach und gab die Bestellung von drei Schiffen in Südkorea mit je 20.600 TEU Kapazität bekannt. Auch diese Frachter sollen, wie jene von MOL, im Jahr 2017 abgeliefert werden. Weitere derartige Bestellungen erwartet die Branche für dieses Jahr.

Wie weit geht der Größenwettlauf in der Containerschifffahrt? Alle Prognosen über ein Ende erwiesen sich in den vergangenen Jahren als falsch, egal, ob die Marke von 16.000, 18.000 oder 19.000 TEU geknackt wurde. „Der limitierende Faktor ist auch bei den heute größten Schiffen nicht die Hy­drodynamik oder deren eigene Kons­truktion, es ist vor allem die Infra- und Suprastruktur der Häfen“, sagt Hans-Uwe Schnoor, Schiffbauingenieur an der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA). Vor Jahren schon testete die HSVA in ihren Schlepptanks in Barmbek im Auftrag einer südkoreanischen Werft ein Modell eines Containerschiffes mit 22.000 TEU. Und selbst das gilt manchen längst nicht als Endgröße. Annähernd 30.000 TEU je Schiff halte er für möglich, sagt Thomas Knudsen, Chef der Zweitaktdieselsparte beim führenden Schiffsmotorenhersteller MAN Diesel & Turbo.

Die heute größten Containerschiffe sind nach den äußeren Abmessungen die „CSCL Globe“ und deren Schwesterschiffe der chinesischen Reederei China Shipping, mit jeweils 400 Metern Länge und rund 59 Metern Breite. Wie groß ein 22.000-TEU-Schiff sein würde, wisse man noch nicht, sagt Schiffbauingenieur Schnoor: „Eine um zehn Prozent höhere TEU-Kapazität könnte entweder in rund zehn Prozent mehr Schiffsbreite realisiert werden, in einer Steigerung von zum Beispiel 59 auf rund 65 Metern, oder durch eine Verlängerung und zugleich eine Verbreiterung auf 62 Meter“, sagt er. „Wenn man bei Containerschiffen in die Länge geht, fügt man eine oder mehrere Reihen hinzu. Eine solche Reihe ergibt 14 Meter zusätzliche Länge.“ Für viele Häfen werden die großen Schiffe zu einem wachsenden Problem. Megafrachter benötigen besonders große Sicherheitsvorkehrungen, etwa bei den Schleppern, und sie sorgen für die Bewegung mehrerer Tausend Container in kürzester Zeit. Ein einziges großes Seeschiff schlägt an einem Hafenterminal innerhalb von 48 Stunden bis zu 8000 Boxen um. Für deren Transport werden zwölf Zubringerschiffe benötigt, 60 Containerzüge und 3000 Lastwagen. Vor allem auf den Straßenanbindungen der Häfen steigt so die kurzfristige Belastung.

Die Reedereien setzen trotzdem auf immer größere Schiffe, um konkurrenzfähig zu bleiben. „Der Markt verlangt nach großen, kraftstoffsparenden Schiffen, um die Kosten je transportiertem Container nachhaltig auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken“, sagt Ignace Van Meenen, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Reederei Rickmers Gruppe. Der harte Wettbewerb in der Schifffahrt zwingt die Häfen, ihre Infrastruktur und die Containerterminals an die Größenentwicklung ständig anzupassen.

Die Hamburger Hafenwirtschaft wirbt unisono damit, dass sie auch die heutzutage größten Containerschiffe wettbewerbsfähig abfertigen kann. Hamburg sei „Megaschiff-ready“, sagt Jens Meier, Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), zur steigenden Zahl von Großschiffen, die den Hafen der Hansestadt anlaufen. Die Containerbrücken der HHLA am Burchardkai können 24 Containerreihen in der Breite eines Schiffes überspannen, die von Eurogate in Hamburg und Bremerhaven 23 und jene von Eurogate in Wilhelmshaven 25. Mit 23 Reihen Spannbreite lässt sich wohl auch noch ein Schiff mit 20.600 TEU Kapazität abfertigen, denn zusätzlichen Stauraum holen die Werften auch aus der Höhe der an Deck gestapelten Container heraus.

Hamburgs Hauptproblem sind derzeit gleichwohl die Schiffsbreiten. Ohne die geplante Elbvertiefung, die zugleich auch eine Verbreiterung der Fahrrinne vor allem zwischen Wedel und Wittenbergen umfassen soll, würde es für die Schifffahrt auf dem Weg von und nach Hamburg sehr eng werden. Die Hafenwirtschaft hofft darauf, dass der Europäische Gerichtshof in Luxemburg und das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den Weg für das Großprojekt in diesem Jahr endlich frei machen. Kurz vor Hamburg dürfen zwei Schiffe mit einer addierten Breite von mehr als 90 Metern derzeit aus Sicherheitsgründen einander nicht passieren. Schon 2014 kamen 182 Schiffe mit kritischer Breite von rund 50 und mehr Metern nach Hamburg. Und deren Anzahl steigt schnell. „Die heutzutage größten Containerschiffe mit 400 Metern Länge und fast 60 Metern Breite werden in den kommenden fünf Jahren die Standardschiffe auf den Fernost-Europa-Linien werden“, sagt ein norddeutscher Terminalmanager, der nicht namentlich genannt werden will. „Eine Reederei, die bei diesen Schiffsgrößen nicht mehr mithalten kann, fliegt aus den Fernostverkehren heraus.“ Und das, sagt der Manager, gelte vermutlich auch für manchen Hafen.