Hamburg. Die Grünen wollen Containertransporte im Hamburger Hafen vermehrt auf Binnenschiffe verlagern, um den Verkehr zu entlasten.
Engpässe und Staus gehören zum Hamburger Hafen mittlerweile so fest dazu wie der Hafengeburtstag. Vor allem auf der Straße, beim Transport von Containern, ist im alltäglichen Betrieb viel Geduld und Improvisationstalent gefragt. Immer wieder in den vergangenen Jahren wurde deshalb in der Hafenwirtschaft darüber debattiert, mehr Innerhafentransporte von der Straße auf Bargen und Schuten zu verlagern. Erfolge gab es dabei kaum. Die Grünen haben das Thema in den laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD nun wieder angeschoben. Man wolle Impulse für mehr Gütertransfers mit Wasserfahrzeugen setzen, um die Umweltbilanz des Hafens zu verbessern, erfuhr das Abendblatt aus den Verhandlungen. Details zur Umsetzung gibt es aber noch nicht.
Das Thema der Wassertaxis im Hafen ist konfliktträchtig. Hamburgs Hafenwirtschaft ist konservativ, Veränderungen brauchen Zeit. In der Ära der Stückgutfrachter hielten Hunderte Ewer, kleine Wasserfahrzeuge, die Güterströme im Hafen mit in Bewegung. Mit dem Aufkommen des Containers seit Ende der 1960er-Jahre verlagerte sich der Innerhafentransport immer stärker auf den Lastwagen. Auch die Zubringerschiffe für den Nord- und Ostseeraum – die so genannten Feeder – sind Teil der Hafenlogistik, sie holen sich ihre Container an den verschiedenen Terminals selbst ab.
Klassische Binnentransfers im Hafen mit Schuten bieten heutzutage vor allem die Eckelmann-Gruppe sowie die Unternehmen Walter Lauk und Deutsche Binnenreederei an. Das Potenzial für mehr Wassertaxis, heißt es aus der Hafenwirtschaft, sei groß. Der Widerstand dagegen ist es offenbar aber auch: „Man hinterlässt schnell verbrannte Erde, wenn man sich zu stark für diesen Verkehrsträger engagiert“, sagt ein Hamburger Hafenmanager. „Die Containerterminals erheben hohe Handlingzuschläge für wasserseitige Zubringerdienste, die deren Kunden oft nicht akzeptieren. Damit schadet sich der Hamburger Hafen letztlich selbst.“
Der in Bremen lehrende Hamburger Logistikprofessor Ulrich Malchow, 51, entwickelte vor Jahren das Konzept der Port Feeder Barge. Der selbstladende Leichter mit eigenem Antrieb und 170 Containereinheiten (TEU) Kapazität soll im Hafen Container zwischen den Terminals bewegen. Realisiert wurde die Idee bislang nicht. „Die Port Feeder Barge bietet maximale Flexibilität. Sie lässt sich an jedem Hamburger Terminal einsetzen. Man kann damit an Dalben auch Binnenschiffe be- und entladen“, sagt Malchow. „Auch zum Leichtern havarierter Großschiffe wäre das Fahrzeug geeignet.“ Aus Malchows Sicht scheitert der Einsatz der Barge vor allem an der HHLA, die mit drei von vier Terminals rund zwei Drittel des Hamburger Containerumschlags bewältigt. „Ohne eine Einbeziehung der HHLA-Terminals funktioniert die Port Feeder Barge in Hamburg nicht.“
Die HHLA hält dagegen: „Wir verhindern nichts. Nur sind wir der falsche Adressat“, sagt HHLA-Vorstand Stefan Behn. „Sobald ein Kunde uns anspricht und sagt, er möchte den Weitertransport der Container per Port Feeder Barge organisiert haben, werden wir uns selbstverständlich damit auseinandersetzen. Bisher hat aber kein Kunde diesen Wunsch geäußert.“
Binnenschiffe für Innerhafenverkehre passen offenbar nicht in die Kostenstruktur der HHLA – und auch nicht in die des Konkurrenten Eurogate. Gemäß einer sehr strikten Dienstanweisung aus jüngerer Zeit an die Hamburger HHLA-Terminals Altenwerder, Tollerort und Burchardkai für Umfuhren innerhalb des Hafens heißt es: „Standardcontainer werden nur per Lkw umgefahren.“ Ausnahmen für den Transport per Schute würden nur für „nicht straßenfähige Container“ und solche mit Übermaßen – so genannte OOG-Flats – gemacht. Dieses Vorgehen mit Blick auf bestimmte Hafenkunden sei mit Eurogate besprochen.
„Grundsätzlich basiert der Containerumschlag an unseren Terminals auf einem sehr effizienten, auf Massenbetrieb ausgerichteten System, mit dem wir den Transport zwischen Schiff und Lager mit Containerbrücken und Van Carriern organisieren“, sagt Stefan Behn. „Es wäre operativ schon eine große Herausforderung, den Betrieb einer Port Feeder Barge einzuspeisen.“
Das System der wasserseitigen Umfuhren ist in Hamburg ebenso unterentwickelt wie der Transport von Containern ins Hinterland per Binnenschiff. Nur rund zwei Prozent der Containerverkehre in den Hafen hinein und aus ihm heraus werden mit Binnenschiffen abgewickelt, rund 60 Prozent mit Lkw, der Rest per Bahn. Ein Grund dafür ist die komplizierte Situation an der Oberelbe, die über weite Strecken flach und naturbelassen ist und damit nur bedingt geeignet für Frachtschiffe. Aber auch das marode und mittlerweile viel zu kleine Schiffshebewerk Scharnebeck bei Lüneburg am Elbe-Seitenkanal wirkt als Engpass für die Binnenschifffahrt. Der Bund ist für dessen Sanierung zuständig, räumt dem Projekt aber keine Priorität ein.
So ringt Hamburgs Hafenwirtschaft vor allem an der Landseite um mehr Effizienz innerhalb des Hafens angesichts deutlich wachsender Containerzahlen. Die HHLA arbeitet seit Jahren mit dem Programm „Fuhre 2.0“ an einer verbesserten Lkw-Abfertigung auf ihren Containerterminals. Der gesamte Innerhafenverkehr profitiert zudem von der Abschaffung der Freihafenzone und ihrer Zollstationen Ende 2012. Wasserseitig aber geschieht wenig: „Hamburgs Hafen“, sagt der bereits zitierte Manager, „liegt in dieser Hinsicht im Dornröschenschlaf.“