Hamburg . 240.000 Cordhosen aus Asien spielten bei der Namensgebung des Modekonzerns eine entscheidende Rolle. Gründer geht mit 73 noch in Firma.

Uwe Schröder lehnt in einem Sessel, und man bemerkt gleich, dass ihm das Sitzen nicht liegt. Schröder ist einer, der vorangeht. Einer, der seine Füße schlecht stillhalten kann. Gerne springt er auf und holt Kaffee. Gerne schnellt er hoch, um Kollegen zu grüßen: „Hallo, wie geht es dir?“ Schröder, der die Modemarke Tom Tailor aufgebaut und groß gemacht hat, lässt sich von den 470 Mitarbeitern, die in der Tom Tailer-Zentrale in Niendorf arbeiten, duzen. Jedes Jahr vor Weihnachten geht er von Büro zu Büro und spricht mit jedem. „Nach drei Tagen bin ich heiser, aber weiser“, sagt Schröder, das „Fossil“ der Firma, wie er sich selbst bezeichnet.

Der 73-Jährige führt zwar nicht mehr die Geschäfte des Fashion-Konzerns, doch er geht noch täglich ins Büro und gibt als Vorsitzender des Aufsichtsrates hin und wieder Ratschläge. „Muss niemand drauf hören, ich sage nur meine Meinung.“ Doch wenn es Stress gibt in Asien, dann schicken sie ihn gerne noch mal gen Osten, denn keiner kennt den Markt und die Leute dort so wie Schröder. Getrunken habe er damals mit den Chinesen, bis sie ihn endlich als Freund ansahen. Warum das nötig war? Weil das Modebusiness vor 40 Jahren komplett anders funktionierte als heute, weil da Einkäufer aus Europa ausgelacht wurden, wenn sie irgendwelche Wünsche formulierten oder gar Bestellungen in Auftrag geben wollten. „No have!“ lautete die meistgeäußerte Antwort auf fast jede Anfrage. Man musste nehmen, was da war, und das war nicht viel.

Einmal gab es 240.000 Cordhosen, lieferbar in zehn verschiedenen Farben. Schröder nahm alle und brachte sie nach Deutschland. „Guck mal, die Hose heißt Tom“, sagt er zu Hans-Heinrich Pünjer, mit dem er sich einen Schreibtisch teilte. 1962 hatten die beiden das gute Stück für 40 Mark aus dem Pfandleihaus geholt. „Wenn die Hose Tom heißt und wir so etwas wie Schneider sind, sollten wir unser Unternehmen Tom Tailor nennen“, schlug Schröder von der einen Seite des Schreibtisches vor, und von der anderen kam als Antwort: „Gute Idee.“

35 Jahre lang teilten sich die beiden Geschäftspartner diesen Schreibtisch. „Das war besser als jede Ehe“, sagt Schröder, der noch heute gut mit Pünjer befreundet ist. „Man braucht ein paar Verrückte,“ sagt Schröder. Zum Helikopter-Skiing in Kanada. Zum Motorradfahren auf Ibiza. Zur wochenlangen Wüstentour. Oder zum Strandsegeln in Sankt Peter. Uwe Schröder ist mehrfacher Europameister in dieser Disziplin.

Die größte Leidenschaft Schröders ist jedoch Polo spielen. Polo gilt als schnellster Mannschaftssport der Welt und außerdem als einer der gefährlichsten. Schröder fasst sich an die Stirn, da hat ihn vor kurzem ein Schläger getroffen, es tut noch weh, aber Schröder lacht. An seinem Handgelenk trägt er ein Armband mit Totenkopf. Sein Jochbein, seine Zähne, sein Nasenbein – sie mussten alle schon dran glauben beim Polo. „Aber für die vielen Brüche sieht meine Nase doch noch ganz okay aus, oder?“ Schröder spielt ohne Visier, seinen beiden Töchtern Naomi und Tahnee – beide ebenfalls ausgezeichnete Polospielerinnen ­– gestattet er das allerdings nicht. Die hätten zu hübsche Gesichter, die sollten sie möglichst behalten. Das Antlitz der 23-jährige Naomi kennt die Gesellschaft spätestens seit dem letzten Debütantinnenball in Paris, zu dem die Hamburgerin eingeladen war. Eine große Ehre, denn die 20 Plätze sind beim Jetset extrem begehrt. Viele reiche Mütter bemühen sich, ihre Töchter beim Ball der Bälle unterzubringen, doch bewerben kann man sich nicht. Man wird berufen von Ballchefin Ophélie Renouard, die Uwe Schröders Tochter aufgrund ihres großen Polo-Talents auswählte. Eine unfassbare Pariser Veranstaltung sei das gewesen, erzählt Schröder. „Eigentlich bin ich nicht so der Typ für Bälle, aber das fand ich spektakulär.“ Stolz war der Vater natürlich auch, als seine hübsche Tochter an der Seite „irgendeines Prinzen“ durch den Saal geführt wurde. Und im Hintergrund glitzerte der Eiffelturm.

Schröder kennt die Welt. Zweieinhalb Jahre seines Lebens verbrachte der Unternehmer bislang im Flugzeug, er hat es mal ausgerechnet. „Wenn man als Vater ein Geschäft aufbaut, dann ist man viel weg“, gibt Schröder zu. Zu viel vielleicht, seine erste Ehe scheiterte, die zweite hält aber immerhin schon 25 Jahre. Ehefrau Judith lernte er auf Sylt im Pony kennen, sagt Schröder: „Da habe ich zu der Zeit ja quasi gelebt.“ Sowie in einigen Hamburger Lokalen. In den Achtzigern habe man noch feiern können in dieser Stadt; oder wie Schröder es nennt „über den Zapfen hauen.“ Damals sei der Chef häufig ein wenig zerknittert zur Arbeit erschienen, erzählt seine frühere Assistentin. Macht aber nichts, denn gearbeitet wurde trotzdem. Play hard, work hard.

Uwe Schröder springt auf. Elan müsste sein zweiter Vorname lauten. Es macht ihm Spaß zu erzählen, es macht ihm Spaß zu arbeiten, es macht ihm Spaß, Spaß zu verbreiten. Selten hat man ein so lustiges, so lebhaftes Fossil gesehen...