Hamburg. Vor drei Jahren regnete es noch durchs Dach, jetzt ist die nördliche Deichtorhalle für 17 Millionen Euro komplett saniert worden.

Diesen regnerischen Augusttag des Jahres 2012 wird Deichtorhallen-Direktor Dirk Luckow wohl nie vergessen: Mit sorgenvoller Miene führte er damals Kultursenatorin Barbara Kisseler und Finanzsenator ­Peter Tschentscher durch die Halle für aktuelle Kunst, wie die nördliche Deichtorhalle offiziell heißt. „Die historische Bausubstanz war durch fortschreitende Feuchtigkeit bedroht, die Wärmedämmung war unzureichend, die technische Ausstattung völlig unzureichend. Am eindrucksvollsten dürften aber die Eimer gewesen sein, die wir damals aufstellen mussten, um das Regenwasser aufzufangen“, erinnert sich Luckow. Vom desaströsen Zustand der Ausstellungshalle sichtlich beeindruckt, versprach der Finanzsenator damals schnelle Abhilfe. Nachdem bei einer Bestandsaufnahme der konkrete Bedarf ermittelt worden war, stellte er 16 Millionen Euro aus dem Sanierungsfonds der Hansestadt zur Verfügung. Später kamen für Beleuchtung und Wärmedämmung noch 1,05 Millionen Euro von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt dazu.

Wie dieses Geld investiert wurde, präsentierten Dirk Luckow und Deichtorhallen-Geschäftsführer Bert Antonius Kaufmann dem Abendblatt am Mittwoch bei einer ersten Begehung der eben fertiggestellten Halle. Auch wenn viele der in den letzten 16 Monaten erfolgten Sanierungsmaßnahmen für den Besucher nicht unmittelbar sichtbar sind, ist der Raumeindruck überwältigend. An der gewaltigen ­Deckenkonstruktion, die das 1911/13 errichtete Bauwerk überspannt, spenden Hunderte energieeffiziente LED-Leuchten ein zwar helles, aber dennoch atmosphärisches Licht. Spezialverglasungen sorgen dafür, dass trotz strenger Sonnen- und Klimaschutzanforderungen der angenehme Tageslichtcharakter gewahrt bleibt.

Picasso-Vorbereitungen laufen

Zurzeit sind Techniker damit beschäftigt, die Einbauten für die Eröffnungsausstellung „Picasso in der Kunst der Gegenwart“ zu errichten. Mit diesen flexiblen Elementen kann der riesige Raum entsprechend den jeweiligen Anforderungen völlig variabel gestaltet und gegliedert werden.

Für das architektonische Konzept, das den Raum einerseits für den modernen Ausstellungsbetrieb ertüchtigen, zugleich aber auch denkmalpflegerischen Vorgaben gerecht werden musste, zeichnet das Büro Architekten Sunder-Plassmann Kappeln/Berlin verantwortlich. Zuvor hatte die Firma bereits so bedeutende Kulturprojekte wie die Sanierung der Gemäldegalerie Alte Meister im Semperbau des Dresdner Zwingers, das Museum of Innocence in Istanbul und das Museum Kunst der Westküste auf der Insel Föhr realisiert.

Völlig neu und für künftige Besucher auch sofort sichtbar sind die Veränderungen an der Südwestachse, in der ein großzügiger Eingangsbereich mit Museumsshop, Café und mehreren Seminar- und Veranstaltungsräumen entstanden ist. Das bildkünstlerische Konzept für das Café, das etwa 40 Plätze haben wird, realisiert zurzeit der Hamburger Maler Michael Bauch in dem für ihn charakteristischen expressiv-abstrakten Stil.

„Ich freue mich, dass es jetzt bald losgeht und dass wir wieder Ausstellungen machen können, die dem Profil und der Reputation dieses Hauses gerecht werden. Und dass wir damit endlich wieder Anschluss an den internationalen Ausstellungsbetrieb bekommen“, sagt Luckow und erwähnt Werke von Künstlern wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein, die ab 1. April in der Eröffnungsausstellung gezeigt werden, die aber unter den alten Bedingungen niemals ausleihfähig gewesen wären. Mit den jetzt geschaffenen baulichen Voraussetzungen seien internationale Kooperationen auf höchstem Niveau möglich, schwärmt Luckow, der das eine „riesige Bereicherung für das Hamburger Kunstpublikum“ nennt.

Neues Café samt Außengastronomie

Für die Besucher werde sich, erklärt der Kaufmännische Direktor Bert Antonius Kaufmann, zudem die Aufenthalts- und Angebotsqualität deutlich erhöhen, zum Beispiel durch den sehr viel großzügigeren Shop, aber auch durch das neue Café und die Außengastronomie. Mit der Umgestaltung des Deichtorplatzes und der Entwicklung der unmittelbar benachbarten östlichen HafenCity werde sich künftig die Besucherfrequenz des früher eher am Rand gelegenen Bereichs erheblich verstärken.

„Früher konnte man hinter den Deichtorhallen eigentlich nur noch in die Elbe spucken, doch das hat sich schon jetzt gründlich geändert. Hamburg blickt in den Süden, und durch unsere Kooperation mit der Sammlung Falckenberg in Harburg sind wir die einzige Institution, die den Sprung über die Elbe mit kulturellem Leben erfüllt“, sagt Luckow selbstbewusst, und bezeichnet die Deichtorhallen zugleich als Scharnier zwischen der City, der Kunstmeile und der HafenCity.

Wie die erneuerten Deichtorhallen diesem ehrgeizigen Ziel gerecht werden, wird sich schon bald erweisen. Spätestens in der letzten Märzwoche fallen die letzten Gerüste, und am 1. April empfängt die komplett erneuerte Halle für aktuelle Kunst ihre ersten Besucher.