Hamburg. Immer häufiger bleiben Gäste von Sternerestaurants fern, ohne ihre Reservierung zu stornieren . Eine Gebühr bis zu 85 Euro ist dafür nun fällig.

Maximilian Wilm, Chef des Sterne-Restaurants Seven Seas auf dem Süllberg, ärgert sich selten. Doch eine Sache kann er nicht nachvollziehen. Wenn Tische plötzlich leer bleiben, weil die Gäste, die für den betreffenden Tag gebucht haben, nicht erscheinen. „Wir haben in unserem Sterne-Restaurant nur zehn Tische. Hätten die Gäste frühzeitig abgesagt, könnten wir in einigen Fällen Gäste auf unserer Warteliste anrufen und den Tisch doch noch vergeben“, sagt er.

Das Restaurant am Süllberg ist kein Einzelfall. „Wir hatten schon Monate, in denen wir zehn bis zwölf Tische nicht besetzen konnten, weil Gäste zwar gebucht haben, aber nicht erschienen sind“, sagt auch Zwei-Sterne-Koch Christoph Rüffer vom Haerlin im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten. „Auch unser beliebtester Fünfer-Tisch am Fenster, blieb an einem Abend leer, weil die Gäste ihre Reservierung nicht einmal abgesagt haben“, erzählt der Spitzenkoch. „Unsere Branche kann die Tische in der Regel nicht an Laufkundschaft vergeben. Und das bedeutet für uns Umsatzeinbußen. Wer ins Theater gehen möchte, muss sich zuvor auch eine Karte kaufen“, verteidigt Rüffer die neue Praxis.

Seit Januar erheben deshalb Restaurants wie das Haerlin und andere Sterne- oder Gourmet-Restaurants bei einer Reservierung 50 oder 85 Euro Gebühr, wenn ein angemeldeter Gast nicht kommt. Wenn er tatsächlich eintrifft, dann wird der Betrag mit dem Essen verrechnet. Auch das Seven Seas und das Louis C. Jacob überlegen, sich an der Aktion zu beteiligen. „Das teilen wir dem Gast auf der Reservierungsbestätigung mit,“ sagen Wilm und Rüffer. Angesichts der Kosten für ein Sterne-Menü ist der Betrag sogar niedrig, da laut Wilm ein Gast bei Seven Seas in der Regel 200 Euro am Abend ausgibt. „Wir wollen mit dieser Initiative einen Teil unserer Kosten für nicht verzehrtes Essen decken“, sagt Rüffer. Denn die Mahlzeiten mit bester Qualität, die in „Sterne-Tempeln“ angeboten werden, können – selbst wenn sie noch nicht zubereitet wurden – am nächsten Tag meistens nicht mehr verbraucht werden. „Saucen können wir zwar noch verwenden, aber nicht frischer Fisch oder Tatar, der vom Vortag stammt.“

Auch andere bekannte Lokale interessieren sich bereits für die Initiative. Zum Beispiel Jellyfish in der Weiden­allee. „Wir waren auch bei dem Treffen der Sterneköche im vergangenen November. Allerdings haben wir uns für eine andere Variante entschieden“, sagt Hauke Neubecker, der mit seinem Geschäftspartner Jens Paulsen das Fischrestaurant betreibt. Mit dem amerikanischen Onlineportal Open Table hat Jellyfish ein System entwickelt, bei dem der Gast mit der Reservierung auch seine Kreditkarten-Details eingeben muss. Die Daten landen in einem virtuellen Safe und werden nach sieben Tagen automatisch gelöscht. Das entspricht den Vorgaben des Datenschutzes, so Neubecker. „Wenn der Gast am betreffenden Datum seine Buchung nicht wahrnimmt, können wir das Geld, in unserem Fall 50 Euro pro nicht erschienenem Gast, von der Kreditkarte abbuchen.“

Hamburgs Sterne-Köche und Sterne-Restaurants

Schon oft hat Neubecker erlebt, dass Gäste in drei bis vier Restaurants buchen und sich erst am Abend entscheiden, wohin sie gehen. Bei drei Buchungen in Restaurants bleiben somit mindestens zwei auf ihren Kosten sitzen, wenn sie keine Antrittsgebühr erhoben haben. Dass es solche Praktiken gibt, bestätigt auch Kathrin Beuslausen, Sprecherin vom Hotel East, der Clouds Heaven’s Bar & Kitchen und dem Coast in der HafenCity.

Ali Güngörmus, Sternekoch im Le Canard, möchte sich der Initiative anschließen
Ali Güngörmus, Sternekoch im Le Canard, möchte sich der Initiative anschließen © Pressebild.de/Bertold Fabricius

An Tagen wie Weihnachten, Ostern oder Karfreitag könnten wir unsere Tische fünfmal verkaufen, heißt es im Landhaus Scherrer. Wenn dann eine Reservierung platzt, ist dies nicht nur für das Restaurant bitter, sondern auch für andere Gäste, die den betreffenden Tisch gern reserviert hätten. Ali Güngörmüs vom Le Canard kennt das Dilemma zur Genüge. „Wir hatten kürzlich sogar eine Reservierung, bei der ein Mann uns bat, an dem betreffenden Abend einen üppigen Blumenstrauß für seine Frau zu organisieren. Dieser kostete rund 60 Euro, doch das Paar erschien nicht. Wir haben damit Zeit für den Blumenkauf verschwendet, sind auf 60 Euro sitzen geblieben und konnten den Tisch, der auf 20 Uhr bestellt war, nicht mehr vergeben“, sagt der Sternekoch. „Es kommt ja immer einmal etwas dazwischen. Uns würde es in diesem Fall reichen, wenn der Gast einige Stunden zuvor absagen würde.“ Güngörmüs war auch bei dem Treffen der Sterneköche und will sich der Initiative anschließen.

Die Sylter Köche haben es im Norden vorgemacht. Die vier Sterne-Restaurants auf der Insel verlangen 50 Euro je Gast, wenn er trotz Reservierung nicht kommt. Auf der Nordseeinsel funktioniert das System gut. Drei-Sternekoch Kevin Fehling vom Hotel Columbus in Travemünde verlangt ebenfalls eine Gebühr, wenn der Gast in seinem Restaurant mit 20 Plätzen nicht erscheint. Auch Rüffer im Vier Jahreszeiten hat seit Anfang Januar nur einen Gast erlebt, der wegen der Vorkasse Abstand von der Buchung nahm. „Einen Gast, der reservierte und nicht kam, hatten wir seither noch nicht“, sagt der Sternekoch zufrieden.