Einstimmig haben sich die Hamburger Grünen entschieden, mit Scholz über ein Bündnis zu sprechen. Bei Verkehr und Umwelt wolle man jedoch starke grüne Akzente setzen.
Hamburg. Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen in Hamburg steht nichts mehr im Weg. Eine Landesmitgliederversammlung der Grünen folgte am Mittwochabend einstimmig einem Antrag des Parteivorstands, das Angebot von Bürgermeister und SPD-Chef Olaf Scholz anzunehmen und über ein Regierungsbündnis zu sprechen.
Zudem bestimmte das Gremium eine zehnköpfige Verhandlungskommission. Der SPD-Vorstand hatte sich bereits am Dienstag einstimmig für Verhandlungen ausgesprochen und wollte noch diese Woche einen Fahrplan vereinbaren. Die neue Bürgerschaft konstituiert sich am 2. März. Der Senat bleibt danach bis zum Abschluss der Verhandlungen und der Wahl eines neuen Bürgermeisters geschäftsführend im Amt.
„Wir haben unsere Wahlziele erreicht“, sagte Parteichefin Katharina Fegebank. Die Grünen hätten ihr Wahlergebnis von 11,2 auf 12,3 Prozent verbessert, die absolute Mehrheit der SPD sei gebrochen. „Wir haben die Wahl gewonnen, also lasst uns an den Verhandlungstisch gehen“, appellierte Fegebank an die gut 200 anwesenden Grünen. „Die Hamburgerinnen und Hamburger wollen Rot-Grün, und diesem Wählerauftrag sollten wir nachkommen.“ Fraktionschef Jens Kerstan kündigte an, selbstbewusst in die Verhandlungen zu gehen und bei den Kernthemen der Grünen Akzente zu setzen.
Kontroversen in den Verhandlungen zeichnen sich in der Umwelt- und Verkehrspolitik ab. Die Grünen sind etwa gegen das 260 Millionen Euro teure Busbeschleunigungsprogramm, wollen stattdessen mehr Fahrradwege und eine Stadtbahn. Auch verlangten Parteimitglieder bei der Versammlung eine humanere Flüchtlingspolitik – während sich Unterstützer der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ mit Plakaten für ein Gruppenbleiberecht stark machten. Kritik gab es auch an den Olympia-Plänen des Senats. Anders als die SPD hegen etliche Grüne Zweifel an einer Bewerbung Hamburgs für die Spiele 2024 oder 2028.
Bürgermeister Scholz hatte bereits vor der Bürgerschaftswahl erklärt, dass er bei einem Verlust der absoluten SPD-Mehrheit zuerst mit den Grünen sprechen werde. Er hatte zuletzt sogar Verhandlungen ohne ein sonst übliches Vorgespräch angeboten: „Wir haben gesagt, wir fangen an und wollen nicht sondieren.“ Gleichzeitig warnte er die Grünen aber unter Hinweis auf das Wahlergebnis – 45,7 zu 12,3 Prozent – vor überzogenen Forderungen. „Es geht nicht um einen Umbau (...) sondern um einen Anbau.“
Auf dem Weg zu einer Koalition liegen politische Hindernisse. Die Grünen sind etwa gegen ein 260 Millionen Euro teures Busbeschleunigungsprogramm, wollen dafür deutlich mehr Fahrradwege und eine Stadtbahn durchsetzen. Eine humanere Flüchtlingspolitik und eine Veränderung im Umgang mit den „Lampedusa-Flüchtlingen“ fordern die Grünen ebenfalls.
Die Ausweisung von Gefahrengebieten mit Sonderrechten für die Polizei lehnen die Grünen ab. Innensenator Michael Neumann hat dieses Instrument der Polizeidirektion bislang nicht infrage gestellt. Ebenso zeigten die Grünen noch Zweifel in der Frage der Olympischen Spiele, die die SPD für 2024 oder 2028 nach Hamburg holen will. Ohne eine Volksbefragung und eine transparentere Ausführung des Senats zu den Kosten würde die Zustimmung der Grünen wackeln.
In Hamburg gab es bislang eine rot-grüne Koalition unter Bürgermeister Ortwin Runde (SPD). Doch die wurde im traditionell roten Hamburg 2001 nach vier Jahren abgewählt und durch ein Bündnis aus CDU, FDP und Schill-Partei ersetzt. Ein früherer rot-grüner Versuch scheiterte 1993 schon im Ansatz. Bürgermeister Hennig Voscherau (SPD) entschied sich letztlich für eine Koalition mit der damaligen Statt-Partei.