Bürgermeister holt für die SPD fast 46 Prozent. Aber er braucht einen Partner. Vieles deutet auf Rot-Grün. Die CDU erlebt ein historisches Debakel. Die FDP jubelt über Wiedereinzug in die Bürgerschaft. Auch AfD ist knapp drin
Hamburg. Olaf Scholz ist trotz leichter Verluste der SPD der klare Wahlsieger in Hamburg. Allerdings blieb ihm eine Wiederholung des Triumphs von 2011 verwehrt – die Partei ist künftig auf einen Koalitionspartner angewiesen. Ein Selbstgänger wird die von Scholz gewünschte rot-grüne Koalition aber nicht – die Grünen kündigten bereits „harte Verhandlungen“ an. Zusammen verfügen beide Parteien laut Hochrechnungen über 73 der 121 Sitze in der Bürgerschaft, in der erstmals seit dem Krieg sechs Fraktionen vertreten sein werden.
Ein historisches Debakel erlebte die CDU, die das mit Abstand schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte erzielt hat. 15,9 Prozent bedeuten einen Verlust von sechs Prozentpunkten im Vergleich zu 2011. Seit 2004 hat die Partei sogar zwei Drittel ihrer Wähler verloren. Bereits kurz nach 18Uhr wurde über eine Ablösung des Fraktionschefs Dietrich Wersich spekuliert. Freiwillig gehen wollte der sichtlich gezeichnete Spitzenkandidat zumindest am Wahlabend aber nicht. Er sagte, dass man in den kommenden Tagen über Personalfragen reden werde.
Enttäuschend war die Wahlbeteiligung, die mit 56,6 Prozent abermals leicht um 0.7 Punkte sank und auf einen neuerlichen Tiefststand fiel. Damit steht auch eine Reform des von vielen als zu kompliziert kritisierten Wahlrechts wieder auf der politischen Tagesordnung.
Der alte und neue Bürgermeister Scholz trat bereits kurz nach 18 Uhr vor die jubelnden Anhänger bei der Wahlparty in der „Fabrik“. „Wir haben verlässlich regiert und alle unsere Versprechungen gehalten. Hamburg bleibt eine sozialdemokratisch regierte Stadt“, rief er ihnen zu. Er sei „sehr berührt“ von dem Vertrauen und der Zuneigung, die ihm entgegengebracht würden.
Ähnlich euphorisch war die Stimmungslage bei der FDP, die den Wiedereinzug in die Bürgerschaft problemlos schaffte – noch zu Jahresbeginn hatte die Partei in den Umfragen bei zwei Prozent gelegen. Spitzenkandidatin Katja Suding gilt spätestens seit diesem Wahlabend auch als Hoffnungsträgerin für die Bundes-FDP. „Mit uns ist wieder zu rechnen“, sagte der Bundesvorsitzende Christian Lindner.
Erstmals in ein westdeutsches Parlament ist die AfD eingezogen. In der Bürgerschaft stellen die Rechtskonservativen aber nur die kleinste Fraktion. Einen Erfolg feierte die Linke, die gegenüber der vergangenen Wahl deutlich zulegte und eines der besten Ergebnisse der Partei in Westdeutschland erreicht hat.
Olaf Scholz zeigte sich am Wahlabend zuversichtlich, dass die Verhandlungen mit den Grünen erfolgreich sein werden. Die wollen aber nach ihren Stimmengewinnen selbstbewusst agieren. „Uns kommt es darauf an, dass es einen Kurswechsel hier in dieser Stadt gibt – gerade im Umwelt- und Energiebereich, aber auch in der Wissenschaftspolitik“, sagte Fraktionschef Jens Kerstan. „Wir Grüne sind eine inhaltlich orientierte Partei, und wenn wir unsere Inhalte nicht durchsetzen können, dann werden wir weiterhin Politik aus der Opposition machen.“
Wann die Verhandlungen beginnen, ist noch unklar. Und trotz seines Optimismus wollte Scholz andere Koalitionen nicht völlig ausschließen.