Twitter, Facebook und Co.: Welche Kandidaten sind vor der Wahl besonders aktiv? Und was sagen die Wähler? Laut einem Forschungsprojekt wollen viele Nutzer online gar nichts mit Politik zu tun haben.

Hamburg. Ole Thorben Buschhüter kann online. Sein Abstimmungsverhalten in der Bürgerschaft, Fotos für das Twitter-Profil, Weihnachtsgrüße auf der Webseite – wer wissen will, wie der Politiker arbeitet, wird im Internet schnell fündig. Bei „abgeordnetenwatch.de“ hat kein Hamburger Abgeordneter mehr Bürgerfragen beantwortet als der SPD-Mann. Ein Einzelfall ist Buschhüter allerdings nicht.

Seit Jahren müht sich die Politik um die richtige Ansprache im Web, gerade im Wahlkampf. Aber hat die digitale Wahlmaschinerie überhaupt Erfolg? Die Spitzenkandidaten für die Hamburger Bürgerschaftswahl am 15. Februar verfolgen unterschiedliche Strategien.

+++ Der Kandidatencheck für Mobil-Nutzer +++

Während Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) twittern lässt, ist CDU-Herausforderer Dietrich Wersich bei dem Kurznachrichtendienst nicht vertreten. Zum Trendthema in den sozialen Netzwerken schaffte es kürzlich FDP-Frontfrau Katja Suding – wenn auch nicht ganz freiwillig. Die „Tagesschau“ handelte sich mit einem Schwenk auf Sudings Beine Sexismus-Vorwürfe ein, ARD-Chefredakteur Kai Gniffke entschuldigte sich für die Aufnahme. Suding selbst reagiert gelassen:„Das passiert nicht zum ersten Mal, ich kann damit umgehen“, sagt sie. „Die Aufmerksamkeit in den sozialen Medien nutze ich gern, um unsere Botschaften rüberzubringen.“ Die Zahl ihrer Twitter-Follower und Facebook-Freunde stieg nach dem Vorfall spürbar.

Twitter-Königin ist Katharina Fegebank

Die Kandidatin mit den meisten Tweets ist aber Grünen-Landeschefin Katharina Fegebank. Sie gewährt auch schon mal Blicke hinter die Kulissen. „Die sozialen Medien sind zunehmend wichtiger geworden“, sagt Fegebank. „Als Partei haben wir da aber auch noch Luft nach oben.“ Und gerade im Wahlkampf sei die Zahl der persönlichen Anfragen für sie allein kaum noch zu bewältigen. Der SPD-Abgeordnete Buschhüter betont wie Fegebank, dass er alle digitalen Kanäle selbst bedient. Lediglich einzelne Textpassagen würden Mitarbeiter manchmal zuliefern. 83 Fragen hat der 39-jährige Abgeordnete seit 2011 via Abgeordnetenwatch bekommen, 83 Mal hat er geantwortet. Ein Höchstwert, CDU-Kandidat Wersich etwa kommt nur auf 10 Fragen und 9 Antworten.

Hier geht‘s zu den Profilen der Politiker auf abgeordnetenwatch

Trotzdem sagt Buschhüter: So wirklich viel sei das nun auch nicht. „Per E-Mail, Telefon oder gar Post erreichen mich weitaus mehr Bürgerfragen und Anliegen.“ Tatsächlich werden die Angebote, sich online mit Parteien und Kandidaten auseinanderzusetzen, skeptischer gesehen als viele Kampagnenleiter es sich wünschen. Das zeigt ein Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin während des Bundestagswahlkampfs 2013. Die Wahlkämpfer gehen demnach davon aus, dass die potenziellen Wähler den Dialog im Netz suchen. Doch genau das lehnen viele aus Angst vor Manipulation ab. Sie suchen unabhängigere Informationen etwa bei der Wahlhilfe „Wahl-O-Mat“. Für Grünen-Kandidat Maximilian Bierbaum stellt sich die Frage nach der Präsenz im Internet trotzdem nicht. „Ich trenne in meinem Alltag so gut wie gar nicht mehr zwischen On- und Offline“, sagt der

23-Jährige. „Ich bin sowieso die ganze Zeit online – da kann ich die Zeit auch nutzen, um im Internet für meine Positionen zu werben.“ Selbst mit Konkurrenten wie dem CDU-Kandidaten Carsten Ovens diskutiert er regelmäßig auf Twitter. Denn das Schöne sei ja, dass die Kommunikation im Netz keine Einbahnstraße ist, sagt Bierbaum. Eine Vorstellung, die häufig zu hören ist:Das Internet als demokratisches Medium, als Kontaktbörse zwischen Volk und Politik. Dabei zeigt die Studie:Viele Nutzer haben gar kein Interesse daran, sich im Internet politisch zu identifizieren. Bei Facebook Fan einer amerikanischen Fast-Food-Kette zu sein, sei weitaus unkomplizierter als sich mit einer Partei zu verbinden, sagen sowohl Wähler als auch Wahlkämpfer.