Die Hamburger Kunsthalle lädt am Sonnabend zum Olympia-Tag ein. Neben Fotos und Filmen gibt es Interessantes zur Verflechtung von Kunst und Sport. Unter bestimmten Bedingungen ist der Eintritt frei.
Altstadt. „Die Kunst war ja einmal sehr eng mit den Olympischen Spielen verbunden“, sagt Stefan Brandt, Vorstand der Hamburger Kunsthalle. „Von 1912 bis 1948 war Kunst sogar Teil des Wettbewerbsprogramms. Und Kultur ist noch heute fest in der Olympia-Charta verankert.“
Da liegt es nahe, dass die Hamburger Kunsthalle und ihr Direktor Professor Hubertus Gaßner am morgigen Sonnabend zum Olympia-Tag einladen. Mit Filmen, Fotos und Diskussionen zum Thema sowie der Möglichkeit, eigene Medaillen herzustellen. Der Clou: Besucher, die in Sportkleidung erscheinen, haben freien Eintritt. „Allerdings reicht es nicht, nur in Turnschuhen zu kommen“, sagt Stefan Brandt.
Ein Stück Sportkleidung sollte es also schon sein. „Das ist für fast jeden umsetzbar“, sagt Stefan Brandt. Und es bietet für viele die Chance, sich ohne Berührungsängste der Kunst zu nähern. Brandt hofft auf ein Publikum, „das bislang vielleicht noch nicht so oft den Weg zu uns gefunden hat“.
Um sich davon zu überzeugen, dass Sport und Kunst auf vielfältige Weise miteinander verflochten sind. Wer weiß schon, dass der Franzose Pierre de Coubertin 1912 eine Literatur-Goldmedaille gewonnen hat? Der Mitbegründer des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hatte ordentlich getrickst und seine „Ode an den Sport“ unter einem Pseudonym eingereicht. Kann man für die Kunst Medaillen vergeben? „Es gibt den Wettbewerbsgedanken auch in der Kultur“, sagt Stefan Brandt. Preisverleihungen in Musik, Architektur oder Literatur seien gang und gäbe. Auch wenn man es, findet Brandt, mit Gold, Silber und Bronze in der Kunst nicht übertreiben sollte.
Medaillen gab es in sportlichen und künstlerischen Wettbewerben
Das war einmal anders. Pierre de Coubertin, Begründer der modernen olympischen Bewegung, hatte mit der Durchführung der ersten Olympischen Spiele der Neuzeit in Athen 1896 sein wichtigstes Ziel erreicht: Statt Kriege zu führen, sollten die Menschen aus aller Herren Länder ihre Kräfte lieber im sportlichen Wettkampf messen.
Sein nächstes Ziel war es, die Kunst und den Sport zu verbinden. Deshalb schlug er die Durchführung von Kunstwettbewerben bei Olympia vor. Und so wurden erstmals 1912 bei den Sommerspielen in Stockholm Medaillen in den Kategorien Architektur, Literatur, Musik, Malerei und Bildhauerei vergeben.
Es gelang sogar zwei Menschen, sowohl in einem sportlichen als auch in einem künstlerischen Wettbewerb olympische Medaillen zu gewinnen. Der Amerikaner Walter Winans gewann 1908 Gold als Sportschütze und vier Jahre später noch einmal Silber im Schießen sowie eine Goldmedaille für seine Skulptur „An American Trotter“ („Ein amerikanischer Traber“). Und der Ungar Alfred Hajós, 1896 zweifacher Olympiasieger im Schwimmen, gewann 28 Jahre später eine Silbermedaille für seinen Entwurf des Schwimmstadions in Budapest.
Erst als 1949 ein IOC-Bericht aufzeigte, das nahezu sämtliche Teilnehmer der Kunstwettbewerbe von ihrer künstlerischen Arbeit lebten, was dem damaligen Amateurstatut widersprach, verschwand die Kunst aus dem olympischen Programm.
Vorbild Olympia-Stadt London
Stefan Brandt findet es wichtig, dass auch in Hamburg beim Thema Olympia „die Kultur von Anfang an mitgedacht wird“ – was auch geschieht. Das gelte zum Beispiel für den Sprung über die Elbe, den auch die Kultur erst noch schaffen müsse. Die Spiele seien zudem eine große Chance für Hamburg, sich als Kulturmetropole auf internationalem Niveau zu präsentieren und sich damit auch von anderen Bewerberstädten zu differenzieren. Das Hamburger Olympiakonzept will ohnehin große Spielräume für die Kultur schaffen. Aus gutem Grund: In der Zeit von Beginn der Sommerspiele bis zum Ende der Paralympics waren 2012 in London mehr Eintrittskarten für Kultur- als für Sportveranstaltungen verkauft worden.
Deshalb jetzt der Gleichschritt. Künstler und Sportler, findet Brandt, seien sich ja auch nicht unähnlich. „Sie verbindet die absolute Hingabe für eine Leidenschaft.“ Genau wie im Sport gebe es auch in der Kunst wenige, die gut von ihrer Profession leben könnten. Und sehr viele, die ihrer Leidenschaft unter finanziell schwierigen Bedingungen nachgingen. Der Kunstbetrieb könne vom Sport manchmal lernen, wie man die Begeisterung des Publikums wecke. Und umgekehrt könnten Sportler sich von den Künstlern abschauen, wie belebend kreative Freiheit sei.
Ein schönes Beispiel für die gelungene Verbindung von Kunst und Sport nennt Stefan Brandt auch noch: Das 1:0 von Mario Götze im WM-Finale gegen Argentinien. „Ein kreativer Moment hat das Spiel entschieden.“