In Hamburg trafen sich am Sonnabend führende Vertreter der deutschen Muslimverbände. Redner: Prophet Mohammed hätte eine Beleidigung seiner Person nicht gerächt, sondern vergeben.
Hamburg. Die Hamburger Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur hat die muslimischen Verbände aufgefordert, neue Strategien der Kommunikation zu entwickeln. Obwohl 99 Prozent der Muslime in Deutschland Terrorismus ablehnten, fordere man sie ständig auf, sich zu distanzieren, sagte Amirpur am Sonnabend in Hamburg. Zugleich kritisierte sie die Auslegung des Korans durch Salafisten als falsch. Es sei aber für Islamwissenschaftler oft schwierig, den schlichten Aussagen der Salafisten etwas entgegenzuhalten.
Führende Vertreter der deutschen Muslimverbände waren am Sonnabend zu einer Konferenz der islamischen Einheit nach Hamburg gekommen. Nach den Worten von Belal El-Mogaddedi, Vorsitzender der Deutschen Muslim-Liga (Bonn), hat jeder Muslim das Recht, sich über islamkritische und beleidigende Karikaturen zu ärgern. Er dürfe auch im Rahmen der Gesetze dagegen vorgehen. Die Presse- und Meinungsfreiheit sei aber fester Bestandteil einer offenen Gesellschaft. El-Mogaddedi: „Wir müssen das aushalten.“
Mohammed hätte Beleidigung vergeben
Nach den Worten Amirpurs belegen islamische Quellen, dass der Prophet Mohammed eine Beleidigung seiner Person nicht gerächt, sondern vergeben hätte. Es sei unter deutschen Muslimen Konsens, dass die Ermordung von Karikaturisten ein Verbrechen sei. „So eine Verteidigung braucht mein Prophet nicht.“ Dieser Konsens sei in den vergangenen drei Tagen noch gestärkt worden.
Ayatollah Reza Ramezani, Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg (Alster-Moschee), betonte, dass auch die Meinungsfreiheit Grenzen habe. Die Sphäre des Heiligen sollte besser geschützt werden. Dies gelte gleichermaßen für den Islam, das Judentum und das Christentum. Es werde oft übersehen, dass weltweit vor allem Muslime unter Terror und Gewalt zu leiden hätten. Salafisten, die auch die Mehrheit der Muslime als Ungläubige ansehen, könnten sich nicht auf den Koran berufen.
Mustafa Yoldas, Vorsitzender des Rats der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura), hat die Gemeinden zur Debatte über Extremismus ermutigt. Gerade Jugendliche dürften nicht mit Floskeln abgespeist werden. Mäßigung und Toleranz seien Kernforderungen des Islam. Yoldas beklagte eine zunehmende Islamfeindlichkeit in Deutschland. Der Terror in Frankreich werde Islamhassern und Rechtsradikalen vermutlich Auftrieb geben. Bei der Veranstaltung warnte er auch vor einer Spaltug der Gesellschaft. Man dürfe den Extremisten nicht die Deutungshoheit über den Islam lassen, sagte er am Sonnabend. „Wir müssen stärker Position beziehen“, so Yoldas. Extremisten müssten aus islamischen Gemeinden verdrängt, die Erlaubnis zum Predigen müsse ihnen entzogen werden.
„Wir sind unter Druck aus vielerlei Richtung“, sagte der Vertreter der islamischen Gemeinde der Schiiten, Ünal Kaymakci. Der aktuelle Terror in Frankreich würde Islamhassern und Rechtsradikalen vermutlich zusätzlichen Auftrieb geben. Verzerrte Bilder würden zu einer Radikalisierung nicht nur im Islam, sondern auch in der Politik führen.