Partei-Chef Jörn Kruse warnte außerdem vor einem „Vordringen islamischer Eigenarten“. Kritik von den Grünen: AfD versucht, auf der Pegida-Welle zu surfen.
Hamburg. Die AfD will Lehrerinnen in Hamburg das Tragen von Kopftüchern verbieten. „Das Kopftuch ist nicht wirklich etwas Religiöses, es ist ein Symbol der Integrationsunwilligkeit“, sagt AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse und warnt vor einem „Vordringen islamischer Eigenarten“. Sachlich spricht der emeritierte Wirtschaftsprofessor diesen Satz, als bestünde darüber ein gesellschaftlicher Konsens, als diskutiere nicht die halbe Republik über die Anti-Islam-Bewegung Pegida. Doch aus anderen Parteien gibt es scharfe Kritik an der Forderung, denn bislang wird in Hamburg über Kopftücher im Unterricht im Einzelfall entschieden.
Seit Jahren hat etwa jeder fünfte neu eingestellte Referendar in der Hansestadt einen Migrationshintergrund, heißt es von der Schulbehörde. Zu Problemen führe das keineswegs: „Das ist gut so, und das klappt gut – bei den Kindern wie bei den Lehrkräften“, sagt Behördensprecher Thomas Bressau. Das Thema Kopftuch spiele gar keine Rolle. „Es gibt weitaus wichtigere Themen in der Stadt, die uns bewegen – und die wir bewegen.“
AfD-Kandidat Kruse sieht das anders. Frauen und Mädchen würden in migrantischen Gegenden dazu gedrängt, die Kopfbedeckung zu tragen, sagt er. „Das hat in einer Schule keinen Platz.“ Der Vorschlag, der auch in das AfD-Programm zur Bürgerschaftswahl am 15. Februar aufgenommen wurde, sei daher eine Aussage pro Integration.
Grüne: „AfD versucht, auf Pegida-Welle zu surfen“
Ob Lehrerinnen ein Kopftuch tragen dürfen oder nicht, kann jedes Bundesland selbst entscheiden – das urteilte das Bundesverfassungsgericht bereits 2003. Hamburg prüft jeden Fall einzeln. Allerdings heißt es in einem 2012 zwischen Hamburg und drei islamischen Verbänden geschlossenen Vertrag, Frauen dürften „nicht wegen einer ihrer religiösen Überzeugung entsprechenden Bekleidung in ihrer Berufsausübung ungerechtfertigt beschränkt“ werden.
Auf diesen Vertrag verweist auch Stefanie von Berg, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion in der Bürgerschaft. Allerdings stelle sich die Frage nach dem Kopftuch für sie nicht, weil sie derzeit gar keinen entsprechenden Fall aus Hamburg kenne. „Hier versucht die AfD, auf der Pegida-Welle zu surfen und ein Nicht-Thema zum Thema zu machen“, kritisiert von Berg.
Nach Angaben der schulpolitischen Sprecherin der CDU-Fraktion, Karin Prien, gab es in der vergangenen Legislaturperiode allerdings „eine Handvoll“ Fälle, in denen sich Eltern vom Kopftuch einer Lehrerin gestört fühlten. Bei anderen Lehrerinnen mit Kopftuch habe es keine Beschwerden gegeben. Ein generelles Kopftuch-Verbot lehnt Prien daher zwar ebenfalls ab, skeptisch sieht die CDU-Politikerin das kontroverse Stück Stoff trotzdem: Lehrer müssten im Unterricht weltanschaulich und religiös neutral auftreten, sagt sie. „Damit sind Kopftuch oder Hijab für Lehrerinnen im Unterricht regelmäßig nicht vereinbar.“
AfD-Chef zum Unterschied zwischen Kopftuch und Kreuz
AfD-Chef Kruse geht noch einen Schritt weiter. „Ich habe nichts gegen Religionen, überhaupt nichts. Ich betrachte Religion aber als Privatsache.“ Er sei für den Laizismus – also die strikte Trennung von Staat und Religion. „Wir dürfen nicht das Rechtssystem in Gefahr bringen durch Scharia-ähnliche islamische Rechtsprechungen in Parallelgesellschaften.“ Solche hat der Politiker in den Stadtteilen Billstedt und Wilhelmsburg bereits ausgemacht.
Trage ein Lehrer aber ein Kettchen mit Kreuz, sähe Kruse das nach eigener Aussage gelassen. „Das hat mich bisher nicht gestört, es stört mich auch nicht, wenn jemand zum Beispiel einen Davidstern trägt.“ Der Körperschmuck sei Privatsache, solange er nicht den Charakter einer integrationsfeindlichen Äußerung habe.
In den Umfragen liegt die AfD Hamburg bei etwa vier Prozent der Stimmen. Den Einzug in die Bürgerschaft könnte die Partei bei ihrer ersten Hamburg-Wahl am 15. Februar daher knapp verpassen. Kruse will das verhindern: „Unsere Zielvorstellung sind sieben, acht Prozent.“