Die Tagesschau sendete in einem Bericht über das Dreikönigstreffen der FDP einen langen Schwenk über die Beine der Hamburger Spitzenkandidatin. Katja Suding äußert sich dazu vor der Abendblatt-Kamera.

Hamburg. Die Kameraeinstellung dauerte mehrere Sekunden. Erst kommen die schwarzen Pumps ins Bild, dann schwenkt die Kamera langsam an den Beinen von Katja Suding hoch. Zu sehen war die Sequenz am Dienstagabend in einem Tagesschau-Bericht über das Dreikönigstreffen der FDP – und sorgte für heftige Debatten. Vor allem intern.

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Noch in der Nacht entschuldigte der Chefredakteur von ARD-aktuell, Kai Gniffke, sich für das Bein-Gate seiner Crew. “Der Bein-Schwenk gehört auf den Index. Tut mir leid, Frau Suding“, schreibt er in seinem Blog, das um 23.29 Uhr online ging. In der nächtlichen Sendungskritik sei es die meiste Zeit um diese Einstellung nach genau fünf Minuten gegangen, gibt Gniffke zu Protokoll und geißelt “den männlichen Blick, den Frauen alles andere als schätzen“.

Das ist einerseits ehrenwert, aber andererseits auch ziemlich durchschaubar der Versuch, den Schaden des sexistischen Schwenks für den Sender zu begrenzen – bevor ein Sturm der Entrüstung durch die Sozialen Netze fegt.

Katja Suding, Spitzenkandidatin der FDP für die Bürgerschaftswahl am 15. Februar, äußerte sich beim Abendblatt-Neujahrsempfang zu der Kamerafahrt über ihre Beine: Solche Fernsehbilder seien im Jahr 2015 nicht mehr angemessen. „Sie setzen die Körperlichkeit sehr in Szene, ich finde das muss nicht sein“, so die Politikerin. Neben dem öffentlichen Mea culpa habe der Sender sich auch persönlich bei ihr entschuldigt. „Für mich ist die Sache damit erledigt. Ich habe das schon so oft erlebt“, sagte Suding.

Das Ganze entbehrt allerdings nicht einer gewissen Pikanterie. Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass der damalige Spitzenkandidat der Liberalen, Rainer Brüderle, für die Bundestagswahl, mit seinen anzüglichen Blicken ins Dekolleté einer Stern-Reporterin für eine Sexismus-Debatte in der Politik sorgte (“Dirndl-Gate“). Den Hinweis auf „sabbernde Liberale“ erspart der ARD-aktuell-Chef sich und seinen Lesern dann auch nicht, auch wenn diese als Thema nun durch seien.

„In jedem Fall aber, und dies ist mein selbstkritisches Fazit, hätten wir diese Einstellung in dem Beitrag beanstanden und austauschen sollen. Und das nicht, weil feministische Gäule mit mir durchgehen, sondern schlicht deshalb, weil diese Einstellung dazu angetan ist, einen Teil unserer Zuschauerinnen und Zuschauer zu empören“, bloggt Gniffke.

Damit aber dürfte die Aufregung nur bedingt zu beruhigen sein. Denn mindestens genau so alarmiernd ist, dass es ja nicht nur der “Altherren-Schwenk“ selbst ist, der ein Fehler war. Der öffentlich-rechtliche Senderchef erwähnt nicht einmal, dass die Beine von Spitzenkandidatin Suding in der Berichterstattung über ein politisches Ereignis nun mal nichts zu suchen haben. Darauf müsste er eigentlich selbst kommen – Empörung hin oder her.

Suding, der die Bilder ganz unverhofft auch maximale Medienpräsenz brachten, sieht die Sache sportlich: „Jetzt weiß jeder, dass ich mit meinen sportlichen Beinen die Fünf-Prozent-Hürde mit Sicherheit überspringen werde, ganz locker“, sagte sie am Mittwoch in Hamburg. „Jeder weiß aber auch, dass man mit schönen Beinen keine Wahlen gewinnt, sondern mit guter Politik, und die machen wir.“