Azurblau oder rubinrot: Fliesenexperte Hans Kuretzky findet für jede Keramik den richtigen Ton. Mit seiner großen Erfahrung kommt der Tüftler der richtigen Mischung auf die Schliche.

Hamburg. Hexenküche steht in geschwungenen Lettern über der Tür: Der Eingang zur Werkstatt, in der Hans Kuretzky die Glasuren für verschiedenste Keramik mischt. In seinem gemütlichen Haus in Borstorf (Kreis Herzogtum Lauenburg) lebt und arbeitet der Fliesenexperte gemeinsam mit seiner Frau Heidrun – einer Kalligrafin. Ein Stück Hamburger Architektur wiederersteht in dem Dorf bei Mölln: Der 63-Jährige restauriert die historischen Relieffliesen des Alten Elbtunnels – ein besonderer Schatz.

Seit rund 30 Jahren arbeitet der 63-Jährige als selbstständiger Keramiker: Nach einem Designstudium mit dem Abschluss als Diplom-Ingenieur lebte und arbeitete er auf Jamaika. Dann lernte er Heidrun kennen und ließ sich in dem beschaulichen 270-Seelen-Dorf nieder. Dort stellt er unter anderem Geschirr und Kachelöfen her, brennt Fliesen und plant größere Sanierungsprojekte.

Historische Bauwerke zu bewahren liegt ihm am Herzen. Die Wand- und Relieffliesen an der U-Bahn Haltestelle St. Pauli und die Wandfliesen der U-Bahn Haltestelle Hallerstraße stammen aus seiner Werkstatt. Auch der Eingangsbereich der Hamburger Justizbehörde und die Mosaikfliesen an der Fassade der Baubehörde wurden von Kuretzky nach historischer Vorlage rekonstruiert. Die Herausforderung hier: Die alten Farbtöne und Texturen müssen exakt so aussehen wie die historischen Originale.

Seinen bisher größten Auftrag erhielt er 2001 mit der Restaurierung der historischen Fliesen im Alten Elbtunnel. Der Experte berät bei der Wiederherstellung der alten Wandfliesen die Hamburg Port Authority (HPA) und ist Bindeglied zwischen Bauherr, Denkmalschutz und Industrie. „Es ist schön, einen Bau zu begleiten und das wachsen zu sehen“, sagte Kuretzky. Er bewundert das alte Wahrzeichen und seine Finessen: „So ein schönes Ding habe ich selten gesehen – die haben wunderbar gearbeitet damals.“

Allein mit seinem phänomenalen Farbgedächtnis, seiner Erfahrung und einem ausgeklügelten Karteisystem mit Glasur-Rezepten kommt der Tüftler der richtigen Mischung auf die Schliche – das kann auch mal Jahre dauern. Zunächst ermittelt er Mattigkeit, Farbe, Lichtbrechung, Transparenz und Oberflächenspannung mit dem bloßen Auge und ordnet sie grob ein – dann nähert er sich durch Experimente dem richtigen Gemisch aus Mineralmehlen immer weiter an.