Hamburger Bürgerinitiativen gegen Fluglärm fühlen sich beim Ausbau des Flughafens übergangen. Allein 128.000 Starts und Landungen gab es bis Oktober. Norderstedt trägt die Hauptlast.

Fuhlsbüttel. Immer mehr Flugzeuge machen immer mehr Lärm. Und immer mehr Bürgerinitiativen tun das gleiche: Sie protestieren gegen die erstmals seit 2010 wieder steigende Zahl der Flugbewegungen von und nach Fuhlsbüttel. Der Hamburger Flughafen spricht für 2014 von rund 6,9 Prozent mehr Flügen, 8,0 Prozent mehr Passagieren und peilt mit dem Billigflieger EasyJet für 2015 neue Abfertigungsrekorde an. Doch viele Anwohner fragen sich: Wann hat der innerstädtische Flughafen die Grenze seines Wachstums erreicht?

Die meisten der vielen Hamburger Bürgerinitiativen gegen den Lärm wollen die Zahl der Flüge beschränken – und erhalten Rückenwind aus der Wissenschaft. Studien machen vermehrt die dauerhafte Verlärmung – auch am Tage – als Ursache für Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfälle aus.

So fordert Professor Thomas Münzel, Direktor der zweiten medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mainz und Vorstandsmitglied der Stiftung Mainzer Herz, in einem zusammenfassenden Aufsatz im „European Heart Journal“ 2014: „Die deutlichen Folgen für das Herzkreislaufsystem zeigen ganz klar, dass Fluglärm, neben den klassischen Risikofaktoren für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen, wie Diabetes, einem hohen Cholesterinwert sowie einem erhöhten Blutdruck und Rauchen, als neuer Risikofaktor anerkannt werden muss.“

In diesem Jahr wies auch der erste Teil der hessischen „Norah-Studie“ nach, dass Kinder auf dauerhafte Lärmbelastungen mit „Entwicklungsverzögerungen“ reagierten. Sie lernen später und langsamer lesen.

Niendorf wurde um zehn Prozentpunkte mehr belastet als im Vorjahr

Die Meinungsvielfalt in den Lärmschutz-Initiativen ist groß. Sie reicht von der Langenhorner und Norderstedter Forderung nach Verlegung des Flughafens bis hin zum lediglich verbesserten Lärmschutz, was vielen Betroffenen in den Walddörfern genügen würde und den Flughafen nach Möglichkeit wirtschaftlich nicht einschränken soll.

Von den zwei Flugbahnen starten und landen die Flugzeuge in vier Richtungen. Die innerstädtische in Richtung Alsterdorf/Hamm wird praktisch nicht genutzt. Die dichte Besiedelung der innerstädtischen Bereiche ließe die Zahl der Betroffenen sprunghaft ansteigen, was sowohl das Lärm- als auch das Unfallrisiko betrifft. Der Anteil an den Starts und Landungen liegt deshalb seit Jahren bei rund fünf Prozent. Das legen auch die sogenannten „Bahnbenutzungsregeln“ für Fuhlsbüttel so fest.

Den Löwenanteil der Starts (53,12 Prozent) muss Norderstedt hinnehmen. Niendorf hatte es einige Jahre deutlich besser, wurde aber 2014 mit 33,46 Prozent der Starts um rund zehn Prozentpunkte mehr belastet als im Vorjahr. 12,36 Prozent der Flieger starteten in Richtung Langenhorn, Lemsahl und die Walddörfer (plus 1,36 Prozentpunkte). Alsterdorf musste nur 1,05 Prozent der Starts schlucken.

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