Norderstedter, Ahrensburger und Anwohner aus den Walddörfern sprechen mit einer Stimme. Protestaktion im Hamburger Rathaus geplant. Weiterer Ausbau des Flughafens Fuhlsbüttel soll verhindert werden.
Norderstedt/Ahrensburg. „Die Landesregierungen in Hamburg und Kiel können sich jetzt warm anziehen“, sagt Reimer Rathje, Fraktionschef der Norderstedter Wählerliste WIN (Wir in Norderstedt), hinter der sich die Fluglärm-Geschädigten der Stadt versammeln. Ein neues Kapitel im Kampf gegen unablässig fauchende Flugzeug-Triebwerke über den Hausdächern der Region werde aufgeschlagen. Denn die Fluglärmgegner in Hamburg und im schleswig-holsteinischen Umland haben sich zu einer schlagkräftigen Einheit zusammengeschlossen: der Fluglärmschutz-Allianz (FLSA) Nord.
Neben der WIN sind auch die Norderstedter Interessengemeinschaft für Fluglärmschutz (NIG), Bürgerinitiative Alstertal/Walddörfer/Ahrensburg (BAW) und der Dachverband der Bürgerinitiativen gegen Fluglärm (BIG) aus Hamburg dabei. Gemeinsam wollen die vom Flugverkehr des Hamburger Flughafens Fuhlsbüttel geplagten Bürger nun ihre Interessen vertreten. „Mit dieser Allianz wollen wir verhindern, dass die Landesregierungen uns gegeneinander ausspielen“, sagt Rathje. Die Taktik, etwa den Langenhornern und Duvenstedtern etwas zu versprechen und dafür den Norderstedtern „auf den Kopf zu hauen“, soll nicht mehr aufgehen, sagt Rathje.
Ziel der Allianz sei es, einen weiteren Ausbau des Flughafens Fuhlsbüttel zu verhindern und die gerechte Verteilung von Starts und Landungen zu erreichen. „Die Richtung Alsterdorf muss endlich aufgemacht werden. Im Juli hatte Norderstedt 5800 Starts, Alsterdorf fünf“, sagt Rathje. Angesichts aktueller Studien zur Beeinträchtigung von Schülern durch Fluglärm im Rhein-Main-Gebiet ein unhaltbarer Zustand. „Wenn die kleine Lena aus Alsterdorf schon bei fünf Starts beim Lernen gestört wird, wie soll dann der kleine Max aus Norderstedt mit 5800 Starts zurechtkommen?“, fragt Rathje.
Der Fluglärm-Aktivist betont, dass sowohl die WIN als auch die NIG trotz der Allianz mit den Hamburgern immer noch eigenständig die Belange der Fluglärm-Opfer ihrer Stadt vertreten wollen. Kontroverse Diskussionen über die jeweiligen Lärmbelastungen werde man mit den Hamburgern und Ahrensburgern sicher führen müssen. „Aber auch die vom Fluglärm geplagten Duvenstedter sehen jetzt ein, dass die gerechte Verteilung auf den Start- und Landebahnen sein muss. Darüber haben wir Konsens.“
Scharf verurteilt die Allianz die Stellungnahme des Hamburger Senats vom 4. November zum bürgerschaftlichen Ersuchen eines „Zehn-Punkte-Plans“ für den Fluglärmschutz. Sie offenbare weitgehendes Unverständnis für die Sorgen und Nöte der Bürger. Während der Senat von einem mühevoll erarbeiteten Kompromiss spreche, handelt es sich aus Sicht der Initiativen gegen Fluglärm um ein Diktat der Deutschen Flugsicherung und der Fluglärmschutzkommission, das geprägt sei von wirtschaftlichem und aufgrund der Bürgerschaftswahlen 2015 auch von politischem Kalkül.
Reimer Rathje nennt den Beschluss des Senats Augenwischerei: „Für Norderstedt ändert sich gar nichts. Wesentlich lauter als die Landungen sind die Starts der Flugzeuge. Starts haben jedoch im vorliegenden Beschluss des Senats keine Berücksichtigung gefunden.“ Hamburg habe die Chance vertan, die einseitigen extremen Belastungen in Norderstedt zurückzunehmen und so der Bevölkerung eine echte Entlastung zu geben. Die strikte Weigerung des Senats, durch Änderung der Bahnbenutzungsregeln und der Verteilungsmaßstäbe von An- und Abflügen eine lastengerechte Aufteilung zu erreichen, ist für Hans Schwarz von der NIG inakzeptabel. „Das ist gesellschaftlich nicht mehr vertretbar.“
Der aus Sicht der Fluglärmschutz-Allianz ausufernden Expansion des Hamburger Flughafens werde vom Senat nichts entgegengestellt. „Die vorgeblichen Maßnahmen zum Fluglärmschutz unterstützen die Erweiterungsgelüste des Flughafens. Die Belastungsgrenze des Menschen ist lange überschritten“, sagt Margarete Hartl-Sorkin, Vorsitzende der BIG. Die Ahrensburger Fluglärm-Geschädigten kritisieren, dass mit der Festlegung der neuen Anflugrouten neue Betroffenheiten generiert würden. „Die Verlängerung des Anflugs auf mindestens zehn nautische Meilen entspricht dem nationalen und internationalen Standardanflug. Warum für Hamburg eine Sonderregelung mit sieben Meilen geschaffen werden soll, bleibt unbeantwortet“, sagt Martin Mosel von der BAW. Mit 80 Mitstreitern will er am 13. November an der Sitzung des Umweltausschusses der Bürgerschaft teilnehmen und protestieren.