Im Tarifstreit für die Sicherheitskräfte ist kein Ende in Sicht. Passagiere in Hamburg müssen mit Ausstand rechnen. Ver.di fordert eine Erhöhung des Stundenlohns auf 9,20 Euro brutto.

Hamburg. Im Tarifstreit des Sicherheitsgewerbes drohen Streiks am Flughafen Hamburg. „Wir können Warnstreiks ab Anfang Januar nicht ausschließen“, sagte Ver.di-Fachbereichsleiter Peter Bremme. Mit einer Arbeitsniederlegung will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen, um höhere Löhne durchzusetzen. Der Aufruf zum Streik könnte die Personenkontrolleure für Fluggäste und Mitarbeiter am Airport betreffen, aber auch Sicherheitskräfte etwa für Gebäude und Unternehmen in der gesamten Stadt. Bereits vor einigen Monaten hatte Ver.di mit einem Warnstreik der privaten Sicherheitsleute Tausende Passagiere in den Terminals gestoppt. Die Flüge hatten größtenteils trotzdem stattgefunden, wenn auch mit vielen leeren Sitzen.

Hintergrund für die drohenden Arbeitsniederlegungen sind die laufenden Verhandlungen zwischen Ver.di und dem Arbeitgeberverband der Branche, dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW). In Hamburg arbeiten rund 6000 Beschäftigte in den Sparten Flughafensicherheit, Schutz von Kraftwerken, militärischen Liegenschaften und Industrieanlagen sowie Geld- und Wertdienste.

Ver.di fordert für Sicherheitskräfte, die eine mehrmonatige Schulung durchlaufen haben, eine Erhöhung des Stundenlohns auf 9,20 Euro brutto. Der Arbeitgeber bietet 8,75 Euro. Für ausgebildete Fachkräfte fordert die Gewerkschaft 13 Euro, der Arbeitgeber bietet elf Euro. Das Angebot des Arbeitgebers entspricht nach der zweiten Verhandlungsrunde einem Plus von bis zu 6,4 Prozent für 2015 und einer Steigerung von 2,9 Prozent für alle Lohngruppen im zweiten Jahr.

Am Flughafen liegen die Tarife deutlich höher: Hier will Ver.di ein Einstiegsgehalt von 15 Euro (vorher 14 Euro) durchsetzen, das sich nach sechs Jahren stufenweise auf 18,50 Euro erhöht. Das stufenweise Plus wäre ein Novum. Der Arbeitgeber lehnt diese Vorstellungen ab. „Nach den Lohnerhöhungen der letzten beiden Jahre von rund 20 Prozent für die Sicherheitskräfte an den Flughäfen sind derartig hohe Forderungen nicht mehr ernst zu nehmen“, sagt der Geschäftsführer des BDSW, Harald Olschok.

Am Flughafen werden immer mehr Aufgaben an private Dienstleister gegeben. Arbeiteten nach Angaben von Ver.di im Jahr 2001 noch 300 Beschäftigte in Fuhlsbüttel für private Sicherheitsfirmen, hat sich die Zahl inzwischen auf fast 900 Frauen und Männer erhöht, die beispielsweise die Sicherheitskontrollen der Passagiere übernehmen. „Sie erfüllen oft ehemals staatliche Aufgaben, die früher die Bundespolizei geregelt hat“, sagt Bremme. Vor dem Outsourcing an private Dienstleister hatten die Löhne am Flughafen deutlich höher gelegen, daher will Ver.di hier auch andere Konditionen als etwa beim Schutz von Firmengebäuden oder der Bewachung des öffentlichen Personennahverkehrs oder von Fußballspielen durchsetzen.

Die Schere zwischen den Einkünften der Mitarbeiter in den einzelnen Sparten der Branche geht auch zwischen den Bundesländern auseinander. In Regionen mit einer traditionell starken Industrie, etwa in Baden-Württemberg, übernahm den Werksschutz früher das eigene Personal von Arbeitgebern wie Daimler, mit gutem Verdienst. In diesen Bundesländern liegen die Gehälter auch heute noch bei den inzwischen privat arbeitenden Sicherheitskräften oft höher als beispielsweise in Hamburg, wo die Historie eine andere ist. „Diese Unterschiede in der Bezahlung führen zu einem Tariftourismus“, beklagt Bremme. Mitarbeiter würden in der Hansestadt zu Hamburger Tarifen eingestellt und dann in anderen Ländern eingesetzt. Ver.di fordert daher in Hamburg höhere Lohnsteigerungen als in anderen Regionen.

Die aus Sicht der Arbeitgeber hohe Forderung der Gewerkschaft Ver.di könnte jedoch dazu führen, dass der Arbeitgeberverband die Verhandlungen mit einem anderen Partner aufnimmt: So schließt der BDSW in Niedersachsen seit Jahren Tarifverträge mit der christlichen Gewerkschaft öffentlicher Dienste (GöD) ab, „um Billiglöhne durchzusetzen“, sagt Ute Gottschaar, Ver.di-Fachbereichsleiterin in Niedersachsen. Die Folge dieser Entwicklung: 70 Prozent der Sicherheitskräfte in Niedersachsen erhalten derzeit einen Stundenlohn von 8,24 Euro, ab 1. Januar 2015 von 8,50 Euro. „Um den gesetzlichen Mindestlohn tarifieren zu können, hat sich die GöD die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit zur Hälfte abkaufen lassen. Das ist Tarifpolitik zulasten der Geringverdiener. Eine solche Politik ist mit Ver.di nicht zu machen“, so die Gewerkschafterin. Die Sicherheitsbranche erwirtschaftete 2013 nach ersten Schätzungen einen Umsatz von mehr als zwölf Milliarden Euro. Private Dienstleister wie securitas oder prosegur beschäftigen bundesweit 190.000 Mitarbeiter, darunter 16.000 Sicherheitskräfte auf den Verkehrsflughäfen. Die nächste Verhandlung zwischen Ver.di und dem BDSW in Hamburg ist für den 26. Januar terminiert. Streiks sind vorher möglich, denn die Friedenspflicht endet Ende 2014.