Neben einer angestrebten Mietpreisbremse soll künftig nach dem sogenannten Bestellerprinzip der Vermieter den Makler bezahlen und nicht, wie bisher üblich, der Mieter. Der erste Schritt ist getan.
Keine Maklerprovision. So steht es im Angebot bei Immonet. Zu besichtigen ist eine 120 Quadratmeter große Wohnung in gehobener Ausstattung und begehrter Lage. Auf die Frage, ob courtagefrei der neue Trend sei, windet sich der Wohnungsvermittler plötzlich. Er habe gerade beim Verband angerufen, behauptet er, und man habe ihm versichert, wenn überhaupt, ändere sich an der Gesetzgebung erst etwas 2016. Deshalb habe er mit dem Vermieter abgesprochen, dass nun doch eine Provision vom Mieter zu zahlen sei.
Seit es besonders in Ballungsgebieten zu Wohnungsengpässen kommt und gleichzeitig die Mieten maximal gestiegen sind, will der Gesetzgeber eingreifen und marktregulierend die Mieter entlasten. Neben einer angestrebten Mietpreisbremse soll künftig nach dem sogenannten Bestellerprinzip der Vermieter den Makler bezahlen und nicht, wie bisher üblich, der Mieter. Der erste Schritt ist bereits getan. Der Gesetzentwurf wurde vom Bundeskabinett verabschiedet. Derzeit wird es von Bundestag, Bundesrat und Vermittlungsausschuss geprüft. Im Frühjahr 2015 soll der Bundespräsident seine Unterschrift geben, dann tritt es in Kraft. Die Verunsicherung auf allen Seiten ist jetzt schon groß, manche Wohnungssuchende warten, falls möglich, jetzt auf die für sie günstigere Neuregelung.
Hamburg mit seinem umkämpften Wohnungsmarkt kommt in diesem Verfahren eine besondere Rolle zu. Der Senat hatte sich frühzeitig für eine Änderung der Mietbedingungen starkgemacht und 2013 zusammen mit Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg eine entsprechende Initiative im Bundestag gestartet. „Das Bestellerprinzip bei der Maklercourtage wird Mietwohnungssuchende entlasten“, sagt Magnus-Sebastian Kutz aus der Stadtentwicklungsbehörde.
Zwei Netto-Kaltmieten plus Mehrwertsteuer
Siegmund Chychla, Geschäftsführer und stellvertretender Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg, wird in der Sache deutlicher. „Mit der Gesetzesänderung können sich die Makler nicht länger an den wirtschaftlich Schwachen bereichern. Jeder Mensch braucht eine Wohnung und das haben die schwarzen Schafe dieser Branche schamlos ausgenutzt. Es ist richtig, wenn diese Abzocke ein Ende hat.“ In der Regel geht es bei der Courtage um zwei Netto-Kaltmieten plus Mehrwertsteuer. Weil die Nachfrage das Angebot übersteigt, ging bislang die Rechnung für die Wohnungsvermittler auf, dass Mieter bezahlten, was der Vermieter in Auftrag gab.
Entsprechend aufgebracht läuft seither die Branche Sturm gegen die Pläne der Bundesregierung. Sogar streiken wollten die Makler. Ihr Berufsverband hatte zu einer Urabstimmung aufgerufen. Doch dann wurde die Aktion wieder abgeblasen. Zum einen war die Beteiligung an der Abstimmung gering, zum anderen die öffentliche Reaktion eindeutig: Sympathie für die vermeintlichen Nöte der teuren Dienstleister ist kaum vorhanden. Der Streikvorschlag wurde abgelehnt. Dabei fürchten viele professionelle Vermittler, dass ein Großteil der Wohnungsvermieter nun wieder selbst tätig wird.
Gesetz könnte Arbeitsplätze kosten
Dass diese Sorge nicht unbegründet ist, zeigt eine aktuelle Studie, die die Vermittlungsplattform Immonet gerade veröffentlichte. 82 Prozent der Immobilienbesitzer sind überzeugt, dass Vermieter aufgrund der neuen Gesetze künftig auf Makler verzichten. Als Folge sehen 62 Prozent der Befragten die Existenz vieler Wohnungsvermittler in Gefahr. Bundesweit sind 12.000 Unternehmen im Verband gemeldet. Zwischen 2007 und 2013 stieg die Zahl der Makler von 27.000 auf 35.000. Allein in Hamburg vergrößerte sie sich in dieser Zeit von 350 auf 750, gab kürzlich das Onlineportal Immobilienscout24 bekannt. „Das Gesetz wird eine Menge Arbeitsplätze kosten“, bestätigt Axel Kluth, Chef des Maklerverbandes IV-Nord. Siegmund Chychla bringt es aus seiner Sicht auf den Punkt. „Die Kohlegruben in Deutschland wurden schon geschlossen, die Schifffahrt zunehmend ins Ausland verlagert und Tante-Emma-Läden gibt es auch fast keine mehr. Das kann man bedauern, aber so ist der Lauf der Welt. Dinge ändern sich und man muss sich den Entwicklungen stellen.“
Was wird sich in Hamburg nun aber konkret ändern? Björn Dahler, Geschäftsführer von Dahler & Company, ist in der Hansestadt einer der großen Anbieter auf diesem Markt. Er hält rückläufige Tendenzen bei den Vermietungen für möglich. Mehr noch: „Als Folge könnten Immobilienbesitzer versuchen, sich die Courtage anderweitig wiederzuholen.“ Gemeint sind wohl Abstandszahlungen oder Schmiergelder. Möglich ist auch, dass Vermieter künftig Wohnungen nur noch langfristig weggeben und bei vorzeitiger Kündigung Teile der Courtage in Rechnung stellen. Mieterschützer warnen schon vor Knebelverträgen.
Dass die Gesetzesänderung zu einer Marktbereinigung bei den Maklern führen könnte, beurteilt Dahler dennoch positiv. „Eine Konsolidierung täte auch unserem Image gut“, sagt er. „Die Zahl derer, die unserem Ansehen schaden, ist überproportional hoch. Ich schätze ihren Anteil im Vergleich zu anderen Berufsgruppen auf 30 Prozent.“ Diese Einschätzung bestätigt die Umfrage. 57 Prozent der befragten Eigentümer glauben, dass die Makler durch das Bestellerprinzip besser in der Lage sind, die Interessen ihres Auftraggebers zu vertreten. Deshalb sei auch die Forderung nach einer Qualifikation der richtige Weg, um Fehlentwicklungen vorzubeugen“, betont Dahler. „Schließlich bewegen wir Werte und tragen Verantwortung.“
Makler brauchen nur einen Gewerbeschein
Bislang brauchen Interessenten an einem Maklerjob in Deutschland nur einen Gewerbeschein. „Es wird Zeit, dass diese Freizeit-Vermittler endlich vom Markt verschwinden, die ihre Arbeit am Küchentisch erledigen“, sagt Chychla. Die Mietervereine hätten „die windigen Glücksritter“ schon lange im Blick. Sogar ein Kneipier müsse mehr Fachwissen nachweisen als ein Wohnungsvermittler, sagt der Jurist, der sich seit 30 Jahren für Mieter starkmacht. „Und das kann ja wohl nicht sein angesichts der Geldmengen, um die es geht.“ Berechnungen des hiesigen Vereins kommen auf einen durchschnittlichen Courtageumsatz von 25 Millionen Euro in Hamburg. „Pro Jahr“, sagt Chychla. „Kein Wunder, dass der Widerstand so groß ist.“ Europaweit gelten Deutschlands Makler zudem als die teuersten.
Hinzu kommt, dass anderswo der Nachweis von Kenntnissen im Maklergeschäft bereits üblich ist. In Frankreich und Schweden beispielsweise sind neben einer kaufmännischen Ausbildung Jura-Kenntnisse bis hin zum abgeschlossenen Studium erforderlich, um später entsprechende Aufgaben bei der Vermittlung übernehmen zu dürfen. Und in Amerika gehören die Makler zu den angesehenen Berufen. „Über 90 Prozent aller Immobiliengeschäfte laufen dort über Makler“, sagt Björn Dahler. Hierzulande sind es etwa 50 Prozent. In der US-Immobiliengesellschaft National Association of Realtors (NAR) sind etwa 1,1 Millionen Vermittler Mitglied. „Der hohe Organisationsgrad, die transparenten Standards und die Zulassungsbeschränkungen beziehungsweise die erforderlichen Prüfungen führen zu Qualität, Ansehen und damit hoher Akzeptanz“, sagt er. „Dass es ausgerechnet im gründlichen Deutschland diese Qualitätslücke gibt, ist erstaunlich.“
Wer sich hierzulande auf den Markt der Wohnungssuchenden begibt, stellt schnell fest, was gemeint ist mit fehlenden Standards. So manche Wohnungsanzeige im Internet ist blumig bis verlogen formuliert und ausgestattet. Sie zu entschlüsseln gelingt erst nach einiger Übung und vielen Besichtigungen. Ein bisschen erinnern die Sprachrätsel der Makler an Formulierungen in Arbeitszeugnissen. Auch dort verbirgt sich hinter den Worten und Sätzen oftmals ein ganz anderer Inhalt.
Werden die Wohnungen teurer?
Ein Ärgernis für Mieter ist zudem das mangelnde Engagement so mancher angeblich profihafter Vermittler. Die Wohnung ins Netz stellen und sie dem Kunden zeigen, ist oftmals schon die ganze Dienstleistung dieser Gelegenheitsakteure. Und die ganz Dreisten der Branche wollen ihr Geld, selbst wenn die Vermietung durch sie nicht zustande kommt und drohen mit Konsequenzen.
Schon mehren sich Befürchtungen, die neue Regelung könne sich negativ aufs Mietniveau auswirken. In der Hansestadt beruhigt die Behörde. „Wir gehen nicht davon aus, dass sich diese Änderungen auf die Miethöhe auswirken werden, denn auf dem Hamburger Wohnungsmarkt gibt es klare Anzeichen für eine Entspannung. Durch den Wohnungsneubau kommen wieder ausreichend Wohnungen an den Markt“, sagt Pressesprecher Kutz. Doch auch Verbraucherschützer Chychla ist zuversichtlich. „Ich glaube nicht, dass die Vermieter diese Mehrausgaben dem Mieter aufs Auge drücken können“, sagt er.
Zum einen seien die Mieten in Ballungsgebieten wie Hamburg bereits so hoch, dass „auf diese Maximalmieten nichts mehr draufzusatteln ist“. Zum anderen sei der Wohnungsmarkt in Deutschland zweigeteilt. „In Nordrhein-Westfalen und im Osten werden Wohnungen schon jetzt provisionsfrei angeboten. Sogar Gewerbeimmobilien. Meist ist es sogar so, dass die Mieter zwei Monate mietfreies Wohnen herausschlagen können.“ Von solchen Bedingungen können Hamburger Mieter nur träumen.