Nach intensiver Diskussion stand fest, dass der Sportbund sich für die Olympischen Spiele bewerben will. Anfang Februar wird in einer Meinungsumfrage die Stimmung in Berlin und Hamburg abgefragt.
Neu-Isenburg. Sechs Stunden lang tagten Präsidium und Beiräte des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) im schmucklosen Beratungsraum am Ausweichsitz in Neu-Isenburg, dann stand nach intensiver Diskussion unter den 19 Teilnehmern fest: Der DOSB will sich um Olympische Sommerspiele 2024 oder 2028 bewerben, nur der Fahrplan ändert sich.
Erst am 21.März, wahrscheinlich dann in Frankfurt am Main, und nicht wie ursprünglich geplant am 6. Dezember in Dresden wird die Mitgliederversammlung des Sportbunds nun den deutschen Olympia-Kandidaten küren. Zuvor gibt das Präsidium nach Beratungen mit Vertretern aus Politik und Gesellschaft am 16.März seine Empfehlung ab. Sie ist nicht bindend, aber wegweisend. Dieses Vorgehen, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann, sei Ende vergangener Woche mit beiden Städten einvernehmlich abgestimmt worden.
Wichtigster Grund der Verschiebung sei, dass jetzt die Ergebnisse des Reformkongresses des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) vom 8./9.Dezember in Monte Carlo in die Pläne der Kandidaten eingearbeitet und der Bevölkerung präsentiert werden können. Über 40 Änderungsvorschläge sollen dort die 105 Delegierten abstimmen.
Hamburgs Sportsenator Michael Neumann reagierte erleichtert
Die Grundausrichtung hat der IOC-Präsident Thomas Bach vorgegeben: Olympische Spiele müssen wieder in Ländern durchgeführt werden können, in denen sich die Regierungen für ihre Ausgaben zu rechtfertigen haben. Daher will sich das IOC künftig auch an den Kosten des Bewerbungsverfahren beteiligen. Sie dürften für Berlin und Hamburg bei 50 Millionen Euro liegen.
Hamburgs Sportsenator Michael Neumann reagierte am Dienstagabend erleichtert auf die neue Entwicklung: „Ich freue mich, dass der DOSB ein klares Bekenntnis zu einer Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele im Jahr 2024 abgelegt und einen Fahrplan für das weitere Vorgehen vorgelegt hat“, sagte er dem Abendblatt. Hamburg stehe weiter als Kandidatencity bereit.
„Und wir sind überzeugt, dass unser Bewerbungskonzept von einer breiten Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger unterstützt werden wird. Dass der DOSB erst nach der kommenden Bürgerschaftswahl seine Entscheidung treffen will, spricht nicht gegen Hamburg.“
DOSB-Präsident Alfons Hörmann und Generaldirektor Michael Vesper bekannten sich nach der Tagung ausdrücklich zur Bewerbung um die Sommerspiele 2024. Die Ergebnisse der repräsentativen Meinungsumfragen, Basis waren jeweils 1500 Befragte, die der DOSB Anfang September in Hamburg und Berlin vom Institut Forsa hatte durchführen lassen, „verstehen wir als Ermunterung und Arbeitsauftrag, das Thema weiter professionell und mit aller Kraft zu verfolgen“, sagte Hörmann.
Zwar hatten sich nur 53 Prozent der Hamburger und 48 Prozent der Berliner für Olympia in ihrer Stadt ausgesprochen, aber 80 Prozent der Hamburger und 79 Prozent der Berliner befürworteten grundsätzlich Spiele in Deutschland. Die Lücke zwischen allgemeiner und konkreter Zustimmung zu schließen sei jetzt die Aufgabe, „die sich dem Sport mit den beteiligten Städten stellt“, sagte Hörmann.
Den Zeitgewinn wollen Senat und Hamburger Sportbund nutzen
Olympische Spiele, nachhaltig angelegt, seien eine Chance für das ganze Land, die Ausrichterstadt und -region. Anfang Februar will der DOSB in einer weiteren Meinungsumfrage die Stimmung in den Städten noch einmal abfragen.
Den Zeitgewinn wollen Senat und Hamburger Sportbund (HSB) nutzen, um in Gesprächen mit Vertretern der Spitzensportverbände, der Landessportbünde und des DOSB, „das Hamburger Konzept zu erläutern, Änderungsvorschläge abzufragen und sich auszutauschen“, wie HSB-Präsident Jürgen Mantell in einer Rundmail an die Hamburger Vereine und Verbände ankündigte.
Trotz der Verschiebung der Entscheidung, mahnte Mantell, „bleibt der Zeitplan sehr eng“. 110 Personen stehen auf der Liste, die kontaktiert wurden oder noch getroffen werden sollen. Als Leipzig im April 2003 überraschend den Zuschlag des damaligen Nationalen Olympischen Komitees (NOK) für die Bewerbung um die Spiele 2012 erhielt, hatte Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee zuvor mit allen mehr als 100 NOK-Mitgliedern persönlich gesprochen.
Berlin und Hamburg wollen nach einem Zuschlag ihre Bürger befragen
Für Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und Sportsenator Neumann bleibt das angesichts des bevorstehenden Bürgerschaftswahlkampfes und der anschließenden Regierungsbildung eine sportliche Herausforderung. Berlin hat den Vorteil, dass der designierte neue Regierende Bürgermeister Michael Müller bereits am 11.Dezember gewählt werden soll.
Für Hamburg wiederum spricht, dass die richtungweisende Entscheidung weiter im Präsidium und nicht auf der Mitgliederversammlung fällt. In der DOSB-Führung sind die Chancen der Stadt weit größer, eine Mehrheit für ihr Konzept mit Spielen in der City und am Wasser zu erhalten als in der Mitgliederversammlung. Dort sind die Spitzensportverbände in der Überzahl. Die fühlen sich Berlin, dem Austragungsort zahlreicher nationaler und internationaler Meisterschaften, verpflichtet.
Berlin und Hamburg wollen nach einem Zuschlag des DOSB ihre Bürger befragen. Von deren Votum hängt dann ab, ob sich der DOSB um die Sommerspiele 2024 bewirbt. Wann die Städte die Referenden durchführen, bleibe ihnen überlassen, sagte Hörmann. Das könne noch 2015 sein, aber auch erst kurz vor dem Juli 2017, wenn das IOC über den Ausrichter entscheidet.