Im Mönckebergquartier zwischen Ballindamm und Steinstraße wird viel investiert – auch sind Wohnungen geplant. Gerade einmal 80 Menschen leben in dem Gebiet heute laut Stadtentwicklungsbehörde.

Hamburg. Im hohen Eingangsfoyer verdecken Bretterwände und Planen noch den Blick auf Wand und Decke; Bauarbeiter eilen vorbei, irgendwo in dem großen alten Kontorhaus dröhnt ein Presslufthammer. Es riecht nach frischem Beton und Mörtel. „Schauen Sie einmal hier, wunderschöne alte Kachelmotive“, sagt Jochen Völckers und deutet auf eine Ecke, wo sich die Planen gelöst haben. Der 45-jährige Immobilienkaufmann hat die Vermietung für das Brüggehaus an der Straße Raboisen übernommen. Das 1906 von dem Hamburger Architekten Franz Bach entworfene Geschäftshaus unweit der Binnenalster ist gerade von einer Reederei gekauft worden und wird restauriert, wobei die Fassade ihr historisches Bild wiedererhalten soll, auch ein oberer Teil, der im Weltkrieg durch eine Luftmine weggesprengt wurde, wird rekonstruiert, nur das Dachgeschoss bekommt eine moderne Fassade.

Wie schon in seinen ersten Jahren sollen in dem Haus mit den Jugendstilornamenten wieder mehrere Firmen ihre Büros haben. Was in dieser Ecke der Stadt nicht mehr ungewöhnlich ist, wie Immobilienfachmann Völckers sagt. Waren vor einigen Jahren eher moderne Neubauten mit viel Platz drum herum gefragt als Unternehmenssitz – so erlebe gerade die innere City in diesem Markt eine Renaissance, sagt Völckers. Besonders zeige sich das hier zwischen Ballindamm an der Binnenalster und der Mönckebergstraße. „Ein fast vergessenes Viertel, das jetzt wiederentdeckt wurde.“ Tatsächlich sind in den vergangenen Jahren hier etliche alte Kontorhäuser restauriert und „Bausünden“, wie Völckers sagt, aus den 70er-Jahren durch neue Gebäude ersetzt worden. Alte Fassaden kamen dabei wieder zum Vorschein, hanseatischer Backstein etwa oder auch immer wieder Elemente des Jugendstils. Ein Hotel ist gebaut worden, neben dem Brüggehaus sind weitere Neubauten in Planung. „Da ist richtig Bewegung“, sagt Völckers, nach dessen Schätzung in den vergangenen Jahren ein „dreistelliger“ Millionenbetrag investiert worden ist. Grund aus seiner Sicht: Die Unternehmen suchen im Wettbewerb um gute Leute attraktive Standorte: gut erreichbar, mit Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomie und kulturellen Angeboten.

Im erst vor wenigen Wochen vom Senat verabschiedeten Hamburger Innenstadtkonzept wird dieses Viertel als Mönckebergquartier bezeichnet. Elf einzelne solcher Innenstadtbereiche sind darin beschrieben; wie sie entstanden und was aus ihnen werden soll. Das Mönckebergquartier reicht dabei vom Ballindamm bis zur Steinstraße und umfasst neben den Kontoren und Geschäftshäusern auch Hamburgs zentrale Einkaufsmeile. In früheren Jahrhunderten standen hier in der Nähe der Kirchen St.Petri und St.Jacobi teils Scheunen, aber nahe an den Gotteshäusern auch sehr enge Altstadtgassen mit Fachwerkhäusern. Der Große Brand 1842 schlug eine erste Schneise, aus dem Schutt wurde der Ballindamm angelegt. Nach der Choleraepidemie von 1892 wurde das Gängeviertel als eine Brutstätte der Krankheit angesehen und durch eine Art Kahlschlag saniert. Nachfolgebauten wurden die heute als historisch betrachteten großen Geschäfts- und Verwaltungshäuser.

1908 wurde zudem die knapp 30 Meter breite Mönckebergstraße zwischen Rathaus und Hauptbahnhof angelegt. Maximal zehn Geschosse durften dort gebaut werden. Vornehmlich eben große Geschäfts- und Kaufhäuser, die immer noch das Bild hier prägen. Und auch in diesem Abschnitt des Mönckebergquartiers sei derzeit viel in Bewegung, sagt Hamburgs City-Managerin Brigitte Engler: So wird die Mönckebergstraße ein völlig neues Lichtkonzept, eine „stimmungsvolle Illumination“, wie sie sagt, erhalten. Neue Lichtmasten sind in Planung, und auch die Fassaden sollen angestrahlt werden. Und auch im Verlauf dieser Straße gibt es derzeit etliche Neueröffnungen und Restaurierungen – so etwa in der HSH-Passage, wo dann auch neue Geschäfte einziehen werden. Ein schwedisches Sportkaufhaus hat in der Nähe gerade eröffnet.

An dieser Ausrichtung auf Geschäfte und Büros soll sich laut Konzept auch nicht viel ändern. Allerdings: In Zukunft will Hamburg hier auch auch verstärkt Wohnungen genehmigen, damit das Viertel „belebter“ wird. Gerade einmal 80 Menschen wohnen zwischen Ballindamm und Steinstraße heute laut Stadtentwicklungsbehörde. Eine größere Mischung sei anzustreben, besonders an Plätzen wie dem Gertrudenkirchhof sei dies vorstellbar, schreiben die Konzeptverfasser. Eine weitere Zukunftsaufgabe sieht das Konzept auch entlang des Ballindamms, der noch stark als Verkehrsstraße geprägt ist. Hier will die Stadt nun prüfen, ob dieser Straßenzug an der Alster nicht mehr als bisher als öffentlicher Flanierraum genutzt werden könnte. Sprich: dass Fahrspuren und Parkplätze wegfallen und stattdessen Fuß- und Radwege großzügiger gestaltet werden.