2000 Polizisten sollen am Freitag vor allem in St. Georg ein Aufeinandertreffen von Kurden und Salafisten verhindern. Salafisten sollen notfalls ausgewiesen werden. Waffenfunde alarmieren Behörden.

St. Georg. Hamburg bleibt im Ausnahmezustand. Nach den Krawallen in der Nacht zum Mittwoch und den verhinderten Ausschreitungen in der Nacht zum Donnerstag gehen die Behörden davon aus, dass es auch in den kommenden Tagen zu schwersten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Salafisten und Kurden in St. Georg und anderen Teilen der Stadt kommen kann. Zehn Hundertschaften aus dem gesamten Bundesgebiet unterstützen die Polizei in Hamburg.

Selbst aus Bayern kommen Polizisten. Mehr als 2000 Beamte sollen verhindern, dass rund um das Freitagsgebet am Mittag die gewaltbereiten Gruppen aus radikalen Islamisten und Kurden aufeinandertreffen. Dazu wollen die Behörden eine deutlich härtere Gangart gegen Angehörige der Salafisten- und Islamistenszene einschlagen.

Die Polizei setzt auf drei Säulen: Es soll noch intensiver auf die Personen eingewirkt werden, die als wichtig und einflussreich in beiden Szenen gelten. Sie sollen auf die vor allem jüngeren „Hitzköpfe“ in ihren Reihen einwirken.

Die zweite Säule ist Prävention: Sie soll sichtbar und massiv sein. Dazu will man „niederschwellig“ einschreiten. Das hat man bereits mit Erfolg in der Nacht zum Donnerstag praktiziert. Die dritte Säule ist die schnelle Aufklärung von Straftaten, für die eigens eine beim Staatsschutz angegliederte Ermittlungsgruppe gebildet wurde.

Nicht geplant ist dagegen die Einrichtung eines Gefahrengebietes. Laut Polizeisprecher Mirko Streiber bestehe dafür momentan kein Anlass. „Wir haben genug Kontrollmöglichkeiten“, sagt der Kriminaldirektor. Ein weiterer Grund dürften die Querelen um die nach Angriffen auf die Davidwache eingerichteten Gefahrengebiete sein.

Salafisten sollen notfalls ausgewiesen werden


Hinter vorgehaltener Hand wird aber auch von härteren Maßnahmen vor allem gegen die Salafistenszene gesprochen. Gerade ordnungsrechtliche Möglichkeiten sollen ausgeschöpft werden, um Zugang zu Treffpunkten der Szene zu bekommen oder sie „unter Wind“ zu haben, wie es heißt.

„Sie sollen merken, dass wir ihnen auf den Füßen stehen“, heißt es bei den Behörden. Auch ausländerrechtlich will man alle Möglichkeiten „konsequent ausschöpfen“. Das bedeutet, dass man Salafisten ausweisen wolle. Das dürfte in vielen Fällen aber daran scheitern, dass man den Salafisten oder militanten Islamisten die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen hat oder es sich um deutsche Konvertiten handelt.

Wie verzwickt und aufgeladen die Situation ist, zeigte sich in der Nacht zum Donnerstag. Die Polizei, die mit fast 1300 Beamten im Einsatz war, stellten zahlreiche Schlag- und Stichwaffen bei Kurden sicher, die sich nach der Demonstration von Altona in Richtung St. Georg aufgemacht hatten. Die Polizei kontrollierte die ankommenden Gruppen. Das Konzept ging auf. Diejenigen, die Waffen dabeihatten, wurden festgesetzt. Zudem waren zu dem Zeitpunkt auch keine Salafisten sichtbar im Stadtteil unterwegs, mit denen es Auseinandersetzungen geben konnte.

„Die Kurden haben noch eine Rechnung mit den Salafisten offen“, sagt ein Beamter. Denn in der Nacht zuvor, bei den gewalttätigen Zusammenstößen auf dem Steindamm, waren fast alle Verletzten Kurden. Das wird in der Szene als Sieg der Salafisten gewertet.

„Problematik wird von Entwicklung in Syrien beeinflusst“


Dass es keine Toten gab, ist dem schnellen Eingreifen der Polizei zu verdanken. In der Nacht zum Donnerstag wollten die Kurden offenbar Rache nehmen. 46 Menschen wurden festgenommen. Ihnen wird hauptsächlich der Verstoß gegen das Waffengesetz und Landfriedensbruch vorgeworfen. Ein 29-Jähriger hatte sogar eine scharfe Neun-Millimeter-Pistole und eine Machete dabei. Gefunden wurden alle Arten von Messern sowie Zimmermannshämmer, die eine lange Spitze haben, Baseballschläger und Teleskopschlagstöcke.

„Die Art und der Umfang der Bewaffnung, die sichergestellt wurde, ist sowohl mit Blick auf die Qualität als auch auf die Quantität außergewöhnlich“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Wer solche Waffen einsetzt, nimmt mindestens den Tod eines Menschen billigend in Kauf.“

Für die festgenommenen Kurden hatte das zunächst keine Konsequenzen. Selbst der Festgenommene, bei dem die scharfe Schusswaffe gefunden wurde, ist wieder auf freiem Fuß. In Haft sitzen von den Festgenommenen nur zwei Männer, die bereits vorher per Haftbefehl gesucht wurden – einer, um abgeschoben zu werden. Zudem nahm die Polizei zur Gefahrenabwehr 18 Kurden vorübergehend in Gewahrsam. „Es handelt sich bei den Festgenommenen und den Ingewahrsamnahmen um Männer im Alter von 18 bis 38 Jahren, wobei die jungen Männer um 20 den Großteil ausmachen“, sagt ein Beamter.

Wie geht es weiter? „Das ist nicht absehbar“, sagt Joachim Lenders. „Die Bereitschaftspolizisten aus den anderen Bundesländern werden ja schnell wieder abziehen. Kurden und Salafisten werden in St. Georg bleiben. Die Problematik wird ebenfalls bleiben. Sie wird nicht von den Hamburger Behörden, sondern ganz stark von der Entwicklung in Syrien beeinflusst.“