Einige der insgesamt rund 60 ukrainischen Firmen, die Niederlassungen in der Hansestadt haben, sind durch die Annektierung der Krim russisch geworden. Mit zum Teil schwerwiegenden Konsequenzen.

Hamburg. Die Annektierung der eigentlich zur Ukraine gehörenden Krim durch Russland strahlt bis nach Hamburg aus. Einige der insgesamt rund 60 ukrainischen Firmen, die Niederlassungen in der Hansestadt haben, sind durch die Annektierung von heute auf morgen russisch geworden. Mit zum Teil schwerwiegenden Konsequenzen. „Unsere Muttergesellschaft auf der Krim musste von heute auf morgen nach russischem Recht bilanzieren“, sagt Andrej Anton von der Hamburger Niederlassung des ukrainischen Windkraftspezialisten Krim Irey.

Innerhalb kürzester Zeit wurden auch alle Handys abgeschaltet, Krim Irey musste sich über Nacht russische Telefonnummern besorgen. Die Kontaktliste, die in den Handys gespeichert war, konnte nicht mehr angewählt werden. Zwar ging der Kontakt mit der Krim-Irey-Muttergesellschaft nicht komplett verloren, aber er wurde deutlich erschwert. So kam der Windkraftspezialist nicht mehr an sein eigenes Kapital und musste rund drei Monate auf die Umschreibung seines ukrainischen Kontos auf eine russische Bank warten.

Zudem mussten Steuern, die das Unternehmen bereits in der Ukraine entrichtet hatte, nochmals in Russland bezahlt werden. Ein Umzug des im Jahr 1999 gegründeten Unternehmens in den nicht besetzten Teil der Ukraine ist für Krim Irey allerdings nicht vorstellbar. „Wir haben 150 gut ausgebildete Ingenieure, die Familien und schulpflichtige Kinder haben und schon allein deshalb auf der Krim bleiben wollen“, so Anton. Des Weiteren arbeitet Krim Irey auf der Halbinsel im Schwarzen Meer in einer eigenen Firmenimmobilie, die nicht einfach verkauft werden kann.

Im März eröffnete Krim Irey seine erste deutsche Niederlassung in Hamburg. Das Unternehmen hat sich auf die Projektentwicklung und die „schlüsselfertige“ Herstellung von Windparks spezialisiert. Ein weiteres Büro gibt es in der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan. In dem Land findet 2017 die Weltausstellung Expo statt. Aus diesem Anlass will die dortige Regierung Windparks mit einer Leistung von 300 Megawatt (MW) bauen lassen. 45 MW hat Krim Irey bereits installiert, 60 MW in Kasachstan sind in Planung.

Auch in Odessa arbeitet die Firma an mehreren Windkraftprojekten. Bereits 200 MW hat Krim Irey in der Ukraine in Betrieb, weitere 1000 MW sollen gebaut werden. Allerdings befinden sich einige der geplanten Anlagen in derzeitigen Kriegsgebieten, die Realisierungschancen sind damit keinesfalls die besten. Die politische Lage bleibt unsicher.

Als russisches Unternehmen ist die ehemals ukrainische Firma auch von den Sanktionen der internationalen Gemeinschaft gegen Russland betroffen. „In der Kantine unserer Muttergesellschaft fehlen bereits einige amerikanische und europäische Produkte“, sagt Anton. Unter anderem fehle es an Ketchup. „Die Mitarbeiter können doch nichts dafür, dass sie auf einmal in einem russischen statt einem ukrainischen Unternehmen arbeiten.“ In den ehemaligen Sowjetstaaten war das Unternehmen als erste Windkraftfirma in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) auf dem Markt aktiv. Allerdings ist das Interesse von Regierung und Investoren in Russland an regenerativen Energien immer noch gering. Nur rund 0,8 Prozent der Energieversorgung des riesigen Landes stammt aus Windkraft und Solarenergie.

In Hamburg erhofft sich das Unternehmen eine stärkere Zusammenarbeit mit Windkraftspezialisten wie Siemens, Nordex oder dem Windradbauer Senvion, der früher Repower hieß. Derzeit sind im Büro in der Straße Osterrade vier Mitarbeiter für Krim Irey aktiv. Mittelfristig sollen es bis zu 30 werden. Die Firma ist auch deshalb in die Windenergiemetropole Hamburg gekommen, um weiter wachsen zu können. Doch nun darf die inzwischen russische Mutter ihrer Tochter keine Gelder für Investitionen mehr zukommen lassen. „Wir haben noch genug Geld, um unsere Mitarbeiter zu bezahlen“, sagt Anton. „Aber dieses Kapital entnehmen wir unserer Kasse für neue Projekte.“

Krim Irey ist nicht die einzige ukrainische Firma, die wegen der Krim-Krise russisch geworden ist. Auch die Zaliv Shipyard sitzt auf der Krim. Das Unternehmen bereitet derzeit seinen Umzug nach Odessa vor, da es für die Firma auch wegen der internationalen Sanktionen gegen Russland nicht mehr möglich ist, einen normalen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, sagte eine mit dem Unternehmen vertraute Person auf der Hamburger Schifffahrtsmesse SMM. Das maritime Unternehmen Castle Holdings LLC aus Odessa, das ebenfalls mit einem Büro in der Hansestadt vertreten ist, kann nur hoffen, dass der kriegerische Funken von der Krim nicht auch noch in die Stadt am Schwarzen Meer überspringt.