Schon mehr als 500 Unternehmen sind in der Stadt. Qianhe Shipping sitzt neu in der Eiffestraße und will wachsen. Hamburg liegt bei der chinesischen Wirtschaft wieder voll im Trend.

Hamburg. Schifffahrtsunternehmen sitzen in Hamburg nicht nur im Hafen und rund um die Alster. Ihre Standorte sind über die ganze Stadt verstreut. Eine ganz neue Gesellschaft hat ihren Sitz nun in der Eiffestraße 78 in Hamm. Seit sieben Tagen steuert von hier aus die Qianhe Shipping ihre Europageschäfte, die bisher von Hongkong aus geführt wurden. Das Unternehmen ist die Tochter eines privaten chinesischen Immobilien- und Umwelttechnologiekonzerns und verdient sein Geld mit zahlreichen Arbeiten rund ums Schiff, von der Reinigung der Tanks bis hin zur Beseitigung von Ölteppichen nach Schiffsunfällen.

Zwar startet die Neuansiedelung, die mit Unterstützung der Hamburgischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (HWF) zustande gekommen ist, zunächst mit nur zwei Mitarbeitern in der Hansestadt. In China ist das Unternehmen aber ein großer Marktteilnehmer mit Vertretungen in rund 200 Häfen der Volksrepublik. Nach Ansicht seines Chefs, Torsten Ecks, wird das Europabüro zukünftig wachsen. Ecks ist gelernter Schifffahrtskaufmann. Er kennt sich in der Branche und vor allem in Hamburg aus. „Viele Reeder, die mit ihren Schiffen China ansteuern, sind nämlich Kunden von Qianhe Shipping“, so der Geschäftsführer der Qianhe Shipping Europe GmbH.

Das Unternehmen ist nicht das einzige, das den Weg von China an die Alster gefunden hat. Denn Hamburg liegt bei der chinesischen Wirtschaft wieder voll im Trend. Nachdem Hamburg seine einstige Vormachtstellung in den engen Wirtschaftsbeziehungen zum Reich der Mitte in der Vergangenheit an Nordrhein-Westfalen abtreten musste, erfreut sich die Stadt als Standort für chinesische Firmen wieder wachsender Beliebtheit. Baosteel, Cosco und China Shipping gehören zu den Unternehmen, die im größeren Umfang in Hamburg investierten und hier jeweils 100 oder mehr Mitarbeiter be-schäftigen.

Die meisten Firmen sind kleiner. Erst im März hatte der chinesische Schiffsmanager Seacon Ship Management am Rothenbaum eine Dependance eröffnet. Allein die HWF hat in diesem Jahr schon 17 chinesische Unternehmen nach Hamburg holen können. Nach Ansicht des Sprechers der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Andreas Köpke, werden es in diesem Jahr mehr als 20 sein. In der Vergangenheit seien es jährlich nur zehn bis 13 Firmen gewesen, die die HWF von einer Ansiedelung in Hamburg überzeugen konnte. „Die Zahl nimmt nun zu“, so Köpke.

Als Grund nennt er unter anderem eine neue Ausrichtung der HWF. Während sich die Hamburger Wirtschaftsförderungsaktivitäten in China aus Kapazitätsgründen bisher auf die Häfen im Süden begrenzten, erhöhe sie derzeit ihre Anstrengungen in Nordchina. Und noch einen anderen Grund führt Köpke an: „Hamburg gilt bei den Chinesen als wirtschaftlich stabil, als ein im wahrsten Sinne des Wortes, sicherer Hafen.“

Bei Qianhe Shipping ist die Entscheidung zugunsten Hamburgs offenbar einfach gewesen. „Für uns ist die Hansestadt der maritime Standort in Europa“, sagt Geschäftsführer Ecks. Man betreue auch Kunden in den Niederlanden, in Griechenland oder Frankreich.

Doch in Hamburg seien viele Kunden geballt anzutreffen. „Unser Marktpotenzial liegt bei rund 200 deutschen Reedern, von denen die meisten in und um Hamburg sitzen. Deshalb sind wir jetzt mit einem eigenen Büro hier vertreten“, sagt Ecks. Zudem sei Hamburg der Hauptumschlagplatz für Containerschiffe. China ist mit einem Umschlag von 2,6 Millionen Standardcontainern jährlich das bei Weitem wichtigste Partnerland des Hamburger Hafens. „Und Containerreedereien mit Liniendiensten nach China sind für uns von besonderem Interesse“, so Ecks.

Hintergrund ist eine Vorgabe der Behörden, wonach Schiffe erst dann China anlaufen dürfen, wenn sie einen Vertrag mit einem Unternehmen vor Ort abgeschlossen haben, dass die Reinigung der Häfen im Fall einer Havarie zusichert. Qianhe offeriert genau diese Dienstleistung.

„Das fängt beim Farbeimer an, der unversehens von Bord fällt, und reicht bis zum Ausbringen von Sperren zur Eindämmung eines Ölteppichs“, so Ecks. Zudem verbrennen die riesigen Containerschiffe während ihrer Überfahrt tonnenweise Schweröl, bei dem sich Rückstände in Tanks und Separatoren bilden. Qianhe reinigt die Schiffe von diesem Ölschlamm und recycelt ihn, sodass neues Schweröl entsteht. Dazu baut das Unternehmen in Ningbo eine neue Raffinerie.

Nach einer Zählung der Handelskammer Hamburg und der HWF vom Ende vergangenen Jahres sind mittlerweile mehr als 500 chinesische Unternehmen im Hamburger Handelsregister eingetragen – Tendenz weiter steigend. Die Volksrepublik China ist damit zum zweitwichtigsten Handelspartner Hamburgs aufgestiegen. Das Handelsvolumen zwischen China und Hamburg belief sich 2012 auf 11,4 Milliarden Euro, was einem Wachstum von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Nach Unterlagen der Handelskammer hatten damals 719 Hamburger Firmen Geschäftsbeziehungen zu China, 141 von ihnen sind mit einer Niederlassung oder einem Auslandsvertreter vor Ort.