Zum fünften Mal wurde die Auszeichnung in der Hansestadt verliehen. NDR-Jugendsender N-Joy für „Beste Sendung“ geehrt. Dietmar Wischmeyer für seine Figur „Günther, der Treckerfahrer“ ausgezeichnet.
Hamburg. Der Begriff Tradition und das, wofür er steht, hat in der sich beschleunigenden Medienwelt gelitten. Wo Aktualität und stetige Innovation als Maßgaben vorherrschen, hat der Sinn fürs Bewährte etwas an Bedeutung verloren. Eine der löblichen Ausnahmen von dieser Norm ist der Deutsche Radiopreis: Er wird seit der ersten Gala vor fünf Jahren am selben Ort, dem Schuppen 52 im Hafen, verliehen.
Er hat mit Barbara Schöneberger eine seit vier Jahren so bewährte wie beliebte Moderatorin, die auch am Donnerstag mit Witz und Charme durch den Abend führt – unterstützt für die 63 live übertragenen Radiosender von Andreas Kuhlage (N-Joy) und Sina Peschke (LandesWelle Thüringen). Und mit dem NDR einen von Anfang an um die richtige Mischung aus Glamour und hanseatischer Bodenständigkeit bemühten federführenden Organisator. Die öffentlich-rechtlichen und privaten Radiosender, die das Event gemeinsam auf die Beine stellen, sie sind eher an kleinen Optimierungen als an großen Umwälzungen interessiert.
Und so treffen Gäste wie Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), der „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann, Sängerin Lena Meyer-Landrut und fast 1000 andere am Donnerstagabend im guten Wissen darum ein, dass keine großen Überraschungen bevorstehen.
Was in diesem Fall explizit nichts Schlechtes heißt: Mit gut zwei Stunden Dauer ist die Verleihung der Preise einmal mehr eng getaktet, ausschweifende Laudationes und Dankesreden braucht niemand im Publikum zu befürchten. Auch Bürgermeister Scholz fasst sich kurz, begrüßt die Gäste mit warmen Worten, darunter die abseits dieses Abends vielleicht etwas gewagte Aussage, Hamburg sei „gern die Hauptstadt des Radios in Deutschland“.
Jan Delay sorgt mit einem Medley für Stimmung
Zur guten Tradition des Radiopreises gehört auch das Musikprogramm, das einmal mehr mit großen nationalen Namen und einem noch etwas größeren internationalen punktet: Taylor Swift signiert am roten Teppich (der genau genommen lilafarben ist) geduldig die hingehaltenen Blöcke und Plakate der Teeniefans, bevor sie im Saal „Shake it off“ schmettert; die Fanta Vier sind in Aufbruchsstimmung, präsentieren ihre neue Single „Und los“. Andreas Bourani, Mark Forster und Revolverheld sind als Dreierpack unterwegs.
Zusammen mit der NDR Bigband servieren sie Häppchen aus „Auf uns“, „Au revoir“ und „Ich lass für dich das Licht an“. Für musikalischen Lokalkolorit sorgt Jan Delay, der aus irgendeinem Grund seinem „Rock“-Song „St. Pauli“ allein nicht mehr so ganz über den Weg traut und ihn mit „Sie kann nicht tanzen“ zu einem Medley verquirlt. Immerhin stellt er danach auch noch fest, dass sich seine Erinnerungen an das Radio ebenfalls zu einem Knäuel verquirlt haben: „Radio gut.“
NDR freut sich über die Auszeichnung „Beste Sendung“
Die eigentlichen Hauptdarsteller des Abend, sie sieht man sonst nur selten. Dafür hört man sie umso öfter. 30Formate und Moderatoren stehen auf der Liste der Nominierten. Nur Helmut Markwort und Die Fantastischen Vier wissen bereits vorher, dass sie ausgezeichnet werden, sie erhalten die Sonderpreise des Beirats. Der „Focus“-Herausgeber nutzt den Moment im Rampenlicht auch gleich für einen kurzen Seitenhieb in Richtung der „Diktatur durch die EU“, die den Sendestandard UKW zugunsten von DAB+ abschaffen möchte.
Die übrigen Gewinner sind eher damit beschäftigt, ihrer Begeisterung über die Trophäe Ausdruck zu verleihen. Am Ende wird unter anderen Dietmar Wischmeyer, der laut eigener Aussage Mensch gewordene „demografische Wandel in der Comedy“, der für seine Figur „Günther, der Treckerfahrer“ (Radio ffn) geehrt wurde. Und der NDR als Gastgeber kann sich über die Auszeichnung für die „Beste Sendung“ freuen, den „Kanzlercheck“, den N-Joy federführend für alle jungen Wellen der ARD entwickelt hat: Ein von den Hörern geführtes Interviewformat mit den Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl für junge Leute. Das ist nach Ansicht der Jury „Radio, wie man es sich alle – vier – Jahre wieder wünscht“. Und das bei einer Gala, die sich viele Gäste auch alle Jahre wieder wünschen. Ist schließlich gute Tradition.