Der 40-jährige Hamburger befasst sich in seinem neuen Film mit dem Völkermord an Armeniern in der Türkei. Rechtsextreme sehen dies als Provokation und drohen, der Film werde „niemals im Kino gezeigt“.

Hamburg. Der Hamburger Regisseur Fatih Akin wird vor der Premiere seines neuen Films “The Cut“ von türkischen Ultranationalisten bedroht. Im Anschluss an eine Interview des Filmemachers in der türkisch-armenischen Zeitung „Agos“ veröffentlichten Rechtsextremisten einen Brief im Internet, wie der „Spiegel“ berichtet. "Dieser Film wird in keinem einzigen Kino in der Türkei gezeigt werden", drohen die Aktivisten darin.

In dem Drama „The Cut“ thematisiert Akin den Völkermord an Armeniern in der Südtürkei im Jahr 1915, bei dem bis zu 1,5 Millionen Menschen getötet wurden. Der Film erzählt die fiktive Geschichte eines Mannes aus der Stadt Mardin, der den Völkermord überlebt und sich anschließend auf die Suche nach seinen Töchtern begibt.

Die Ultranationalisten sehen darin eine Provokation: Akins Film sei "ein erster von mehreren Schritten, die Türkei dazu zu bringen, die Lüge vom armenischen Genozid zu akzeptieren", heißt es in der Mitteilung. Die Türkei spricht bis heute nicht offiziell von einem Völkermord, die Nationalisten bestreiten, dass es während der Gefechte vor 99 Jahren mehr als eine Million Tote auf armenischer Seite gegeben hat. „Wir drohen der Zeitung 'Agos', den armenischen Faschisten und den sogenannten Intellektuellen", schreiben die Rechtsextremen nun.

Fatih Akin hatte in einem Interview mit „Agos“ die Beweggründe für den Dreh des Dramas bekräftigt. "Wer auch immer Angst davor hat, dem sage ich: Es ist nur ein Film. Aber ich bin mir sicher, dass die türkische Gesellschaft, deren Teil ich bin, reif ist für diesen Film". Zum 99. Jahrestag hatte der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan die Ereignisse kürzlich als „unmenschlich“ bezeichnet und damit ein Zeichen der Versöhnung gesetzt.

Türkische Schauspieler lehnten aus Angst ab

Ursprünglich wollte Akin, der für seine Filme „Gegen die Wand“ und „Soul Kitchen“ jeweils bedeutende Filmpreise erhielt, ein Drama über den Mord am türkischen Journalisten Hrant Dink im Jahr 2007 drehen. Der Chefredakteur der türkisch-armenischen Zeitung „Agos“ war auf offener Straße erschossen worden. "Aber ich konnte keinen türkischen Schauspieler davon überzeugen, die Rolle von Hrant Dink zu übernehmen", sagte Akin im Interview mit "Agos".

Da sich die türkische Gesellschaft auf die Konfrontation mit dem Thema einlassen müsse, lehnte Akin einen ausländischen Schauspieler in der Rolle von Hrant Dink ab. Schließlich verwarf der die Idee und entwickelte die Geschichte, die nun in „The Cut“ verfilmt wurde.

Der Spielfilm soll Ende August in Venedig erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden und nimmt als einziger Beitrag eines deutschen Filmemachers am Wettbewerb zum Goldenen Löwen teil. Die Hauptrolle spielt Tahar Rahim, ein Franzose mit algerischer Herkunft.

Mit „The Cut“ vollendet Fatih Akin seine Trilogie von „Liebe, Tod und Teufel“. Auf „Gegen die Wand“ (2004), für den er mit dem Goldenen Bären, dem Deutschen Filmpreis und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde, folgte 2007 „Auf der anderen Seite“. Das Drama feierte Premiere auf den Filmfestspielen in Cannes und wurde dort mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.