Hotelzimmer, die keine sind: Immer mehr sogenannte „Smartments“, möblierte Wohnungen für Geschäftsleute, gibt es in der Hansestadt. Platz für Dauerwohnraum nehme das nicht, so die Behörde.
Hohenfelde. Ein bisschen sieht es bei Claire zu Hause aus wie in einem Hotelzimmer. Der Flachbildschirm, das großformatige Foto an der Wand hinter Plexiglas und der weiße Bettbezug, dazu der moderne Esstisch – alles in dem Apartment der 22-Jährigen ist sehr modern und aufgeräumt. Privates ist kaum zu sehen. Auf dem Fußboden stehen noch Koffer. Kein Wunder, denn die junge Frau wohnt in dem Gebäude am Schottweg in Hohenfelde auf Zeit, weil sie für mehrere Monate beruflich in Hamburg zu tun hat.
Smartments werden diese möblierten Apartments genannt, die an vielen Stellen in Hamburg gerade entstehen. Es sind vor allem Menschen wie Claire, die aus beruflichen Gründen ein paar Wochen oder Monate in der Hansestadt zu tun haben und hier zur Miete wohnen. Die Nachfrage nach möblierten Apartments steigt. Für den Pharmakonzern, für den Claire, die aus der Nähe von Karlsruhe kommt, arbeitet, muss sie immer wieder nach Hamburg. Mittlerweile bereits zum dritten Mal, jeweils für drei bis vier Monate. Eine Wohnung fest zu mieten, das würde sich nicht lohnen und die Zeit, um eine passende Bleibe zu suchen auf dem ohnehin engen Immobilienmarkt, habe sie auch nicht, sagt sie.
Einen Rundumservice wie im Hotel hat die junge Frau in den Smartments am Schottweg zwar nicht, aber sie hat eine kleine, etwa 21 Quadratmeter große Wohnung samt Küchenecke, einer Münzwaschmaschine im Untergeschoss und mit Betriebsleiter Raik Hörnig, der den Kurzzeitmietern hilfreich zur Seite steht, eine Art Pförtner. Er gibt Tipps, wo man gut essen gehen kann, wo die nächste Bushaltestelle ist (vor der Tür), was man sich in Hamburg angucken sollte.
Das Wohnen in komplett eingerichteten Apartments ist deutschlandweit seit Jahren ein Thema. Hamburg holt nun auf. „Wir versuchen, mit wohnen auf Zeit in den Wohnungsmarkt vorzustoßen“, sagt zum Beispiel Gerrit Ernst, Geschäftsführer der Nord Project Immobilien und Beteiligungsgesellschaft GmbH. „Das Thema möbliertes Wohnen ist eines unserer Kerngeschäftsfelder.“ In Hamburg ist Nord Project als Bauträger mit aktuell vier Projekten und einem Investitionsvolumen von mehr als 50 Millionen Euro nach eigenen Angaben Marktführer in der Entwicklung von möblierten Apartmentprojekten und bereits realisierten Bauvorhaben.
Am Hühnerposten 12 gibt es seit fast zwei Jahren 160 Studentenapartments im Albrecht Mendelssohn Bartholdy-Haus, an der Borgfelder Allee sind 212 Apartments für Studenten und Auszubildende im Herbert Weichmann-Haus geplant, Baubeginn ist Anfang 2015. Am Schottweg werden die 61Apartments zurzeit noch renoviert. Das Citadines Apart’Hotel Michel wird mit der geplanten Eröffnung im Herbst 127 Zimmer bieten.
Ähnliche Wohnungen sind an der Hoheluftchaussee geplant. Dort, vor der alten Tabakfabrik, soll ein Single Tower entstehen (wir berichteten). Die Metropol Grund wird 18 Smart Lofts errichten, teilmöblierte Ein- und Zweizimmerwohnungen mit jeweils 45 Quadratmetern Fläche und eine Dreizimmerwohnung mit 135 Quadratmetern.
Henrik Diekmann aus der Metropol Grund Geschäftsführung sieht darin eine Reaktion auf den demografischen Wandel: Der jüngere, moderne Stadtmensch brauche nicht viel Wohnraum. Diekmann hat die großen Hamburger Unternehmen als potenzielle Mieter im Sinn, die viele Mitarbeiter haben, die an den Wochenenden zu ihren Familien fahren.
Auf einem Areal an der Badestraße in Rotherbaum plant der Xing-Gründer Lars Hinrichs, 37, das neue Wohnquartier Apartimentum mit 37 Wohnungen in vier luxuriösen Stadthäusern. Auch diese Wohnungen gingen, sagt Lars Hinrichs, in die Richtung möbliertes Wohnen. Das Haus soll aber noch viel mehr bieten, es soll ein komplett technologisch vernetztes Haus werden. Auch diese Wohnungen seien gedacht für Menschen, die aus beruflichen Gründen viel in der Welt unterwegs sind und in Hamburg nur auf Zeit eine Bleibe brauchen.
In Altona sind elf Apartments am Schulterblatt 18a im Bau, an der Bartelsstraße 9–11 und bei Hausnummer 33 sind insgesamt acht Apartments geplant und an der Juliusstraße 27 sind sechs Apartments genehmigt. Die Apartments werden über unterschiedliche Zeiträume vermietet, von wenigen Wochen über mehrere Monate. „Vor allem Geschäftsleute sollen Mieter der Apartments werden“, sagte Marlene Katharine Alt, Eigentümerin des Gebäudes. Auch hier gebe es keinen Service wie im Hotel, die Apartments sind mit eigener Küche ausgestattet.
Hauptmieter dieser Apartments sind Geschäftsreisende wie Claire, die durchschnittlich sechs Wochen bleiben. Darunter sind viele Ingenieure und IT-Fachleute. Es sind die großen Firmen, wie Unilever, Airbus oder GlaxoSmithKline, die für ihre Mitarbeiter auf solche Wohnungen zurückgreifen. „Für diese Leute ist es sonst schwierig, kleine Wohnungen zu finden, hinzu kommen Maklerprovisionen. Und die meisten wollen sich nicht langfristig festlegen“, sagt Gerrit Ernst. Auch Schauspieler, die in Hamburg ein Engagement haben, zählen zu den Kunden.
Die kleinen 21 bis 24 Quadratmeter großen Appartements kosten monatlich um die 1200 Euro Miete, die etwa 40 Quadratmeter großen Wohnungen um die 1500 Euro im Monat. Je länger die Mietdauer, desto geringer fällt die Miete aus. Eine wöchentliche Reinigung ist inklusive.
Eine Konkurrenz zum Wohnungsbauprogramm des Senats seien diese Wohnungen nicht. „Bei diesen Projekten gehen wir eher davon aus, dass sie eine Ergänzung zum Wohnungsbauprogramm sind und für bestimmte Bedarfe zeitlich begrenzt Wohnraum schaffen. Diejenigen, die in diese Apartments einziehen, begeben sich dadurch nicht in Konkurrenz zu anderen Wohnungssuchenden am Wohnungsmarkt, was hier auch eine Entlastung bedeuten kann“, sagt Magnus-Sebastian Kutz von der Stadtentwicklungsbehörde. Eine Bewertung könne man jedoch nur im Einzelfall abgeben, da die konkreten planerischen Voraussetzungen entscheidend sind.
Claire jedenfalls ist froh, immer wieder in „ihr“ Apartment in Alsternähe ziehen zu können. Ihre Heimat vermisst sie bei ihren Hamburg-Aufenthalten übrigens nie. „Hier in Hamburg gibt es doch jeden Tag so wahnsinnig viel zu entdecken.“